So ein Chaos
Das Titelbild zeigt ein schwarz-weiß Foto, das von einem unbekannten Fotografen aufgenommen wurde. Datiert ist das Bild in unserer Datenbank mit 1959. Ob diese Datierung korrekt ist, werden bestimmt einige der Leserinnen und Leser, die sich mit Kraftfahrzeugen gut auskennen, beantworten können.
Zu sehen ist auf dem Foto ein heilloses Verkehrschaos bei der Bahnunterführung Amraser Straße / Museumstraße. Es herrscht ein wildes Durcheinander von Autos, Mopeds und Fahrrädern. Manche der Verkehrsteilnehmer scheinen nach ganz eigenen Regeln unterwegs zu sein, so wie zum Beispiel ein Mopedfahrer, der auf der falschen Fahrbahnseite unterwegs ist und zwei Fußgänger, die gänzlich unbeeindruckt von der drohenden Unfallgefahr, die vielbefahrene Straße gemütlich überqueren.
(Stadtarchiv Innsbruck, Ph-10319)
Die andere Seite siehe https://innsbruck-erinnert.at/die-boegen/
Ich würde sagen, hier sehen wir die Baustelle der sich der Fertigstellung nähernden ersten (?) Verbreiterung der Museumstraßenunterführung. Der Fußgänger:Innenverkehr nutzt die linke Sektion, die später die Fahrspuren nach Osten aufnehmen wird, während alles, was fährt, die rechte Sektion für beide Fahrtrichtungen nutzt.
Die späteren Gehsteig- und Radwegbereiche scheinen noch aufgegraben zu sein, rechts sind Baumaschinen zu sehen.
Autos und Fahrräder, die uns entgegenkommen, sollten vermutlich nicht entgegen der Fahrtrichtung das Straßenbahngleis befahren, tun es aber, weil gerade keine Bahn kommt.
Laut „Kreutz“ wurde in diesem Bereich die (damals) neue Gleisanlage der Straßenbahn im März 1961 in Betrieb genommen. Hier sehen wir noch ganz die alte, der Straßenbahnbetrieb wurde während des Umbaus der Unterführung durchgehend aufrecht erhalten. Ich könnte mir schon vorstellen, dass 1959 stimmt.
Ich sehe hier kein Chaos, sondern Verkehrsteilnehmer:innen, die sich an die StVO halten, somit weiß jede:r wer wann, wohin darf.
An dieser Stelle herrscht eher heutzutage das Chaos mit Ampelschaltungen, die zum einen nicht nachvollziehbar sind und zum anderen von den Verkehrsteilnehmer:innen ignoriert werden, dass es eine StVO gibt wird auch so ziemlich ignoriert…
Die Programmierung der Ampeln an dieser Kreuzung, die zu den komplexesten ganz Österreichs gehört, dient primär dem Zweck, die Straßenbahnen als wichtigsten Verkehrsträger der Stadt möglichst ohne Verzögerung durch den querenden Autoverkehr zu schleusen, weil sich an diesem Knoten tatsächlich alle Linien begegnen. – Darüberhinaus sollen auch die Linienbusse, Zufußgehende und Radfahrende möglichst schnell und sicher den komplexen Knoten passieren können.
Als das Foto aufgenommen wurde, sah die Gesamtsituation noch ganz anders aus. Weniger Einwohner:innen, weniger Verkehr, vor allem weniger Autos. Die Menschen waren wohl auch weniger gestresst, Innsbruck hatte vielleicht noch eine gewisse provinzielle Gemütlichkeit. Das alles und sicher weniger Ablenkung als heute dürfte dazu beigetragen haben, dass die abgebildete Situation funktionierte.