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Der Bilderblog aus dem Stadtarchiv/Stadtmuseum Innsbruck
Richard Steidle (VI.)

Richard Steidle (VI.)

Am 3. Mai wurde in Innsbruck ein Aufruf zum Zusammenschluss aller „denen an Ordnung und Ruhe gelegen ist und die von unserem ohnehin schwer heimgesuchten Tirol die Greuel [sic], wie sie in Rußland, Ungarn, Bayern und in letzter Zeit Westdeutschland zerrüttet haben, abgewendet wissen möchten“ veröffentlicht. Unterzeichnet wurde er Steidle, sowie u.a. dem Philologen Ernst Diehl (1874–1947), dem Sekretär des Bauernbundes Robert Kleissl (1888–1923), den Professoren für Rechtswissenschaften Max Kulisch (1870–1946 – er wurde 1930 Verfassungsrichter) und Theodor Rittler (1876–1967), dem Maler Edgar Meyer (1853–1925), dem Juristen und Ökonom Hermann Schullern-Schrattenhofen (1861–1931) und dem Präsidenten der Tiroler Rechtsanwaltskammer Hans Wenin.  

Hier findet sich somit der Anfang der Tiroler Heimwehr, in diesem Aufruf noch als Tiroler Ordnungsblock bezeichnet. Über die Ziele des Verbandes berichtete der Allgemeine Tiroler Anzeiger:

Wir erhalten über Ziel und Aktion des Tiroler Ordnungsblocks von kompetenter Seite folgende Mitteilungen: Die Unterzeichner des Aufrufes […] haben es als Pflicht erkannt, die Bevölkerung Tirols aufzurufen, damit sie daran gehe, den ungeheuren und meist unterschätzten Gefahren gegenüber, die der vorwiegend von Juden geführte Bolschewismus für Europa und die europäische Kultur bedeutet, durch Zusammenschluß einen Wall aufzurichten […].

Gleichzeitig versuchte sich die neue Organisation als unparteiisch darzustellen, man sei nur an der Aufrechterhaltung der Ordnung interessiert:

Daß nur die Einigkeit aller, die Ruhe und Ordnung wollen, ihre Abwehr ermöglichen kann steht außer Zweifel, ebenso die Tatsache, daß alle Parteiunterschiede vor der Notwendigkeit des Zusammenschlusses jener Gefahr gegenüber zurücktreten müssen. Der Ordnungs-Block will nichts als diese Einigkeit herstellten, er will nicht politische oder soziale Probleme lösen, er überläßt das ohne weiteres anderen Faktoren, er will auch der Sozialdemokratie nicht in den Weg treten, er will nur daß die Entwicklung der Dinge sich in Ruhe und Ordnung ohne gewaltsame Ausbrüche vollziehe. […] Niemand, der sich ihm anschließt, wird in seinen Ansichten sich Abbruch tun müssen, sei nun seine Weltanschauung konservativ oder fortschrittlich, oder sozialistisch oder auch sozialdemokratisch. Der Ordnungs-Block sucht nicht, in die Weltanschauung irgend einer dieser Richtungen einzugreifen – genug, daß er sich als Deutscher fühlt und mit dem Ordnungs-Block Ruhe und Ordnung als Voraussetzung für den Aufstieg des Deutschtums auf allen Linien, des wirtschaftlichen, sozialen, nationalen und kulturellen Lebens anerkennt.

Neben der Aufrechterhaltung von „Ruhe und Ordnung“ wurde auch der Anschluss aller deutschsprachigen Gebiete an die Deutsche Republik zum Ziel erklärt:

Der Ordnungs-Block soll ein Zusammenschluß deutschfühlender sein, in denen der germanisch-christliche Gedanke lebendig lebt [sic], die die Nächstenliebe als ein oberstes Gesetz erkennen, die Einheitlichkeit der Nation […] heilig halten, eine Solidarität aller Volksklassen und Berufe als gegeben ansehen, und die heute die Volksseele vergiftende Verehrung des goldenes Kalbes verdammen. Der Ordnungs-Block strebt ein einiges, alle Deutschen umfassendes Deutsches Reich an, […] er ist großdeutsch in seinem Wesen und in all seinen Zielen.

Kurz nach diesem Aufruf, am 12. Mai 1920, wurde die Tiroler Heimatwehr im Kongresssaal des Landhauses (im 2. OG des Alten Landhauses) aus der Taufe gehoben, mit Richard Steidle als erstem Landesführer.

(Das Alte Landhaus in den 20er Jahren, Signatur Ph-Pl-1704-10)

Dieser Beitrag hat 2 Kommentare
  1. „Grad habe ich mich vom Anderle erholt“ schrieb Herr Hirsch in anderem Zusammenhang heute um 9.14h.
    Ich schließe mich (bei diesem Beitrag jetzt) vollinhaltlich an und kann nur seufzen:
    „…UND NUN DEUTSCHTÜMELTS SCHON WIEDER GEWALTIG“.
    Ja, die Leute haben sich so „allgemach“ an diesen Sprachgebrauch gewöhnt… in der Zwischenkriegszeit

  2. Segen und Fluch zugleich, diese Textkorrekturen.
    Ich hatte als Anfangsbuchstaben ein hartes „T“ gewählt – und beim 2. Wortteil mit einem weichen „d“ begonnen – und natürlich „Doppel – m“ (wie bei „dumm“) geschrieben….
    Aber zum Steidle:
    Wieder nach Innsbruck zurückgekehrt 1950 zeigte mir meine Mutter die Orte ihrer Kindheit und Jugend und erzählte, was sie von damals in Erinnerung behalten hatte.
    In der Leopoldstraße waren das natürlich die noch sichtbaren Einschüsse in der Haustüre von Nr 22
    Natürlich war mir als damals 12jähriger das alles kein Begriff. Ist es jetzt auch noch nicht. Das Wort „Hahnenschwanzler“ fing ich in diesem Zusammenhang auf – und daß es Aufmärsche von denen gegeben habe… und daß die Nonna immer von denen als „quegli della piuma storta“ gesprochen habe – „die von der krummen Feder“. (Sie fand immer einen bildhaften Namen, ohne sich lange die Zunge verrenken zu müssen mit der deutschen Sprache)
    Dieser „Verein“ scheint für harmloser gehalten worden zu sein als alles was folgte ab 1938…

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