Raritäten aus der Sammlung Kreutz – X
Eine Perle?
Zugegeben, ein sehr schwaches Wortspiel. Handelt es sich doch bei dem prachtvollen Fahrzeug um ein Produkt der Firma Perl, Wien. https://de.wikipedia.org/wiki/Automobilfabrik_Perl. Das ist nicht meine lichtvolle Erkenntnis, sondern die von Walter Kreutz. Aber mit einem Fragzeichen. Dem kann ich mich ausnahmsweise nicht anschließen. Gleichzeitig hoffe ich, dass die Fachleute dieser Welt noch viel mehr Interessantes parat haben.
Wenn ich irgendwo richtig gelesen habe, dann könnte das das Fahrzeug sein, das auf den Schienen der Stubaitalbahn unterwegs war.
Doch schauen wir uns die Aufnahme noch genauer an. Natürlich ist das wichtigste Element auch fast in der Bildmitte: Ein Hupe mit Gummidings hinten dran. Ist das ein Balg?
Ob die etwas abgeplatteten Reifen zeittypischen waren, weiß ich nicht, könnte ich mir aber aus technischen Gründen vorstellen. Das Auto scheint dem Fahrer einen Platz rechts zuzuweisen. Das würde ein Indiz für den damals auch bei uns üblichen Linksverkehr sein. Etwas rätselhaft ist, wie der Fahrer an seinen Arbeitsplatz gelangt. Er muss von der linken Seite quasi durch das Auto zu seinem Sitz. Es war ja auch nicht viel da, was im Weg stehen könnte. Das zeigt uns das zweite Bild, ebenso wie das kleine Firmenschild mit dem Schriftzug der Firma Perl. Walter hat das wohl übersehen. Die Windschutzscheibe soll den Wind eher durchlassen. Hinten ist das Fetzendachl gut verpackt.
Vielleicht kann jemand anhand der Autonummer die Eigentumsverhältnisse klären. Das Technische Museum in Wien bietet hierfür die richtige digitale Handreichung.
Was uns noch interessieren würde ist, was das für Wellblech-Garagen sind. Befanden sich die in Innsbruck?
Und wenn wir schon spitzfindig sind: Was könnten das für Zetteln sein, die links hinten an der Wand hängen?
(Stadtarchiv/Stadtmuseum Innsbruck; Slg. Kreutz)
Das ist sicher ein Perl, Type D – DAS populäre Kleinauto mit 8/16 PS! Alleinvertrieb für Tirol und Vorarlberg hatte 1925 Eduard Linser, Leopoldstraße 18. Sein Betrieb an diesem Standort umfasste 12 Garagen und eine Werkstätte wie auf den Fotos abgebildet.
Der abgebildete Perl ist eindeutlich NICHT das Schienenauto der Stubaitalbahn.
Für eine Spurweite von 1000mm ist das o.a. Auto auch gar nicht dementsprechend umbaubar..
Ob die etwas abgeplatteten Reifen zeittypisch waren, weiß ich nicht. Jedenfalls waren Reifen von mindestens 2 unterschiedlichen Herstellern montiert: Semperit rechts vorne und Reserverad, Reithoffer rechts hinten.
Die Eigentumsverhältnisse kann ich anhand der Autonummer auch nicht klären, aber vielleicht den Zeitraum der Anmeldung etwas eingrenzen. Das Kennzeichen mit schwarzer Schrift auf weißem Grund lässt auf eine Datierung vor 1930 schließen, danach war weiß auf schwarz vorgeschrieben. Zugelassen in Tirol (E), die erste der dreistelligen Nummern-Serien (1 – 999) war bereits vergeben. Als Merkmal für die zweite Serie diente I (Röm. Eins), somit war dies das Kennzeichen Nr. 287 aus der zweiten Serie.
Lt. einer Zählung waren im Jahr 1925 in Tirol 332 Automobile und 466 Motorräder = 798 Fahrzeuge zugelassen. Dazu kamen noch 2.594 LKW, die allerdings nur für Gesamt-Österreich erfasst wurden. Je nachdem, wie hoch der LKW-Anteil in Tirol tatsächlich war, könnte die Zulassung dieser „Perle“ um 1925/1926 erfolgt sein.
Und die Zettel links hinten an der Wand waren vermutlich die Vorläufer der „post it“ mit den Hinweisen „Mittagspause“, „komme gleich“, „Autoschlüssel bitte im Büro abholen“, …
Das Schienenauto der Stubaitalbahn hatte Stahlräder, damit es auf den Gleisen fahren konnte.