Olympische Reminiszenzen IV
Das Konzept der Olympischen Spiele der Neuzeit fußte anfangs unter anderem darauf, dass alle Sportler reine Amateure sind, die unentgeltlich und ohne jegliche materieller Vergünstigung an den Wettbewerben teilnehmen. Erst ab 1974 wurde dieses durch die gesellschaftliche Entwicklung schon längst überholte Prinzip schrittweise aufgehoben.
Also haben wir es 1964 ausschließlich mit Amateuren zu tun, die einen Brot-Beruf ausüben. Über den freundlichen Hinweis von Christof Aichner bin ich auf eine Liste gestoßen, in der alle Teilnehmer und Offizielle angeführt werden. Mit ihren Berufen und ihren Hobbys, wobei die Herausgeber der Liste darauf hinweisen, dass diese Angaben freiwillig erfolgt sind und nicht überprüft wurden.
Ein echter Amateur, der ohne Sponsoren ausgekommen sein dürfte, war übrigens ein Teilnehmer aus dem Iran: Prince Karim Aga Khan. Der Name klingt auf den ersten Blick für den Mitteleuropäer nicht besonders spannend. Dann lesen sie einmal nach: https://de.wikipedia.org/wiki/Karim_Aga_Khan_IV.
Ein weiterer Prinz war übrigens Prinz Ferdinand von Liechtenstein (1901 – 1981), der als Beruf Schriftsteller angab und als Offizieller seiner Mannschaft in Innsbruck war.
Nicht jeder kann ein Prinz sein. Ist Prinz eigentlich ein Beruf oder ein Zustand?
Es ist hier nicht möglich alle anzuführen, aber die genannten Berufe sind: Bauer bzw. Bäurin, Studentin, Beamter, Soldat, Maurer, Dreher, Stukkateur, Schlosser, Lehrerin, Offizier, Ingenieur, Vertreter, Technischer Zeichner, Dentist, Angestellte, Schneider, Kaufmann, Arbeiter, Elektriker, Werkmeister, Werbefachmann, Finanzbeamter, SchülerIn, Klempner, Drechsler, Chauffeur, Müller, Spediteur, Buchhalterin, Polizist, Kopistin, Sekretärin, Gipser, Förster, Bodenleger, Verkäuferin, Feuerwehrmann, Hausfrau, Heizungsmonteur, Grenzsoldat, Masseur, Monteur, Vermesser, Briefträger, Metzger, Dreher, Modezeichnerin, Spengler, Laborantin und einige andere mehr.
Das ist ein Panoptikum klassischer Berufe. Nicht wie man erwarten würde, dass die meisten Sportlerinnen und Sportler Schein-Anstellungen bei Militär, Polizei oder Zoll haben.
Ein paar Berufe stechen dann aber doch heraus: Gepäcksträger, Holzfäller, Musiker, Haustochter, Waldarbeiter, Uhrmacher und Hotelier.
Auffällig ist, dass es nur ganz vereinzelte Skilehrer unter den Sportlern gibt. Und so gut wie keine MitarbeiterInnen in Hotels, Gastgewerbe und anderen Zweigen des Tourismus. Ein Schweizer Teilnehmer bei den Nordischen gibt als Beruf Tierarzt an. Zu diesem Zeitpunkt ist er 26 Jahre alt.
Wir wissen natürlich nicht, in welchem Stunden-Ausmaß die Menschen in ihren Berufen arbeiteten. Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass ein Holzfäller Teilzeit arbeitet.