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Nummerntausch Am Brennerplatzl

Nummerntausch am Brennerplatzl

Wieder einmal ist es einem durch Innsbruck ziehenden Fotografen gelungen, viele der im Haus befindlichen Bewohner*innen dazu zu bewegen, aus ihren Fenstern zu schauen – natürlich damit diese idealerweise später den gerahmten Abzug oder wenigstens ein paar Ansichtskarten der Szene käuflich erwerben mögen. An diesem Tag bringt er eine autofreie Ansicht des Hauses Innstraße 12 ins Bild, nach seiner Bausubstanz und Fassadengestaltung alles deutlich vor dem Ersten Weltkrieg. Die ortstypischen Fensterläden geben den Blick auf die älteren und jüngeren Personen der Hausgemeinschaft frei – wahrscheinlich wurde der Aufnahmetermin wochentags organisiert und die meisten Leute sind in ihren Arbeitsstätten beschäftigt. In diesem Haus wohnten stets viele Menschen, aus den Adressbüchern der 1910er Jahre können wir immer mehr als 20 herauslesen (und darin waren die Ehefrauen und Kinder noch großteils geghostet). Die Berufe der Bewohner*innen reichen von Spenglern, Schneiderinnen, Büglerinnen und Metzgern zu Geschäftsinhabern und niederen Beamten, hier wohnten Lokalbahn- und Staatsbahnangestellte sowie die Theaterdirektorin Josefine Weiß.

Die Adresse Innstraße 12 steht heute auf einem Studenten-Verbindungshaus dahinter. Der Wechsel muss rund um den Wiederaufbau des im Zweiten Weltkrieg linksseitig völlig zerstörten Hauses stattgefunden haben, das Haus trägt heute dort die Nummer 10a.

Wann und warum genau diese typischen Fenster-Läden in Innsbruck aus der Mode kamen, entzieht sich dem Wissen des Autors dieser Zeilen. Ein Bild aus den 1930er Jahren zeigt, dass sie im Winter jedenfalls nicht auf diesem Haus hängen. Vielleicht wurden sie nur jahreszeitlich abgenommen bzw temporär mit Doppelfenstern getauscht, die 1930 sichtbaren äußeren Scheiben haben die bekannte Sechser-Kassetten-Struktur mit einer ausklappbaren Lüftungsscheibe.

Dieser Beitrag hat 17 Kommentare
  1. Es war wahrscheinlich dieses lästige Winterfenstereinhängen, welches man den Bewohnern nicht mehr aufhalsen möchte.< und ich als unfreiwilliger Gehilfe selber noch mitmachen mußte, der Nachmittag war gelaufen.

    Auch wenn es so stimmungsvoll ausschaut. Nichts vermag hinter das Wort Sommer! besser das Rufezeichen zu setzen, als zugezogene Fensterläden, da und dort mit ausgestellter Klappe einwenig Dämmerlicht in die kühle Zimmer lassend.

    Aber dann der Wechsel, Läden und Glasfenster – genau nummeriert, das waren keine millimetergenauen Normen, – tauschten 2x im Jahr ihre Lagerplätze. Bei großen Stadthäusern war da ohne Hausmeister oder einer ganzen Fenstertauschtruppe garnichts zu machen. Man brauchte Personal. Selbst wenn man die Kraft hatte, die schweren Fensterbalken zu halten, das sollte ja allesamt am gleichen Tag montiert werden, wie hätte das sonst ausgesehen. Von den Querelen einer privaten Absprache ganz zu schweigen.."Die Hofermeier tian jedes Jahr bled!"

    1. Heute braucht es wenigstens keine Doppelfenster mehr und man könnte die Läden das ganze Jahr hängen lassen. Aber die Bedienung ist im Vergleich zur Jalousie immer noch beschwerlich. Im Sommer jedesmal, ehe Mann und Frau arbeiten gehen, zuerst noch die Läden zu ziehen, wenn es ein warmer sonniger Tag zu werden verspricht.

      Nein, geht nicht. Man hat einfach keine Zeit mehr. Und außerdem sowieso. Eben.

      1. Ich entschuldige mich für diesen kleinen Ausritt nach Pradl, der als Schulaufsatz ein absolut vernichtendes Thema verfehlt! eingehandelt hätte. Sollte eigentlich wo anders erscheinen, aber wenn man grad mit dem Herrn Roilo redet…
        Ebenso einen Rückzieher muß ich mit meinem Lamento wegen der Fensterläden machen. Erst jetzt habe ich mir den heutigen Zustand des Hauses online angeschaut und prompt des Gegenbeweises meiner Rede ansichtig geworden: Die Läden sind alle noch dran.

        1. Fensterläden können Teil des Denkmalschutzes sein. Im Haus Jahnstraße 25 aufgewachsen, hatten wir dort auch solche, und durften sie nicht entfernen und wurden sie gegen Ende der 1980-er auch mal auf Vermieterkosten erneuert. Ich habe die auch zum Abdunkeln verwendet, so lange ich dort gewohnt habe, und kann das mit dem Sommer bestens nachvollziehen: Fenster blieben rund um die Uhr aufgerissen, Läden blieben zu und verriegelt. Nur bei schweren Gewittern wurde das Fenster auch mal zugemacht.
          Ich vermute stark, dass es bei diesen Gebäude aus diesem Grund auch heute noch blaue Fensterläden gibt.

    2. Wie das seinerzeit bei uns ablief, habe ich im Beitrag https://innsbruck-erinnert.at/nochmals-sporthaus-kiefer/ beschrieben:

      „Wir hatten an unserem Haus Pradlerstraße 15, der Bäckerei Roilo, auch 21 Stück solcher Fenster, bei denen die Außenflügel im Frühjahr und im Herbst ausgewechselt wurden, die Innenflügel blieben das ganze Jahr an Ort und Stelle. Es war immer ein aufregender Tag, bei dem es nicht ohne Schimpfen und Fluchen, besonders durch meinen dafür zuständigen Onkel, abging. Die nicht gerade leichten Dinger – für den Winter die Glasfenster, für den Sommer die noch schwereren Holzjalousien – wurden vom Dachboden über die steilen, ziemlich ausgetretenen Holzstiegen hinunter in die Waschkuchl getragen, dort gewaschen und meist auch repariert. Dann mussten die richtigen Flügel zum richtigen Fenster gebracht werden, dazu gab es entsprechende Markierungen / Holzkerben in jedem Rahmen und in jedem Flügel. Der Abschluss war dann das Schwierigste, auch nicht ganz Ungefährliche: Das „freiarmige“ Hinaushalten und Einfügen in die drei Angeln!
      Irgendwann wurde die ganze Prozedur meinen Onkeln und Tanten zuviel, man verzichtete auf die schönen, aufklappbaren, schattenspendenden Jalousien und ließ das ganze Jahr die Winterfenster drinnen.“

        1. Also:Wenn die Nummerierung „nach der Katastermappe vom Jahre 1856“ noch stimmte, als dieses Bild gemalt wurde,wäre es ein Vorläufer von Pradlerstraße 6 gewesen ….
          Aber wenn man wüßte, wie die „verschollene“ Nr.8 (abgerissen für den Durchbruch zur Reichenauerstraße) ausgesehen hat, dann….

        2. Danke, Herr Hirsch – für das Lob und für dieses Bild. Ein Wahnsinn, was es alles gibt! Frau Stepanek wird auch – so sie es nicht ohnehin kennt (ich kannte es jedenfalls nicht) – staunen und sich über das Bild von ihrer Nachbarschaft freuen! Pradlerstraße 8 wäre Hotel (Gasthaus) Altpradl – unser „Volderauer“. Links hinten schauen die Rhomberghäusr in der Schmiedgasse heraus.

        3. Manfred Roilo 5.3.2023
          Hoppla – Frau Stepanek war schon früher dran!
          Allerdings: Das „verschollene“ Haus, abgerissen für den Durchbruch zur Reichenauerstraße war Pradlerstraße 7

          1. Das Haus rechts am Bild von Herrn Hirsch müssten Sie, Frau Stepanek, von der Nordseite Ihres Hauses ja sehen (oder gesehen haben) – oder?

          2. Ja, da haben Sie Recht, das war mein blöder Fehler, weil im Heimatbuch „Alt- und Neupradl “ auf dem kleinen vorangestellten Ortsplan das „Maderhäusl“ („Partner&Plaikner“) die Nr.8 trägt.
            Der „Volderauer“ müßte so ca. um 1900 gebaut worden sein, oder? (Immer plus – minus 10 Jahre)
            Da kann ich übrigens eine hübsche Legende beisteuern:
            Ein (in meinen Augen uralter) Bewohner des Hauses A.-Hofer-Str. 53 machte auf mich den Eindruck, als wäre er ein altösterreichischer General oder sowas – der Bürstenschnitt, der Schnauzer…- und seine Frau meinte, wenn er grantelte: „Heut kann er’s wieder, mei Erzherzog!“
            Sie erzählte, er sei ein ae Kind gewesen und bei Pflege- und später Adoptiv-Eltern aufgewachsen. Als er zur Taufpfarre ging und um Nachschau im Taufbuch bat und den Pfarrer nach seiner Herkunft befragte, gab ihm dieser zur Auskunft: „Jaaa, nach Lage der Dinge sei sein Vater entweder der „Rauch-Müller“ – oder aber der Erzherzog Eugen. Und die Mutter habe damals – woher auch immer – soviel Geld bekommen, daß sie davon diesen Gasthof errichten habe können…“
            Die Mutter sei übrigens „völlig verarmt“ in Altpradl in einem Haus mit oaner Stiagn aussn auffi“ verstorben, nachdem ihr der Gasthof „abgeluchst“ worden sei, hat die Gattin des „Erzherzogs“ uns erzählt…
            Und weil wir gerade beim ehem. Hotel sind: Die Firmpatin meines Mannes Carmela Flöck (im Widerstand, daher KZ Ravensbrück!) ist im „Hotel“ geboren, sie war das ae Kind einer Schneiderin – und die Hebamme Frau Dalla Vecchia, hatte hier offenbar „Belegsbetten“ – oder wie man das nennen will.
            Ja, und bezüglich des Aquarells scheint es sich (für mich jedenfalls) eher um ein „Stall- und Stadel-Gebäude“
            mit Knechtskammern obenauf zu handeln, und nicht um das Wohnhaus.
            Ja, die „Fabrikhäuser“ Schmidgasse 12 und 12a könnten es sein – und auch das Haus Pradlerstraße 2a rechts Interessant wäre, w o n a c h der Maler dieses Bild angefertigt hat… Foto? Alte Zeichnung? Wir werden es nie erfahren.
            Ob an der schönen Geschichte der Frau „unseres“ „Erzherzogs“ etwas dran ist, könnte vielleicht die Baugeschichte des Hotelbaues ergeben, falls es dazu überhaupt irgendwo in Innsbruck noch Unterlagen und Pläne gibt….
            W I R waren ja damals noch ein Dorf, gell!

  2. Dass das betreffende Haus heute die Hausnummer 10a tragen würde, wie im Text zu lesen steht, ist wohl nur teilweise richtig.
    Die Nachfolge-Bauten des im 2. Weltkrieg schwer beschädigten Hauses liegen heute auf 2 Parzellen mit unterschiedlicher Architektur und bestehen zum größeren Teil aus dem Haus Innstraße 10 mit 7 Fensterachsen und zum kleineren Teil aus Haus Innstraße 10a mit 2 Fensterachsen.
    Bei der Errichtung von Hausnummer 10a hat man im Vergleich zum Altbestand interessanterweise 1 Fensterachse weggelassen und auch die Geschosshöhe deutlich sichtbar verändert.
    Die heutige Hausnummer 10 wurde 1955 hingegen in historisierenden Formen sowie unter Beibehaltung der alten Geschosshöhe wiederaufgebaut.

    Beim Wiederaufbau von 1955 hat man das schöne alte, korbbogig gerundete Eingangsportal wiederverwendet und auch den einen der früheren Erker in den alten Formen wiederrichtet.

  3. Der „Nummerntausch“ scheint kurioserweise auch ganz praktisch in physischer Form durchgeführt worden zu sein:
    Das historische Fraktur-Hausnummernschild mit der Nr. 10 hängt heute nämlich über dem Korbbogen-Portal. Auch das alte Fraktur-Hausnummernschild mit der Nr. 12 scheint ebenso abgenommen und auf das Studentenverbindungshaus „umgehängt“ worden zu sein.

    Offenbar sind die historischen Schilder anlässlich der Umnummerierung in einigen Fällen abgeschraubt worden und jeweils ein Haus „weitergewandert“ und wieder an die Fassade geschraubt worden.

    Wie man in Google Street View beobachten kann, hängt auf der Innstraße 6, vormals 8, ein ganz modernes Hausnummernschild, während über dem Eingang der „Ex“-Innstraße 10 vom Titelbild ebenso das wohl ein Haus weitergewanderte Fraktur-Hausnummernschild mit der Nr. 8 hängt.

  4. Lieber Herr Auer, danke, daß jemand einmal auf diese verstreut immer noch existenten uralten Hausnummerntafeln hinweist. Hoffentlich bleiben sie uns erhalten und fallen nicht irgendeinem Reformwüterich zum Opfer, auch wenn man die neuen natürlich viel besser aus der Entfernung lesen kann.

    1. Zur Lesbarkeit von Hausnummerntafeln fällt mir gerade ein Gschichtl aus der Kriegszeit ein: Wir hatten ja auch so ein altes Schild, es prangt heute noch oberhalb des alten Hauseinganges! Da es ja keine Straßenbeleuchtung gab, bastelten meine Mutter und ich ein schönes Schild zum Aufkleben auf die Türe – ein weißer Karton, darauf schwarzes Verdunkelungspapier mit einem schön ausgeschnittenen Fünfzehner.
      Der große Fehler war, dass wir vorher dem einzigen Onkel der nicht eingerückt war (jemand musste ja Brot backen) nichts sagten. Klar, dass er es sofort herunterriss und auch klar, dass ich weinte – es war ein richtiger Schock für mich!

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