Ich seh alles doppelt…
…aber in diesem Fall liegt’s wohl nicht mehr an den Faschingsdienstäglichen Nachwirkungen. Diese Aufnahme kennen wir natürlich alle in 100-facher Ausführung, sie ist wohl das beliebteste und berühmteste Bildmotiv Höttings. Dafür, dass sie so berühmt ist, war sie aber noch gar nicht so oft auf Innsbruck erinnert zu sehen, deshalb wird’s halt wieder einmal Zeit. Das Ensemble stimmt: oben der alte Kirchturm, darunter die Bachgasse mit „Felix“, „Riapele“, dem Alten Schulhaus und darunter der Wagnerei Gspan, unschwer zu erkennen an der – Entschuldigung – heute würde man sagen sauhaufigen Ansammlung an Wagen-Teilen vor dem Gebäude. Bei der Größe des Hauses ist allerdings nicht verwunderlich, dass man beim Wagenbau schon mal auf die Straße ausweichen musste. Die Wagnerei Gspan ist adressgeschichtlich – wie viele Häuser in Hötting – sehr spannend: erstmals im Adressbuch finden wir sie im Jahr 1901 (das erste Jahr, in dem Hötting im Innsbrucker Adressbuch verzeichnet wird) auf Bachgasse 2, 1924 erhält sie die Hausnr. Bachgasse 4, 1935 lesen wir die Hausnr. 6. Auf diesem Foto ist die Zahl nicht gut zu erkennen, ich hätte am ehesten auf die 2 getippt, was das Foto auf jeden Fall vor 1924 datieren würde, vorausgesetzt, die Hausnummerschilder wurden immer brav erneuert. Eine weitere Frage an die werte Leserschaft stellt sich mir in diesem Zusammenhang: weiß eigentlich jemand das genaue Datum, an dem die Ritsche verschwand?
Was hier besonders auffällt: die Bachgasse war damals, in prä-Auto Zeiten, noch Treffpunkt. Wo heute Autos vorbeidüsen und Leute nur schnell vorbeigehen, konnte man am Brunnen Wasser holen und im Schatten der Ritsche sogar eine Arbeitspause machen. Auf dem Foto spürt man ganz deutlich, dass die Uhren noch langsamer gehen – da störte es auch niemand, wenn vor dem Haus auf der Straße gearbeitet wurde.
(Stadtarchiv Innsbruck, Sammlung Kreutz)
Ich kenne mich in Hötting nicht besonders gut aus – obwohl mein Vater hier, in dem auf dieser Aufnahme gerade nicht sichtbaren Glockengießerhaus 1906 zur Welt kam – deshalb weiß ich auch nicht, wohin diese hölzerne Wasserrinne führt.
Bei diesem Foto kann man wieder wunderbar in nostalgischen Gefühlen schwelgen, vielen Dank, liebe Frau Fritz, für diesen stadtteilgeschichtlichen Hochgenuss!
Zur Frage wann die Ritsche verschwand: Die „Sießmühle“ der Fam. Achammer in der Schneeburggasse 13 wurde im Jahre 1930 aufgelassen. Danach verschwand auch das hölzerne Rinnwerk, das über die Schneeburggasse geständert war und „oberschlächtig“ das Mühlrad antrieb. Es wurde dann auch der Bach verbaut und der führt seitdem unterirdisch von der Daxgasse, Bachgasse und über das Kerschental hinunter bis in den Inn.
Danke, Herr Muglach, für diese genaue Beschreibung!
Sehr schöne Aufnahme!
Zur Werkstatt der Familie Gspan:
Auf Innsbruck erinnert wurde ein ebenso schönes Bild veröffentlicht, auf welchem die Wagnerarbeiten im Hof des Hauses Bachgasse Nr. 2 (heute Installationen Steffan) stattfinden. (Ecke Bachgasse-Schneeburggasse)
Bei obigem Bild das Haustor hinter der Frau am Brunnen wo das Tor halb offen steht, ist Bachgasse Nr. 4;-
(dieses kleine Werkstattl auf Nr. 4 hatte zu letzt Herbert Cambruzzi als Elektrowerkstatt betrieben), da die hölzernen Wägen auf obigem Bild vor diesem Tor stehen ist die Wagnerei warscheinlich ein Haus weiter gesiedelt.
Das nächste größere Haus bergauf ist der alte Pfarrkindergarten wo die „Kindergarten-Tanten“ auf uns aufpassten (oder es zumindest versuchten).