I. Innsbrucker Gebirgstrachten-Erhaltungs- und Schuhplattlerverein Alpinia
Die Mitgliedschaft in irgendeinem Vereins ist für viele von uns heute Teil des gesellschaftlichen Lebens, ja in vielen Fällen auch Teil der persönlichen Identität. Die gesetzliche Grundlage von Vereinen ist dabei noch gar nicht so alt und wurde in der Habsburgermonarchie erst 1867 mit dem Vereinsgesetz bzw. mit der im Staatsgrundgesetz zugesicherten Versammlungsfreiheit ermöglicht. Bis dahin gab es zwar auch verschiedenste Zusammenschlüsse, wie die Zünfte oder auch religiöse Bruderschaften, abseits davon konnte die Bildung eines vereinsartigen Zusammenschlusses allerdings rasch den Argwohn der Obrigkeiten auf sich ziehen.
Mit dem Vereinsgesetz änderte sich das aber schlagartig und in kürzester Zeit schossen die Vereine wie die sprichwörtlichen Pilze aus der Erde: bald gab es für alles und alle mindestens einen Verein. Um 1900 wurde das gesellschaftliche Leben von Vereinen dominiert: angefangen von landmannschaftlichen Vereinen, über Vereine für bestimmte Hobbies, Interessen und Sportarten, Vereine von und für bestimmte Berufsgruppen, kulturelle Vereine und und und … Wer sich einen Eindruck verschaffen will, kann beispielsweise in den Adressbüchern nachsehen, welchem Verein er/sie beigetreten wäre.
Auch Musikgruppen und Trachtenvereine waren (No na) in der Regel als Vereine konstituiert, was mich, nach dieser langen Einleitung, zum heutigen Bild bringt, das die Mitglieder des „I. Innsbrucker Gebirgstrachten-Erhaltungs- und Schuhplattlervereins Alpinia“ in voller Pracht und Tracht zeigt. Der Trachtenerhaltungsverein wurde 1904 gegründet und war damit Teil einer größeren Bewegung, die von Bayern und Salzburg ausging. Einerseits wollte die Trachtenerneuerungsbewegung die oftmals aus dem Alltag verschwundene Tracht wieder vermehrt in diesen zurückbringen. Andererseits war die „Erhaltung“ von Trachten dabei oftmals nicht ganz wörtlich zu verstehen, denn vielfach wurden traditionelle Formen weiterentwickelt oder oft sogar auch neu erfunden. Die Bewegung hatte jedenfalls große Nachwirkungen, in Innsbruck wurde das heutige Volkskunstmuseum zu einem Zentrum der Trachtenerneuerung. Dazu gibt es mittlerweile zahlreiche interessante Forschungen.
Für den konkreten Fall der Alpinia gilt dies indes noch nicht. Ich konnte noch nicht einmal eruieren, ob der Verein Alpinia noch existiert oder ob ihn ein ähnliches Schicksal wie viele andere traditionsreiche Vereine ereilt hat, die sich wegen Mitgliederschwund aufgelöst haben (und deren Nachlässe wir im Archiv haben) – das ZVR hat jedenfalls keinen Treffer ergeben. Hierzu bin ich über jeden Hinweis dankbar. Überdies: kann jemand sagen, wo das Foto aufgenommen worden ist?
(Stadtarchiv/Stadtmuseum Ph-31281)
„Wie die sprichwörtlichen Pilze …“ ist wirklich nicht übertrieben. Im Adressbuch 1905 sind, wenn ich mich nicht verzählt habe, für Innsbruck, Hötting und Mühlau 360 Vereine aufgelistet! Da wäre jetzt grad noch die damalige Einwohnerzahl interessant.
1901 wurde bereits ein derartiger Verein in Pradl gegründet: „(Der Gebirgstrachten-Erhaltungs-und Schuhplattler-Verein ‚D’ Inntaler‘ in Pradl) hielt am Samstag in Krafts Veranda (Deutsches Kaffee) sein diesjähriges 3. Gründungsfest ab. Der überaus zahlreiche Besuch brachte den Beweis, daß genannter Verein sich großer Beliebtheit erfreut.“ (IN, 23. 11. 1904, S 5)
Auf Landesebene gab es das auch: „1905 erfolgte in Wilten, das im Vorjahr nach Innsbruck eingemeindet worden war, die Gründung des Tiroler Gebirgstrachten-Erhaltungs- und Schuhplattlervereins D’Alpler.“
https://heyjoe.fbk.eu/index.php/grsr/article/view/11687/11688 (Fußnote 25, S 142)
Alpinia scheint erstmals im AB von 1906 auf als „Gebirgstrachten-Erhaltungs- und Schuhplattlerverein Alpina“ mit dem Gründungsjahr 1905. Ab dem AB von 1909 dann „I. Innsbrucker Gebirgstrachten-Erhaltungs- und Schuhplattlerverein Alpina“, das zweite „i“ fehlt noch immer. Von AB 1910 bis AB 1913 dann mit „i“, dafür „Volkstrachtenerhaltung Schuhplattler-Verein Alpinia“. 1914 bis 1918 scheint der „I. Innsbrucker Gebirgstrachten-Erhaltungs- und Schuhplattlerverein Alpina“ zwar noch in den AB auf, es gibt aber über ANNO wenig Aktivitäten zu entdecken, was mit Sicherheit den Kriegsjahren geschuldet ist.
1919 dann: „1. Innsbrucker G.-T.-E.- und Schuhplattler-Verein ‚Alpinia‘. Mitglieder und Interessenten werden ersucht, Sonntag um 10 Uhr vormittags zwecks Besprechung der Wiederaufnahme der Vereinstätigkeit im Vereinslokal beim Mohren, Mariahilf, zu erscheinen.“ (IN, 26. 04. 1919, S 9)
Daraufhin im Mai: „Die nach den großen Völkerschlachten noch übriggebliebenen Mitglieder des I. Innsbrucker Gebirgstrachten-Erhaltungs- und Schuhplattler-Vereines ‚Alpinia‘ haben sich wieder zusammengefunden und beschlossen, die Vereinstätigkeit wieder aufzunehmen.“ (IN, 16. 05. 1919, S 12)
Noch weitaus häufiger als die Namensgebung wechselten die Vereinslokale: Burgriese, Bierwastl, Weißes Kreuz, Claudia, Mittenwald, Bürgerbräu, GH Hallenbad etc. In Letzterem fand auch der vermutlich letzte Vereinsabend statt: „TV. ‚Alpinia‘. Heute Vereinsabend im Gasthaus Hallenbad“. (IN, 03. 04. 1954, S 15)
Vereinsauflösung, Umbenennung oder Fusion mit anderem Trachtenverein – alles ist denkbar. Nach dem 3. April 1954 wirft die ANNO-Suche mit dem Schlagwort „Alpinia“ jedenfalls nur noch die gleichnamige Hochschulverbindung aus.