Hofer in Ketten
In den frühen Morgenstunden des 1. Oktober 1961 erschütterte ein lauter Knall die Tiroler Landeshauptstadt. Nachdem anfangs die Ursache unklar war, ging bei der Polizei rasch die Meldung ein, dass das Andreas-Hofer-Denkmal auf dem Bergisel gesprengt worden war. Bei Tagesanbruch zeigte sich das volle Ausmaß der Zerstörung, über den Berigsel verteilt fanden sich Bruchstücke von Statue und Sockel, im Urichhaus waren durch die Druckwelle Fenster geborsten. Außerdem lagen Fotos und Spendenlisten aus der Zeit der Aufstellung der Statue (1893), die in der Statue deponiert worden waren, verstreut auf dem ganzen Areal. Die Statue selbst war im Bereich der Waden abgebrochen, wo sich Reste zweier Ladungen Plastiksprengstoff, die mit einem Zeitzünder zur Explosion gebracht worden waren, fanden. Hofer schwer demoliert auf dem Rücken.
Rasch fanden sich Schaulustige und Politiker am Bergisel ein, darunter Bürgermeister Alois Lugger und Landeshauptmann Hans Tschiggfrey. Letzterer diktierte den Anwesenden Journalisten umgehend ins Notizbuch, dass dieser Anschlag auf das „Symbol unserer Freiheit“ aufgeklärt werden müsse und wohl nur „krankhafter Haß und blinder Fanatismus“ als Ursache in Frage käme (TT, 2.10.1961). Außerdem forderte er die Bundesregierung und die Sicherheitsbehörden auf, die Täter ausfindig zu machen.
Neben den zahlreichen Trümmerteilen fanden sich auch mehrere Blanko-Ausweise der neofaschistischen Organisation „Giovane Italia“, sodass Personen aus diesem Umfeld als Täter*innen in Verdacht kamen. Allerdings konnte letztlich nicht geklärt werden, wer den Sprenganschlag tatsächlich angeordnet und/oder ausgeführt hat, was bis heute immer wieder Anlass zu Spekulationen gibt. Allgemein wird der Anschlag jedoch als Vergeltung für die Anschläge des Befreiungsausschusses Südtirol angesehen. Ohne dies hier weiter auszuführen, führen uns die Bilder des gesprengten Hoferdenkmals deutlich die äußerst angespannte Zeit und die Eskalation der Gewalt der Südtiroler Bombenjahre vor Augen, die für Nachgeborene wohl nur schwer nachvollziehbar ist.
Noch am selben Tag brachte die Berufsfeuerwehr die Statue mit einem Kranfahrzeug zur Gießerei Graßmayr, wo sie durch den Bildhauer Franz Roilo repariert werden sollte. Im Titelbild ist dies zu sehen, die TT schrieb dazu. „Gestern nachmittag wurde ‚Andreas Hofer‘ zum zweiten Mal in Ketten abgeführt. […] Solchermaßen gefesselt, hielt das Ebenbild des großen Nationalhelden traurigen Einzug in die Landeshauptstadt.“ (TT, 4.10.1961) Auch eine der Adlerfiguren, die das Standbild zieren, war bei dem Sprengstoffanschlag demoliert worden. Dessen gestutzte Flügel wurden ebenfalls wieder in Stand gesetzt.
Noch im Dezember desselben Jahres waren die Reparaturen abgeschlossen und das Denkmal wurde wieder an seinen angestammten Platz gebracht. Die Symbolfigur Hofer war im Übrigen damals nicht das letzte Mal Opfer von Beschädigungen, das ist aber eine andere Geschichte.
(Stadtarchiv/Stadtmuseum Ph-2689; Ph-2691; Ph-2693)
Da der von mir im obengenannten Beitrag eingestellte Artikel aus der TT anscheinend „untergegangen“ ist, gibt es ihn nun nochmals: https://postimg.cc/qgFc8GXQ
Die Schlagzeile „Hofer in 8 Wochen wieder am Bergisel“ könnte auch vom Mai 1809 stammen…
Danke für den Zeitungsausschnitt, der für Sie ja auch zur Familiengeschichte gehört.
So nebenbei: 50.000 Schilling für die Wiederherstellung! Auch wenn man annehmen darf, daß das ein patriotisch kalkulierter Preis war, heute käme um das Geld nicht einmal der Kranwagen.
Der Herr ganz links im Titel-Bild mit vermutlich einer Kleinkamera in der Hand könnte der Statur nach der damalige Branddirektor der BFI, Herr Ing. Anton Stolz sein.