Hinaus ins Land (80)
Als Stadtarchiv konzentrieren sich unsere Bestände natürlich vor allem – aber nicht nur – auf das Stadtgebiet von Innsbruck. Fotosammlungen mit Innsbruck-Bezug enthalten oft auch Ansichten aus Tirol (und darüber hinaus), vielfach leider ohne Beschriftung. Können Sie uns vielleicht bei der Zuordnung behilflich sein?
Ach, das kenn ich doch! Das war meine erste Reaktion auf dieses Bild. St. Margareten, Buch bei Jenbach. Siehe Hinaus ins Land, Ausgabe Nummer 3. Kirche auf einem kleinen Hügerl, Schiff links, Turm rechts, bewaldete Hügel und schneebedeckte Berge rechts im Hintergrund. Passt ja alles! Und dann, der genaue Blick. Halt, da verstecken sich ja doch 5 Fehler. Oder sind es 7? Anderes Türmchen. Friedhofsmauer. Fehlender Weg hinauf. Ich bin sicher, Sie finden noch einige mehr. Finden Sie auch die Lösung?
(Stadtarchiv/Stadtmuseum Innsbruck, Ph-Holy-62)
Unverkennbar die Pfarrkirche Leiblfing…
Tatsächlich, unverkennbar. Zumindest wenn man weiß, dass es so was wie Leib-l-fing überhaupt gibt und wenn ja wo. Aber das traue ich mich ja eigentlich fast nicht mehr zuzugeben, nach all den Kommentaren zu diesem Ort, den man einfach kennen muss! Auch nicht, dass ich beim googeln erst einmal in Niederbayern gelandet bin…
Sie sind einfach zu jung, Herr Bürgschwentner, um die belehrenden sonntäglichen Kaffee&Kuchen-Pflichtfahrten erlebt zu haben. In jedem dort vorbeifahrenden Sonntagsfahrerauto folgten Mamas ausgestrecktem Zeigefinger die Worte „Leiblfing!!“. Papa nickte, und Klein Maxi und Klein Christl am Rücksitz kicherten „LeibLfing hihi“. Maxi zupfte an Christls Leibele und vice versa, ja, so kann man sich das merken. Und im Innenspiegel erschien Papas ernstes Auge. Ruhe da hinten.
…was ich aus erster Hand, da Heimatgemeinde, nur zu 100% bestätigen kann.
Bemerkenswert, dass die Kirche urkundlich bereits 1090 erwähnt wird.
Geweiht dem Hl. Georg, daher auch die seinerzeitige Entscheidung meiner Eltern zu meinem Vornamen.
Entschuldigung – aber da klingelt bei mir etwas – nämlich „Wunschkonzert“ (auch „Erbschleichersendung“ genannt)….
gut geklingelt, oder: 50% meiner Vornamen-Ideengeber… 😉
….aber da kann ich jetzt gleich einmal den Ur-Leiblfinger der Familie fragen:
Stimmt die Geschichte, daß dieser charakteristische Leiblfinger Kirchturm seine einmalige Form dadurch erhalten hat, daß es zwei „Parteien“ gab – die eine wollte einen schönen hohen Spitzturm, wie mans früher gebaut hätte – und die andere plädierte für einen ganz modernen Zwiebelturm – schließlich müsse man mit der Zeit gehen…
Das Resultat des <Kompromisses ist jedenfalls einmalig!
Korrekt, so wird es jedenfalls überliefert: Offenbar war bei der Errichtung in der bekannten Form im Jahr 1710 eine Entscheidung zwischen Zwiebel oder Spitz nicht zu erzielen, daher dieser wohl einzigartige Kompromiss und somit Alleinstellungsmerkmal und beliebtes Fotomotiv.
Das Kirchl von Leiblfing war die Taufkirche von Pettnau, in der auch meine Mama getauft worden war. Von einigen Jahren wurde sie saniert und erhielt einen ganz besonderen Altar…
Ziemlich nachhaltiges Aufsehen haben übrigens 1968 die Aufnahmen zu einem gegen Ende des 2. Weltkriegs spielenden britischen Spielfilm „Hannibal Brooks“ erzeugt, in dem ein Elefant eine Rolle spielt und dieser mit der Leiblfinger Kirche abgebildet ist: https://www.reelstreets.com/wp-content/uploads/Films/madness_of_king_george,_the/hanbr015.jpg
In Leiblfing war auch die Märchentante von Radio Tirol beheimatet …………….
ganz genau…
…und da stelt sich mir die Frage (da von Natur aus neugierig), in welchem verwandtschaftlichen Verhältnis Herr Humer zu ihr steht.
Und was lernen wir aus der Erzählung über die Entstehung dieser Turmbekrönung?
Nun, es könnte Wunderbares, Einmaliges und Einzigartiges entstehen – wenn, ja wenn man rechtzeitig einen so eleganten Kompromiß finden würde, der beide Parteien (und uns alle bis heute) zufriedenstellt…
Aber daß das jemals geligen könnte, streift schon knapp den Bereich der Märchen, Sagen und Legenden….
Jetzt hats bei mir geklingelt: 50 Prozent Ideengeber!
😉
Nur eine kleine Erinnerung an meine erste Zeit bei der Post.
Jeden Vormittag kam ein Amtsbote in unsere Abteilung (damals war ich in der „Zensur“) und brachte alle Belege aus der Amtskasse des Bahnpostamtes direkt zu uns.
Er hatte ein stets freundliches Gesicht und ein heiteres Wesen.
Geschickt holte er diese kleinen Belege (Zettelchen im Postkartenformat) mit der Linken aus seiner Umhängetasche, die er mit dem Stummel (der ihm von der rechten verblieben war) festhielt.
Mein Kollege, der Nußbaumer, erzählte „Ja, der ist von Pettnau oben. Ist doch ein ganz einfacher Mensch. Und was verdient der schon als Amtsbote?!! – Aaaaber – sein Sohn studiert! Jawohl! Da kann sich mancher eine Scheibe abschneiden! Alle Achtung!“
Ja, und da Leiblfing ja eine Fraktion – ein Ortschaftsbestandteil – der Gemeinde Pettnau ist, finde ich, daß auch diese kleine Erinnerung hierher gehört.
Der Amtsbote, der H a i d e r , ist bereits im darauffolgenden Jahr in Pension gegangen.
Und eines der Bücher seines Sohnes, (Dr.) F r i e d r i c h H a i d e r , liegt gerade neben mir, weil ich nachgeschaut habe, welche Bräuche darin für Leiblfing angegeben sind.
Nun, Herr Haider verweist darin auf Seite 186, daß Leiblfing ein Fastentuch besitzt – und auf Seite 421, daß man im Friedhof von den klobigen Grabsteinen abkomme und wieder schöne Schmiedeeisenkreuze aufstelle.
Von der Gemeinde Pettnau gehen die Erwähnungen über die Arbeiten Anfang Februar – über Wetter – Aberglauben und -Sprüche bis zur „Stamparaba“, die früher in der Stube hing – und daß vor dem Besuch der Weihnachtsmette die Deckblätter von 12 Zwiebeln so auseinander geben mußte, daß „Zwiebelkelche“ entstanden. Da hinein kam etwas Salz.
Der Reihe nach aufgestellt, galten sie als Orakel, in welchem Monat des folgenden Jahres es viel Niederschläge geben würde…
Ja, selbst wenn Dr.Friedrich Haider nur dieses eine Buch verfaßt hätte…..
Aber sicher weiß das Stadtarchiv mehr über ihn zu berichten – ich meine, wenn er schon ein Leiblfinger Pfarrkind war….!!!
Die Märchentante von Radio Tirol hieß MARGIT – HUMER – SEEBER
Bei ihren Märchen Lesungen mit ihrer angenehmen Stimme klebten wir Kinder förmlich an den Lautsprechern.
Nun dürfte auch das Verwandschaftverhältnis zu Herr Humer geklärt sein.
Ja, die Märchentante von Radio Tirol ist unvergesslich! Die absolut zeitlosen und auch heute noch sehr hörenswerten Märchenhörspiele gab es später auch auf CD und Audio-Kassette zu kaufen.
Auch die volkskundlichen Werke des aus Leiblfing stammenden Dr. Friedrich Haider sind sehr interessant, so z.B. sein Aufsatz „Mond- und Tierkreiszeichen im Volksglauben : alte Volksmeinungen ; zusammengetragen und aufgeschrieben von Friedrich Haider“ im Tiroler Bauernkalender 1959.