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Hab‘ Acht! – Mit Nachsatz

Hab‘ Acht! – Mit Nachsatz

„Hab‘ Acht!“ scheint die junge Frau in der Mitte des Balkons zu vernehmen und pflichteifrig zu salutieren. Wohl in völliger Unkenntnis militärischen Benehmens. Vielleicht hält sie sich aber auch nur die Hand als Schutz vor der Sonne vor die Augen. Oder der Fotograf hat einfach nur im falschen Moment abgedruckt. Sein Fokus war auch wohl weniger die Dame denn das mit Malereien ausgestattete Haus. Wobei er kein Freund der Malereien war, die er uns größtenteils vorenthält. Sein Interesse galt offenbar vor allem der markanten geschwungenen Treppe in den ersten Stock. Wo sich dieses Gebäude wohl befindet/befand?

(Stadtarchiv/Stadtmuseum Innsbruck, Ph-7954)

Auflösung: Wie Herr Roilo, den ich, gäbe es noch die Monarchie, gerne zum k. k. Bevollmächtigten für Holzzäune ernennen würde, richtig erkannt hat, war das abgebildeten Gebäude 1893 anlässlich der ersten Tiroler Landesausstellung am Messegelände zu sehen. Untenstehend eine Aufnahme des sogenannten Torggel-Hauses aus anderer Perspektive, die aufgrund der Halle rechts im Hintergrund natürlich nicht als Rätselfoto getaugt hätte. In unseren Beständen findet sich eine ganze Reihe von Fotos mit unterschiedlichen Gebäuden (zum Beispiel der Fischerei-Pavillon oder die spätere Innsbrucker Hütte), viele davon ohne nähere Bezeichnung. Womöglich würde es sich lohnen, den zeitgenössischen Ausstellungskatalog aus dem Depot auszuheben und damit Text-Bild-Memory zu spielen? Danke noch einmal für die zahlreichen fachkundigen Kommentare zu Baustilen, Berichterstattung und natürlich Holzzäunen!

(Stadtarchiv/Stadtmuseum Innsbruck, Ph-7950, Ph-7954)

Dieser Beitrag hat 26 Kommentare
  1. Leider sieht man nicht, welcher Heilige auf der Sonnenuhr dargestellt ist. Der Stab mit dem Doppelkreuz deutet auf einen heiligen Bischof hin.

    Sehr auffällig ist die Mönch-Nonnen-Deckung des Hauses, welche rund um Innsbruck kaum bis gar nicht vorkommt.

    1. Der Heilige ist wahrscheinlich der Winzerpatron Urban. Aber wo gibt’s in Südtirol ein Weingut zur Großen Traube?
      Was spiegelt sich im Fenster, ein Kirchturm?

  2. Der 1837 in Feldkirch geborene Schriftsteller und Bibliothekar Ludwig Hörmann von Hörbach befasste sich mit dem Brauchtum der Alpenländer und veröffentlichte u. a. den Band „Haussprüche aus den Alpen“, hrsg. 1896. Auf Seite 157 dieses Bandes findet sich folgender Eintrag:

    „Dieses Haus steht in Gottes Hand
    Zur großen Traube ist es genannt.

    Rankweil, Altvorstadt,
    Wirtshaus zur Traube.

    Das vor kurzem übertünchte Bild zeigte zwei Engel, welche eine grosse Traube, an einer Stange über den Achseln tragen.“ (Teßmann digital > Bücher > Haussprüche aus den Alpen)

    Die sog. Kalebstraube wurde lt. Altem Testament von 2 Kundschaftern (Josua und Kaleb) getragen. Wenn auf dem hier erwähnten Bild 2 Engel abgebildet waren, hat sich entweder der Maler ein wenig künstlerische Freiheit genommen oder die Träger wurden falsch interpretiert. https://de.wikipedia.org/wiki/Kalebstraube

  3. Ich freue mich, dass Sie wieder einmal gefordert sind! Und ich bin überrascht, dass der zugegebenermaßen sehr blasse Gebirgszug hinter dem Dach noch gar nicht erwähnt wurde.

  4. Aahh, doch die Rumer Spitz, an die die hatte ich zuerst gedacht, aber ein „Gasthof zur großen Traube“ sagte mir gar nichts. Dann wird es wohl der Gasthof Traube in der Innstraße 55 gewesen sein, ehemals „Zum kleinen Stern“. Weder südlich des Brenners noch westlich des Arlbergs. Aber die Architektur entspricht nicht den klassischen Inn-Salzach-Häusern. War das ein Stöckl-Gebäude oder bin ich jetzt noch einmal daneben?
    Hauptsache den Herrn Joachim freut’s!

  5. Bei mir geistert immer etwas von der Tiroler Landesausstellung 18XX herum. Der Zaun kommt mir so bekannt vor! Und der Berg dahinter? Rumerspitze?? Die Sonnenuhr würde dann auch passen!

  6. Es könnte sich in der Tat um das sogenannte Torggel-Gebäude auf der Landesausstellung 1893 handeln. Das Torggel-Gebäude wurde mit sehr großem Aufwand und viel Liebe zum Detail errichtet und beherbergte die „Deutsch-Südtiroler Weinausstellung“. Dazu würde auch der Fassaden-Schriftzug am rechten Bildrand gut passen. Der Tiroler Grenzbote vom 3. Dezember 1893 schreibt über das Torggel-Gebäude:

    „Sie thaten sich von Bozen und Meran, von Kaltern und
    Brixen etc. zu einem Comité zusammen, packten den uralten
    Torggelbaum aus einem Bauernhofe bei Bozen nebst allem,
    was dazu gehört, fein säuberlich auf einen größeren Eisenbahn-
    Waggon und führten die ganze Torggel-Kollektion nach Inns­-
    bruck, wo hiefur auf dem Platze der Tiroler Landesausstellung
    ein eigenes Gebäude, genau nach Art der Südtiroler Kleinadel-
    höfe oder Edelbauern-Sitze aufgeführt wurde. Aus anderen
    alten Torggelbäumen, von denen zwei die Jahreszahlen 1532
    und 1568 trugen, wurden Bauernstühle und Tische gezimmert,
    die Wände des Hauses hat man von innen mit Weinhauen,
    Püttrichen, Rebmessern und dgl. ausstaffirt, auch die abenteuer-
    liche, an alte Germanenrüstung erinnernde Gewandung eines
    Saltners (Weinhüters) nebst dem Lederkittel der „Weinaufleger“
    aus der altehrwürdigen Gilde der eingeschwornen Bozner Wein-
    messer und verschiedene Saltner-Hellebarden mussten dazu dienen
    den inneren Schmuck des mit Rundbogenfenstern, Söller und
    Erkerthurm, Maiskolben und Nelkenstöckeln ausgestatteten Torggel-
    hauses zu kompletiren. Um nun das Jnteressante mit dem
    Praktischen zu verbinden, haben die weltgewandten Bozner-
    Patrizier in dem Gebäude die deutschsüdtiroler Weinausstellung
    veranstaltet and zwar kluger Weise in der Art, dass man hier
    durchaus nicht wie sonst bei solchen Arrangements etwa blos
    etikettirte Flaschen mit hochlohnenden Namen zu sehen bekam.
    Auch nicht lediglich ein Gläschen zum „kosten“ fiel da für den
    Besucher ab, sondern es war Gelegenheit für wirkliche, landechte
    Torggelestudien gcboten. In Flaschen wie auch „frisch vom
    Fast“ marschirten mehr als fünfzig der besten Weinsorten und
    auch WeinschnäSpse aus Dcutschsüdtirol auf die Tische.“

  7. Ich misch mich nur kurz ein, aber die Rumerspitz ist nur ähnlich. Die Fortsetzung links paßt doch nicht ganz, oder? https://postimg.cc/q6pXw9tD

    Ich halte das Haus überhaupt nicht für ein Gasthaus, eher für ein Privathaus, nicht ganz unwahrscheinlich zu einem Weingut gehörig, Weinhändler wär auch möglich, oder – zynisch jetzt – Hausmalereien bei Trinkers, und erst die Dachdeckung…der Ziegel muß mir in St. Nikolaus erst auf den Kopf fallen, eh ich bekehrt bin. Und das Häusl auf der Landesausstellung ging doch nicht ums Eck? Obwohl Südtirol damals thematisch noch zu einer Landesausstellung gehörte. Aber das ist ein Haus, welches zum Zeitpunkt der Aufnahme sicher schon ein paar Jährchen auf dem Buckel hatte, während die Landesaustellungsexponate nicht für die Ewigkeit gebaut waren.
    Aber ich kann mich jetzt auch verrannt haben.

      1. Danke, Frau Stolz, für das Lob!
        Ja, der Zaun war es, und danach die Rumerspitz von Ihnen. Ich habe das bearbeitete Bild von Herrn Hirsch (danke!) mit anderen Aufnahmen dieses doch charakteristischen Berges verglichen und fand eine gute Übereinstimmung, wenn man die Fortsetzung links als Nebelbank ansieht. Im Geiste sah ich sogar den Falkenträger, gell, Herr Auer! Sie, Herr Auer, halfen mir dann noch mit dem Artikel aus dem Tiroler Grenzboten und der „Deutschsüdtiroler Weinausstellung“ (Schriftzug rechts oben). Die Sonnenuhr und die schattenspendende, nicht salutierende Hand der Kellnerin wiesen auch auf die dazu passende Südwand des Hauses hin. Dafür passte die Anzahl der gleichgekleideten Kellnerinnen nicht zu einem normalen Dorfgasthaus, auch nicht die „Stadt / Landgäste“ und der zu einem Blumentrog umgewandelte Brunnentrog, sowie der Gasthausname!

        Meine Suche beim Tessmann ergab dann den Volltreffer mit
        https://digital.tessmann.it/tessmannDigital/Zeitungsarchiv/Seite/Zeitung/63002/1/06.10.1933/369259/3/filterId-63002%01369259%014538773-query-Tiroler+Landesausstellung+1893-filterF_type-Newspaper.html , aus dem ich das obige Bild herauskopierte.

        Ein Hinweis noch: Der erste Teil des sehr interessanten Beitrages über die „Tiroler Landesausstellung 1893“ in der „Neuesten Zeitung“ vom 6.10.1933 erschien am 22.9.1933.

        Liebe Grüße noch an Herrn Hirsch für die Mithilfe und das „Verrennen“ ;.)

        1. Ja, hochlöblicher Herr k. k. Bevollmächtigter für Holzzäune, das mit dem Verrennen ist so eine Sach‘ und manchmal schnell passiert. Ich habe mich so verrannt, dass ich aufgrund des unvollständigen Schriftzuges rechts im Bild ganz Deutschnofen nach einer „großen Traube“ absuchte, wohl wissend, dass sich selten jemand den eigenen Ortsnamen an die Fassade pinseln würde. Zum Glück kann ich über mich selber lachen 🙂

          Manchmal zahlt sich Geduld aber auch aus. Der Heilige hinter der Sonnenuhr ist, wie Herr Hirsch richtig vermutete, der Winzerpatron Urban. Falls nähere Architektur- und Bildbeschreibung interessiert:
          https://digital.tessmann.it/tessmannDigital/Zeitungsarchiv/Seite/Zeitung/62964/1/08.08.1893/265314/3/filterId-62964%01265314%013391300-query-Torggelhaus-sort-dateAsc-filterF_type-Newspaper.html

  8. Haha, DAS war ein „Einileger“. Man muß den Erbauern dieses Fake-Weinhofes aber zugestehen, daß der Nachbau (steht am Ende irgendwo das Original? Bloß nicht!) derart originalgetreu gelungen ist, daß ich sogar die erkennbare Rumerspitze nicht glauben wollte. Wobei die Rumerspitze eine Allerweltsform hat. Besonders gemein die Palmenblätter, die man allerdings auch auf alten Ansichtskarten sehen kann, auf denen die Grünanlage beim Leopoldsbrunnen drauf ist.

  9. Das zweite Bild ist auch sehr interessant. Man sieht hier nämlich als Lüftlmalerei eine Darstellung von zwei Männern mit der großen Traube aus dem gelobten Land Kanaan. Es ist dies eine Darstellung der Kalebstraube, welche von Frau Stolz erwähnt wurde.
    Der literarische Bezugspunkt ist eine Geschichte aus dem Alten Testament, Buch Numeri 13,17-27.

  10. Könnte man auch das erste Bild hier noch „als a Ganzes“ einfügen, denn der Zeitungsartikel präsentiert das Foto natürlich mit der üblichen Rasterung, und das Teßmannbild ist verstempelt und nicht allzu vergrößerbar? Danke!

  11. Erst jetzt komme ich drauf, dass Herr Bürgschwentner den Text in diesem Beitrag ergänzt hat und von woher der „k.k. Bevollmächtigte für Holzzäune“ im Kommentar von Frau Stolz kommt. Danke für diese Ernennung!
    Vielleicht könnten Sie, Herr Bürgschwentner, in Ihrem Text auch noch den oben erwähnten Beitrag https://innsbruck-erinnert.at/nachhaltiger-messebau/ aufnehmen und vielleicht findet Herr Auer noch heraus, was mit diesem Torggelhaus geschehen ist.

  12. In der heutigen TT ist eine Seite dem „Stadtspaziergang (Hötting)“ gewidmet. Ein Inserat des „Priorat Maria Hilf / Höttinger Gasse 14“ hat mich daran erinnert, daß an der südseitigen Mauer des an der Straße stehenden Hauptgebäudes, des ehemaligen Gasthofs zur „Traube“ ebenfalls die „Zwei Kundschafter“ (= die ersten schriftlich erwähnten „Obstimporteure“)
    bildlich dargestellt waren. Foto wird es davon keines mehr geben?
    Danach – Mitte der 50-er? -kam ein Sgaffito“ an die Wand.
    Der Name „Paula Ptacek“ ist mir im Zusammenhang damit in Erinnerung

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