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Hinter Der Fassade Der Genossenschaft

Hinter der Fassade der Genossenschaft

Wenn Sie gestern ausreichend vom guten Zweigelt, dem süßen Lambrusco oder dem günstigen niederösterreichischen Landwein (für die jüngere Leser*innenschaft: das war in etwa das Weinkarten-Angebot der Innsbrucker Gastronomie bis in die Mitte der 1990er) genossen haben, steht ihnen der Sinn vielleicht gar nicht nach Bildexegese und sie rätseln eher noch wie sie nach Hause gekommen sind oder sind auf der Suche nach einer Kopfwehtablette.

Hier sehen Sie eine der schönsten Geschäfts-Fassaden, die es mehr oder weniger identisch heute noch in Innsbruck gibt. Damit die Rätselnuss eine harte ist, wurden zwei entscheidende Hinweise im Plan aus der Einreichung des Josef Retter aus dem Jahr 1911 nach dem Gauß’schen Algorithmus weichgezeichnet. Hingestellt hat die Fassade eine Genossenschaft, der zu dieser Zeit auch das Haus dahinter gehörte. Genossenschaften waren um die Jahrhundertwende eine vielfach praktizierte Geschäftsform der Innsbrucker Handwerker, sich im Kollektiv einerseits wirtschaftlich abzusichern und andererseits auch größere Aufträge abwickeln zu können. Bis heute erfreuen sich Genossenschaften trotz des darin versteckten scheinkommunistischen Wortteils „Genosse“ einer besonderen Bedeutung. Die Entscheidungen werden, sei es bei Bankenkonzepten aus dem 19. Jahrhundert wie Raiffeisen oder bei modernen Digitalisierungs-Unternehmen wie Transkribus, von den Mitgliedern gefällt und verantwortet. Man denkt und handelt marktwirtschaftlich-kapitalistisch, aber doch im demokratischen Konsens der Mitglieder und unter einer dieser Gesellschaftsform eigenen strengen Kontrolle und völliger Bilanzen-Transparenz.

Heute befindet sich in dem Geschäft eine Firma eines sympathischen jungen Innsbruckers, der zuerst auf der Suche nach so einem Laden das ganze Stadtgebiet abgewandert ist. Die Fassade wird gepflegt und nicht nur von hoffnungslosen Nostalgiker*innen bewundert.

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