Früh morgens in der Bahnhofshalle
Es zeichnet sich wieder einmal eine ähnliche Situation ab, wie man sie eigentlich nur aus einem Thriller kennt. Man steht früh morgens, gegen halb drei Uhr, in der Wartehalle des Innsbrucker Hauptbahnhofs. Ein paar düstere Gestalten kauern in den Ecken der überraschend gut beleuchteten Halle. Macht man sich aber auf den Weg in Richtung Bahngleise, dann sieht es mit Licht vermutlich eher spärlich aus und man schaut lieber zwei Mal über die Schulter. Und passt man einmal nicht auf, dann ist es gleich um einen geschehen – zumindest in den Romanen. Den Rest muss ich Ihnen gar nicht weiters schildern, Sie wissen ja: zwei Kommissare ermitteln, dubiose Augenzeugen, fragwürdige Charakteristiken des Opfers, Intrigen und so weiter.
Wenn wir wieder auf den Boden der Realität zurück kommen, dann schauen wir auf das Titelbild und sehen ganz banal die Innsbrucker Bahnhofshalle bei Nacht im Jahr 1957. Die Uhrzeit stimmt mit halb drei Uhr natürlich auch nicht, es ist nämlich laut Bahnhofsuhr erst 20:15 Uhr. Leider etwas verdeckt, aber trotzdem gut zu erkennen, ist das Fresko „Innsbrucks Geschichte“ von Max Weiler.

(Stadtarchiv/Stadtmuseum Innsbruck, GoNe-17632, GoNe-17631)
In meinen Teen- und Twen-Jahren habe ich mich oft genug weit nach Mitternacht, wenn ich nicht zu Hause in Dreiheiligen vor meinem Commodore 64 oder meinem Amiga saß oder in der 24-Stunden-Videothek am Leipziger Platz herumhing, in dieser tagsüber menschendurchtosten, doch spät nachts fahl neonbeleuchteteten, kioskdotierten und taubendurchfluteten Kathedrale des urbanen Grinds aufgehalten. Weil im Artikel von „der Wartehalle“ die Rede ist: Man vergisst gern, dass es noch eine zweite, in meiner Erinnerung architektonisch ziemlich idente und auch ungefähr gleich große zweite Halle gab, die 90° versetzt an diese angebaut war und zwischen Südtiroler Platz und Busbahnhof lag. Wenn mich die Erinnerung nicht trügt, waren beide Hallen durch eine Reihe verglaster Art-Deco-Schwingtüren miteinander verbunden.
Ab den 1990-ern kamen zu den Neonreklamen, von denen einige in den beiden Fotos zu sehen sind, noch einige stets halbkaputte, riesige frühe LED-Farbmonitore an den Hallenwänden dazu, die rucklige Werbe-Animationen zeigten und den atmosphärischen Eindruck von „Blade Runner für Arme“ noch deutlicher unterstrichen.
In positiver Erinnerung bleibt die hallengroße „Bahnhofsreste“ mit ihrem damals schon sehr antiquarischen Interior, ihren Samtkordeln, abgewetzten Teppichböden und dunklen plüschigen Ecken. Dort gab es unter anderem Schnecken und Zwiebelrostbraten, aber auch eine simple Currywurst.
Interessant ist auch, dass die Halle auf den Bildern hier schon genauso abgeranzt wirkt wie deutlich später in den 1980-ern und 1990-ern.
Ich glaub die Hallen waren am der Tag der Eröffnung schon grindig… Besonders ist mir auch der Zigarettenduft in Erinnerung, absolut unvorstellbar dass man vor 25 Jahren noch vollkommen selbstverständlich im Bahnhof rauchte! Irgendwie hab ich in Erinnerung dass die oben angesprochene 2. Halle offiziell „Ankunftshalle“ hieß; war hier mal eine Trennung der ankommenden und abfahrenden Passagierströme geplant? Ich fand ja die kleinere Halle noch grusliger als die große…