Fast aus der Stadt verschwunden
Keine Sorge, mit dem Titel dieses Beitrages ist nicht das Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum gemeint, auch nicht die Automobile (entgegen mancher Meinungen), richtigerweise aber die alten T-Kennzeichen. Was aber eigentlich gemeint ist, sieht man, wenn man auf die rechte Häuserzeile blickt. Dort ist ein ein Hinweisschild angebracht, das man in der Stadt mittlerweile zumeist vergeblich suchen wird: Metzgerei.
Erst vor kurzem kam ich mit Kolleg*innen bei einem Mittagessen auf das Thema zu sprechen und wir waren uns einig, dass es auf städtischem Gebiet kaum noch „richtige“ Metzgereien gibt. Dafür muss man fast schon in ländlichere Gegenden fahren, wie etwa nach Sistrans. Wobei ich diesbezüglich zugeben muss, dass selbst in ländlichen Gegenden die Zahl der Metzgereien stark abgenommen hat. Persönlich finde ich das sehr schade, gerade in Zeiten wo Qualität und Regionalität wieder in den Vordergrund gerückt sind.
Sollten wir mit unserer Meinung falsch liegen, dann dürfen Sie uns gern in den Kommentaren eines Besseren belehren.
(Stadtarchiv/Stadtmuseum Innsbruck, Ph-A-24648-9287-4)
Das Regionalitätsargument stimmt zwar, dennoch denke ich, dass mit einer Rückkehr der Metzgereien im Zuge der glücklicherweise langsam doch anlaufenden Rückkehr kleinteiliger Strukturen in der walkable city, auch bekannt als 15-Minuten-Stadt kaum zu rechnen ist, ganz einfach deshalb, weil Fleisch keine Zukunft hat. Es ist, abgesehen vom noch nicht zur Verfügung stehenden synthetischen Fleisch, einfach zu klimaschädlich.
Ich werde aber schon zufrieden sein, wenn aus der abgebildeten Straße endlich nicht nur die meisten, sondern alle Autos verschwunden sind und wieder menschliches und pflanzliches Leben (und kleine Läden) Einzug gehalten haben.
Auf dem Foto ist vieles drauf, was verschwunden ist, mit der Tiland sogar ein ganzes Eckhaus. Das Sporthaus okay ganz links unten ist auch seines Hauses verlustig geraten.
Und – ohne jetzt ins Telefonbuch zu schauen – gibt es noch Coiffeure mit Choiffeusen als Angestellte?
Das herrliche Obstgeschäft (mit der Markise) ist weg, obwohl es – mamma mia – kein Klimarisiko war, sondern weil die Menschen gerne grüne Bananen, eisenharte Pfirsiche und Erdbeeren, die noch nicht vom Stenegel gehen. essen…
Ebenfalls verschwunden die Institution Zach,die wesentlich zur Gletscherschmelze beigetragen hat, sowie Moden Fink, der wahrscheinlich auf dem warmen Gwand sitzengeblieben ist. Satiremodus aus.
Coiffeuse…
Am Schild steht „FINK HOSEN“ – mit Hosen (Schihosen / Keilhosen) ist der Schneidermeister Paul Fink (sen.) auch bekannt geworden. Es muss noch in den Fünfzigerjahren gewesen sein, als es hieß, dass der Fink jetzt seine eigene Schneiderei in der Wilhelm Greil Straße auf macht. Er war ja so wie ich und andere Teile unserer Familie Mitglied beim Peter Mayr Bund – in dieser Zeit wohl schon Peter Mayr Sport oder gar schon Sportvereinigung Tyrol – und so war es klar, dass wir unsere Keilhosen, Anzüge und Sakkos bei ihm schneidern ließen!
Wenn es stimmt was ich vermute, dass die Firma ins Eckhaus Maria Theresien Straße / Anichstraße übersiedelt ist, dann ist „Fink Hosen“ sicher nicht „auf dem warmen Gwand sitzengeblieben“!
Es hat noch eine Zeitlang ein Geschäft in der Rathauspassage gegeben. Ich nehme an, bis zur Pensionierung des Besitzers. Zum Zeitpunkt des Fotos war schon der freundliche Juniorchef im Geschäft. daneben sieht man schon das Firmenschild der früher nicht existenten Damenabteilung. Dazwischen war der kleine Schafwollladen.
Da muß ich doch ein bißchen richtigstellen: Der Schneidermeister Paul Fink war mein Onkel (der Bruder meines Vaters). Angefangen hat der Onkel Paul in den 50er Jahren in der Dreiheiligenstraße direkt rechts neben dem Kolping- später Forumkino. Ein winziges Ladele – 3 Stufen ging man hinauf – als Schneiderwerkstatt/“Einmannbetrieb“. Er war ein total fleißiger Mensch, hat Tag und Nacht gebuckelt und teilweise sogar auf dem Schneidertisch geschlafen. Richtig berühmt wurde er jedoch, als der Schah von Persien bei seinem Staatsbesuch 1960 seine Keilhosen bei ihm schneidern ließ. Ich kann mich noch sehr gut an das signierte Bild von Farah Diba erinnern, das dann in dieser Werkstatt hing. Erst viel später eröffnete er weitere Geschäfte in Seefeld und Innsbruck. Heute werden diese vom Pauli (meinem Cousin) und dessen Frau Carina nebst meiner Cousine Susi geführt. Onkel Paul ist leider schon verstorben.
Metzgereien im städtischen Raum gibt es zumindest noch in Mariahilf, Pradl und der Reichenau.
beim Zach gab es ein super Mittagessen zum kleinen Preis. Spitze die Koteletts mit Kartoffelsalat.
… und an guaten Fleischkas!
Der Zach war eine hervorragende Metzgerei. Und eine Anektote: Wir bekamen dort zu BSE-Zeiten trotz Verbots noch ein Kalbshirn für unsere 85jährige Schwiegermutter, allerdings unter der Budel, unter der Auflage, dass nur sie das essen darf. Und meine Kinder schwärmten immer von meinem Samstagsmenü, wenn meine Frau in der Schule war: Frankfurter mit Kartoffelsalat vom Zach.
Dieses Foto wäre vielleicht ein guter Anlass für eine Serie über die vielen verschwundenen Innsbrucker Metzgereien, um das alte Handwerk zu ehren.
Liebe alle, die sich gerne an fleischliche Genüsse Anno dazumal erinnern,
die Zeit hat sich geändert. Heute: zum Frühstück Wurstsemmel, mittags den aufgewärmten Braten vom Vortag, abends Steak…
Die Welt packt’s nimmer!
Der über 40ig jährige Vegetarier in mir fragt: wann gibt es eine Serie, die die Scharfrichter der Stadt ehrt? – Polemik aus!!!
Fast alle Leser*Innen hier stammen, so wie ich, aus einer Zeit, als Fleisch/Wurst noch etwas Besonderes war. Inzwischen ist dieses Bewusstsein abhanden gekommen, ein Plastiksackerl, ein Tierleben, der Nachbar… – alle „wuascht“
Entschuldigt bitte meine Moralpredigt, ich glaube einfach, dass dieses Thema nicht geeignet ist die gute, alte Zeit hoch leben zu lassen.
Lieber Herr Ritzenfeld, ich schätze Ihre Kommentare sehr, aber die im zweiten Absatz geschilderte Fleischorgie trau ich mich in das Reich der Phantasie einordnen zu dürfen.
Die größte, noch nie kritisierte Umweltsünde in Verbindung mit dem erhöhten (nicht ausschließlichen) Fleischkonsum ist die seit einigen Jahrzehnten eingeführte Silagekultur der Turbolandwirte, die es erst ermöglicht, mehr Vieh als nutzbaren Boden zu besitzen. Unmengen von Plastik für die Siloballen, und auch für die Silagemulden, dazu die Möglichkeit, die früher üblichen zwei Mahden, die dritte Herbstmahd, der Pofel, war nur bei günstigen Verhältnissen möglich, werden auf das Doppelte aufgestockt, der Kurzschnitt vernichtet alle nebenher wachsenden Blütengewächse vorzeitig, Die Schmetterlinge bleiben aus, die Hauptnahrung des Kuckucks, die Raupe, fehlt dadurch und mit ihr ein Charakteritikum der Klangkulisse des Frühjahrs, dazwischen wird Gülle, Gülle Gülle und Jauche, Jauche, Jauche versprüht, weil man im Verhältnis zur Wiesenfläche zu viel Vieh hat. Diese Überdüngung vertreibt auch die Feldhasen, die man früher oft beobachten konnte. Und – noch eins drauf – das Kurzgras macht sich selber zuwenig Schatten, der Boden trocknet viel zu schnell aus, schuld ist dann natürlich wieder die Klimaänderung und nicht der geldgierige Bauer.
Damit man den ganzen Fleischkrempel loswird, muß man die Massenproduktion billigst an die Supermärkte verscherbeln und die Privatmetzgereien ruinieren. Der Kreis schließt sich.
Im Übrigen hoffe ich, daß dieses schöne Stadtarchivforum unpolitisch bleibt. Ich bin sowieso ein Gegner der jetzigen Modeerscheinung, aus jeder privaten Meinung gleich eine Erziehungsberechtigung ableiten zu dürfen.
Danke Herr Hirsch für diese ausführliche Antwort. SIe sind auch sehr gut mit diesem Thema vertraut und tragen ähnliche bis gleiche Sorgen wie ich.
Und entschuldigen Sie und alle bitte meine gestrige Wortwahl. Ich wurde einfach zornig weil mich die Situation in der wir uns befinden einfach manchmal verzweifeln lässt. Auch ich genieße, dass dieses Forum weitestgehend frei ist von politischen Statements, ich möcht auch niemanden erziehen, doch eigenartigerweise scheint uns Älteren mehr bewusst zu sein, dass sich was ändern muss.
Achtsamkeit und Respekt sind, so finde ich, zu aussterbenden Tugenden geworden. Ich beobachte das mit Angst und nur um da mehr Sensibilität zu erzeugen, hebe ich manchmal, wenn ich fühle Gleichgesinnte zu erreichen, den Zeigefinger.
Niemanden möchte ich belehren und eine meiner Prämissen ist: jede/r tut alles so gut sie/er es weiß und kann. Alle machen Fehler, ich ändere etwas in meinem Leben wenn ich einen erkenne—so gut es ebne möglich ist.
Wenn ich einige der bisherigen Kommentare lese, schleicht sich bei mir ein ungutes Gefühl ein. In spätesten 30 Jahren wird man sicher die Ingenuin-Fischler-Straße umbenennen müssen. Er war schließlich Vater, Groß- und Urgroßvater von vielen Fleischverwertergenerationen in Hötting, Wilten und Dreiheiligen. Aber Ironie beiseite, lasst uns Alten doch noch ein wenig die Erinnerung an vergangene, damals noch eher seltene fleischliche Genüsse.
Die Umbenennung möge nie geschehen, da gibt es andere Straßennamen, die wirklich peinlich sind!
Und gerne auch einige meiner Erinnerungen: gebratene Leber mit Apfelscheiben und Zwiebelringen, Königsberger Klopse (kennt hier niemand, weil norddeutsch) oder einfach ein Speckbrot. Das waren Festtage! keine Alltage. Nur in diesem Sinne war mein Kommentar zu verstehen (bitte!).