Ein Foto, das Alles hat
Überraschenderweise hat mein Persil-Foto von gestern nicht viel Resonanz erzeugt. Ich probier es heute wieder.
Eigentlich sollte man dieses Foto einfach so stehen lassen und warten, was die verehrte LeserInnenschaft so alles entdeckt. Und das ist so Einiges:
x) Vermutlich die größte Taschenuhr Innsbrucks.
x) Das erste Mal, dass wir das defintive Ende einer Bahnstrecke sehen.
x) Ein Verhältnis zwischen Hüten und Köpfen von ca. 1:1.
x) Eine Häuserzeile mit schwebenden Mäntel und Jacken auf beiden Seiten.
x) Die seltsamste Führung einer Regenrinne – wenn ich es richtig sehe.
Ich bin sicher, dass Sie noch viel mehr entdecken und dieses – hoffentlich – mit uns teilen. Der Ort der Aufnahme ist in diesem Fall eigentlich gar nicht so wichtig. Aber da es die einzige Stelle in Innsbruck ist, die (bis heute) sehr ähnlich so aussieht und wir alle schon oft dort waren, ist es auch kein Geheimnis.
Auf eine tragische Tatsache muss allerdings noch hingewiesen werden: Auch wenn es auf diesem Foto nicht nachweislich ist, wird bei anderen Aufnahmen aus dieser Serie eines klar: Bei diesem recht großen Bauprojekt wurden auch Kinder oder Jugendliche als Bauarbeiter eingesetzt.
(Stadtarchiv/Stadtmuseum)
Ein herrliches Foto, bei dem man wunderbar in Nostalgie schwelgen kann, vielen herzlichen Dank!
Hier in der Leopoldstraße fuhr ja bekanntlich die Straßenbahn an einer ziemlich engen Stelle. Dazu ist folgende Anekdote überliefert:
Als man 1909 die Einführung des 7½ – Minuten – Taktes in Erwägung zieht, protestieren etliche Haus – und Geschäftsinhaber in der Engstelle Leopoldstraße, da ihre Läden beim Vorbeifahren eines Zuges jedesmal finster werden. Tempi passati!
Auf der anderen Straßenseite sieht man den Laden des Franz Heichlinger. In den Innsbrucker Nachrichten vom 1. Oktober 1914 findet sich die Annonce:
„Bester Schutz fürs Feld
Wildleder-Unterhosen à 30 Kronen.
bei Franz Heichlinger, Handschuhmacher
Leopoldstraße 32.“
Es ist nicht ganz eindeutig erkennbar, ob diese Unterhosen für die Soldaten im Felde oder die Landwirtschaft gedacht sind.
Der schöne Beruf des Säcklers ist ja inzwischen ziemlich ausgestorben.
Am 2. Jänner 1915 findet sich diese Annonce in den Innsbrucker Nachrichten:
„Lederwäsche für Soldaten und Kranke
Unterhosen von 30 Kronen an
Unterleibchen von 35 Kronen an
Franz Heichlinger, Säckler
Leopoldstraße 32
Bester Schutz für Wind und Kälte, Gicht und Rheumaleidende.“
Die Unterhosen aus Wildleder waren also in der Tat ein zeitgemäßes Accessoir für den komfortbewussten Soldaten.
Die Taschenuhr gehört zum Laden des Max Frick.
Dazu folgende Annonce von 1902:
„Die besten und billigsten Uhren
bekommt man bei
Max Frick
Uhrmacher
Wilten, Leopoldstraße 23.
Filiale:
Hall Pfaffenbühel 174.
Reparaturen und alle einschlägigen Ar-
beiten werden prompt und billigst aus-
geführt“
Man liegt nicht weit daneben, wenn man auf Grund des Sonnenwinkels den Zeitpunkt der Fotografie Mitte April oder richtiger wegen des Laubbaums Ende August um die Mittagszeit ansetzt. Die größte Taschenuhr Innsbrucks blamiert somit ihren Besitzer 120 Jahre später immer noch . Billigste Reparatur eben.
Auch eine stehengebliebene Uhr geht zweimal am Tag richtig, möchte man fast meinen.
In der Andreas-Hofer-Straße gab es neben dem Gasthof Pinzger interessanterweise noch so eine Reklameuhr:
https://innsbruck-erinnert.at/in-san-gimigniano-dei-poveri/
Auis dem Photo kann ich keine Kinderarbeit erkennen. die abgelichteten Kinder halte ich für Kiebitze, die in Ermangelung eines Smartphones halt so die Zeit totschlagen