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Die Tiroler Alpenjäger In Eisenstadt

Die Tiroler Alpenjäger in Eisenstadt

Gestern vor 100 Jahren endete die Volksabstimmung in Ödenburg/Sopron zugunsten eines Verbleibes bei Ungarn, womit das neu geschaffene österreichische Bundesland seiner geplanten Hauptstadt verlustig ging. Im Allgemeinen Tiroler Anzeiger wurde jene Stadt etwas näher vorgestellt, die in der Folge zur Hauptstadt des Burgenlandes werden sollte. Abgesehen von den Sehenswürdigkeiten „macht Eisenstadt mit seinen holperigen Gassen und kleinen Häusern den Eindruck eines ein­fachen Landstädtchens. Der trommelnd durch die Stra­ßen ziehende, die Stadtneuigkeiten verkündende Ge­meindediener erinnert an längst vergangene romantische Zeiten, die Preise in Gast- und Geschäftshäusern mah­nen an die glorreiche Gegenwart.“

Das mediale Interesse am neuen Bundesland hing in diesem Fall damit zusammen, dass das Österreichische Bundesheer zwecks Landnahme und Sicherungszwecken im Burgenland einmarschierte und im Zuge dessen von Ende November bis Mitte Dezember 1921 auch Tiroler Alpenjäger dort stationiert waren. Der Allgemeine Tiroler Anzeiger brachte am Weihnachtstag eine ausführliche Würdigung, um nicht zu sagen Selbstbeweihräucherung, der braven Tiroler. Die lokale Bevölkerung freute sich „daß sie in ihren Häusern alpenländische Truppen beherbergen können und allenthalben konnte man in Eisenstadt das Lob der Alpeniäger hören. ‚Ja, die Tiroler sind brave Leute‘, wurde mir wiederholt versichert und wenn es zu Zwischenfällen kam, so konnte man beobachten, wie die Einheimischen die Tiroler in Schutz nahmen und für sie Partei ergriffen.“ Über die Natur oder Zahl der Zwischenfälle wurde vorsorglich der Mantel des Schweigens gehüllt.

„Durch zwei Dinge haben sich die Tiroler bei den Ei­senstädtern besonders ‚eingeweinberlt‘: durch Abhaltung eines feierlichen Gottesdienstes am 8. Dezember und durch Veranstaltung eines ‚Tiroler Abend‘,“ erklärt der anonyme Autor des mit 17. Dezember datierten Berichts. Tirol für Gott und Vaterland, sozusagen.

„Freilich war es kein parademäßiges Aufmarschieren zum Gottesdienst am Marienfeiertag, wie es etwa die Ostenburgtruppen in Eisenstadt gehalten haben; es war niemand gezwungen, sondern die Teilnahme vollständig freigestellt, Aber freiwillig kamen sie, zahlreich kamen sie, Offiziere und Wehrmänner, zur festgesetzten Stunde in die geräumige Franziskanerkirche und bezeugten durch ihre freiwillige Teilnahme, daß sie sich nicht scheuen, Gott die Ehre zu geben. Auch Zivilbevölkerung fand sich ein und alle lauschten den weihevollen Chören der Alpenjä­ger-Sängerschar, die unter Leitung des Major Friedrich die deutsche Schubert Messe in mustergültiger Weise zum Vortrag brachte. Ein Violin-Solo von Seite des Ober­leutnant Stoffier erhöhte die Feierlichkeit. Kein Wunder, wenn die Achtung der Eisenstädter vor der Tiroler Wehrmacht stieg, die sich nicht scheut, ihrem religiösen Empfinden in so schöner Weise Ausdruck zu verleihen.“

Beim „Tiroler Abend“ der am 14. Dezember im Kinosaal veranstaltet wurde, war es „ein geistiger Ge­nuß, die frischen Gesangsvorträge anzuhören“ und auch die übrigen musikalischen und schauspielerischen Darbietungen wurden als sehr gelungen gelobt. „Es war jeder Spieler bei der Sache und man merkte, daß das, was er uns bot, aus seiner urwüchsigen, gemütsreichen, schelmischen Tiroler-Natur hervorging. Die alles gleichmachende Bluse wurde ausgezogen und der frische, echte Tirolerbua stand vor uns und erfreute uns durch Vorträge in Tiroler Mundart, durch Guitarre und Zither-Vorträge, durch Original Tiroler Schuhplattler, durch ein herziges Duett, wie durch Tiroler Figurentänze.“

Die west-östliche Völkerverständigung mittels Kirche und Kultur war offenbar ein voller Erfolg. „Als am nächsten Tag die Tiroler wieder von Eisenstadt abmarschieren mußten, wurde den Eisenstädtern der Ab­schied schwer und aus dem Spital kam sogar eine De­putation mit dem Prior an der Spitze zum Kommando mit der Bitte, man möge wenigstens die Sanitätler zur Krankenpflege im Barmherzigenspital zurücklassen, denn ‚dies seien brave, ordentliche Leute und man wisse nicht, was nachkomme.‘

Das neuen Bundesland wurde im übrigen 10 Jahre später durch die Benennung der „südlich des ehemaligen Garnisonsspitales gelegene[n], im rechten Winkel zur Dr.-Glatz-Straße verlaufende[n], bisher noch unbenannte[n] Straße“ in „Burgenlandstraße“ in der Innsbrucker Stadtlandschaft verewigt. (ATA, 28.8.1931, S.5)

(Stadtarchiv/Stadtmuseum Innsbruck, Ph-18526: Alpenjäger am Rennweg, undatiert)

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