Die Artillerie seiner Majestät
In den Beständen des Stadtarchivs finden sich zahllose Fotos und Postkarten von den schweren Geschützen der k.u.k. Armee im Ersten Weltkrieg. Unter ihnen gibt es jedoch eines, das auffallend häufig abgebildet wurde – der 30,5 cm Mörser.
Der Mörser war ein Produkt der Škoda-Werke, die 1906 den Auftrag zum Entwurf eines neuen Mörsers mit diesem Kaliber bekamen. Es war nicht zuletzt die Antwort auf den Festungsbau des Königreich Italiens an dessen nördlicher Grenze, dem man mit besseren Geschützen begegnen wollte. 1909 konnte Škoda den ersten Prototyp vorstellen, der umgehend vom k.k. technischen und administrativen Militärkomitee erprobt wurde. Nach der Ausbesserung der dabei festgestellten Kinderkrankheiten wurden im September 1912 acht Exemplare an die k.u.k. Armee geliefert, bis zum Juli 1914 verfügte sie über 24. Bei Kriegsausbruch waren sie die modernsten Stücke der kaiserlich-königlichen Artillerie. Einige wurden der deutschen Armee für ihre Offensive durch Belgien zur Verfügung gestellt und kamen u.a. bei der Belagerung von Namur zur Verwendung.
Während des Krieges wurde eine modifizierte Version entwickelt, die an der Isonzo-Front erfolgreich erprobt wurde. Dort malte auch Albin Egger-Lienz ein Bild des Mörsers, welches vom Präsidenten der Škoda-Werke angekauft wurde.
Postumschlag mit einer Granate des 30,5 cm Mörsers, der Fahne des Deutschen Kaiserreichs und Österreich-Ungarns und dem vor Optimismus sprühendem Schriftzug „Wir werden’s schon machen“ (Sommer-11-85_v)
(Signatur Sommer_20_6)
Vielleicht bin ich (sprachlich) zu sensibel, auch fehlt mir, dank Untauglichkeit, die „Krieg muss (manchmal) sein“ Mentalität: ABER zu Zeiten eines Krieges in Europa und in Betracht der Tatsache, dass im 1· Weltkrieg 10 Millionen Soldaten getötet wurden, oder um es drastischer zu formulieren „erbärmlich verreckt“ sind, finde ich die Formulierungen „kam in der Belagerung von Namur zur Verwendung“ – die Stadt und nicht nur die Forts wurden zerstört – und „an der Isonzo Front erprobt“ (ca 40·000 tote italienische Soldaten) sehr unreflektiert, bzw. verharmlosend.
Vielen Dank für Ihren Kommentar. Sie haben natürlich recht, dass unsere Sprache, wenn es um den Krieg geht mit Euphemismen gespickt ist – ein Soldat stirbt nicht, er „fällt“; eine Einheit wird nicht abgeschlachtet, sondern „aufgerieben“ etc.
Es ging mir um diesen Artikel, sowie dem folgenden, der heute online geht, nur um einen kurzen geschichtlich/technischen Abriss zu diesem Geschütz, ich denke das brutale Vorgehen der deutschen Armee in Belgien und die Schrecken der Isonzo Front sind den Leser*innen bekannt, aber es stimmt, man hätte es an dieser Stelle erwähnen sollen.
Einige der besten Zeilen zu diesem Thema stammen meiner Meinung nach bereits aus dem 16./17. Jahrhundert, aus dem Stück Henry V.:
KING HENRY V (disguised)
I dare say you love him not so ill, to wish him here
alone, howsoever you speak this to feel other men’s
minds: methinks I could not die any where so
contented as in the king’s company; his cause being
just and his quarrel honourable.
WILLIAMS
That’s more than we know.
BATES
Ay, or more than we should seek after; for we know
enough, if we know we are the kings subjects: if
his cause be wrong, our obedience to the king wipes
the crime of it out of us.
(Diesen Satz würde man heute wahrscheinlich allerdings anders sehen)
WILLIAMS
But if the cause be not good, the king himself hath
a heavy reckoning to make, when all those legs and
arms and heads, chopped off in battle, shall join
together at the latter day and cry all ‚We died at
such a place;‘ some swearing, some crying for a
surgeon, some upon their wives left poor behind
them, some upon the debts they owe, some upon their
children rawly left. I am afeard there are few die
well that die in a battle; for how can they
charitably dispose of any thing, when blood is their
argument? Now, if these men do not die well, it
will be a black matter for the king that led them to
it; whom to disobey were against all proportion of
subjection.
(Für wie überzeugend man die Antwort des verkleideten Königs hält, sei dahingestellt:)
KING HENRY V
So, if a son that is by his father sent about
merchandise do sinfully miscarry upon the sea, the
imputation of his wickedness by your rule, should be
imposed upon his father that sent him: or if a
servant, under his master’s command transporting a
sum of money, be assailed by robbers and die in
many irreconciled iniquities, you may call the
business of the master the author of the servant’s
damnation: but this is not so: the king is not
bound to answer the particular endings of his
soldiers, the father of his son, nor the master of
his servant; for they purpose not their death, when
they purpose their services. Besides, there is no
king, be his cause never so spotless, if it come to
the arbitrement of swords, can try it out with all
unspotted soldiers: some peradventure have on them
the guilt of premeditated and contrived murder;
some, of beguiling virgins with the broken seals of
perjury; some, making the wars their bulwark, that
have before gored the gentle bosom of peace with
pillage and robbery. Now, if these men have
defeated the law and outrun native punishment,
though they can outstrip men, they have no wings to
fly from God: war is his beadle, war is vengeance;
so that here men are punished for before-breach of
the king’s laws in now the king’s quarrel: where
they feared the death, they have borne life away;
and where they would be safe, they perish: then if
they die unprovided, no more is the king guilty of
their damnation than he was before guilty of those
impieties for the which they are now visited. Every
subject’s duty is the king’s; but every subject’s
soul is his own. Therefore should every soldier in
the wars do as every sick man in his bed, wash every
mote out of his conscience: and dying so, death
is to him advantage; or not dying, the time was
blessedly lost wherein such preparation was gained:
and in him that escapes, it were not sin to think
that, making God so free an offer, He let him
outlive that day to see His greatness and to teach
others how they should prepare.
Ich hätte auch anders getitelt. „Zu Männern ausgewachsene Buben schmeißen für die Familie Skoda das Geld mit vollen Händen zum Fenster hinaus und lassen sich für einen angeblich Adeligen totschießen „.
Das nächste paneuropäische Hurragebrüll, jetzt auch mit Sopranstimmen gemischt, läßt sich schon da und dort zwischen den Zeilen der Zeitungen herauslesen. Wieder werden wir gegen unseren Willen als erste zurückschießen müssen. Feind haben wir uns schon herbeigereizt. Vorher aber noch Feldmesse mit Waffensegnung.
Ich möchte Herrn Permanns Kommentar zum Anlaß nehmen meinen eigenen, ohnehin 110 Jahre zu späten Kommentar etwas zu entschärfen. Die „Buben“ sind alle nicht gefragt worden, und den zweiten Absatz hab ich nicht geschrieben, paßt nicht hierher.
Ich bin halt der selbe Antimilitarist, als den ich den Herrn Theiss einschätze, und ich schiele immer auf die neutralgebliebenen Länder Schweiz und Schweden, die ihr ganzes Kanonengeld in Wohlstand und Infrastruktur gesteckt haben.
Kurz noch zum Thema zurück, mit einer kleinen Verdachtsäußerung, ob nicht die bestechende Logik, wenn der Nachbar Festungen baut, dann muß man einen Mörser zum zusammenschießen haben, von einem klinkenputzenden Skoda selber stammt.
Und jetzt schön Shakespeare lesen, morgen soll angeblich stichprobenartig geprüft werden.