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Des Kaisers Neue Steuern

Des Kaisers neue Steuern

Hier zu sehen ist ein Steuer-Mandat Leopolds I. – zur etwas flüssigeren Lektüre ist unten ein Transkript, wobei die Rechtschreibung des frühen 18. Jahrhunderts noch vielleicht eine kleine Hürde darstellt (neben dem schweren Mangel an Punkten der damals anscheinend herrschte). Wer hätte gedacht, dass man sich über die Rechtschreibung freuen könnte? Vielleicht könnte man bei Schülern die Begeisterung für diese ansonsten so trockene Thematik entzünden, wenn man sie Texte lesen ließe, in dem dasselbe Wort mehrmals anders geschrieben vorkommt.

Leopold, von Gottes Gnaden römischer Kaiser, König von Ungarn, Böhmen, Kroatien und Slawonien – und so weiter, Sie sehen ja – beklagt sich hier bitterlich über das mangelnde Steueraufkommen in Tirol. Mit den „heutigen höchsten Necessiteten“, von denen er hier spricht, ist der spanische Erbfolgekrieg gemeint, der zur Zeit der Ausstellung bereits drei Jahre wütete. Er weist dabei darauf hin, dass man „an denen Steuer-Hinderständen ein Nachlaß bey jungst erlessenen Land-Tag verwilliget“ hatte, und er daher erwartete, dass verbleibenden Steuern aber nun auch voll bezahlt werden und auch nicht wieder irgendwo versickern würden.

(Signatur Akt-5099)

Wir Leopold von Gottes Genaden Erwöhlter Römischer Kayser / zu allen Zeiten Mehrer des Reiches in Germanien / zu Hungarn / Boheimb / Dalmatien / Croatien / und Sclavonien König / Erz-Herzog zu Oesterreich / Herzog zu Burgund / Steyer / Kärndten / Crain und Würtenberg / Graff zu Tyrol und Görz /

Entbieten allen und jeden vor-und nachgesetzten Obrigkeiten und Beambten / nicht weniger einer Ehr-samben Landschaft Steuer-Einnehmeren und gesambten Unseren Unterthanen der Fürstlichen Graffschafft Tyrol Unser Gnad und alles Gutes / und geben anbey Allergnädigst zuvernemmen / welchermassen Uns mißfällig zuverstehen gegeben worden / daß von einer Zeit hero die Landschaft-Steuern / so wohl an ordinari als extra, theils Orths schlecht / in theils Stadt und Gerichten gar nit eingehen / wardurch dem Publico bey heutigen höchsten Necessiteten / wo das Hayl deß Vatterlandes in gröster Gefahr stehet / ein unwiederbringlicher Schaden zuwachset / dahingegen der richtige Steuer-Erlag umbso mehrers vonnöthen / als man zu Verschonung des durch die bißherig schwere Zufall ohne das betrangten Unterthans durch Landtschafftliche Anlechen die zur Bestreitung der über grossen Kriegs-Ausgaben erforderliche Gelter zum Theil auffzubringen / mithin die nachkommende (denen eben so wohl das Vatterland erhalten würdet) mitbezahlten helffen zulassen resolvirt hat / in den Abgang das Landschafftlichen Weesen / und hauptsächlich der Credit, als eintziges Medium bey disen äussersten Feinds-Gefahren die weitere Defension vorkehren zu können / nothwendig verfallen müste. Wann also an richtiger Steuer-Raichung / Vermittelst deß erhaltenden Credit, und dadurch füglicher auffbringender Geldter / die Rett- und Erhaltung deß Vatter-Lands vornemblichen hafftet / könnten Wie Gnadigist nit glauben / daß der gethreue / und zu seinem grossen nach Ruhm tapffer-muthige Unterthan von selbsten den in Gegenstand augenscheinlich bevorstehenden untergang zu gehen / sondern vilmehr in auffrechten Stand weiters erhalten zu werden antragen: Einfolglich jedermanniglichdahin bedacht senn werde / daß die Landschafftliche so genannte ordinari- und extra- Steuer-Termin richtig abgeführt / und zu der Steuer-Einnehmer Handen gestellet werden / umb so mehrers / als bereits dem Lands-Unterthan zu seiner etwas besseren Erholung an denen Steuer-Hinderständen ein Nachlaß bey jungst erlessenen Land-Tag verwilliget / und mithin die Hoffnung gemacht worden / daß die Rest und fürdershin fallende ordinari- und extra- Steuren richtiger eingehen / und wie gehört / das periclitiertende Publicum von gänzlichen Ruin desto leichter errettet werde Solchemnach ist hiemit Unser Gnädigist gemessen und ernstlicher Befelch / daß Männiglich / Geist-und Weltlich / hoch-und nideren Stands / Reich-und Arm die schuldige Land-Steuren vor allem entrichten: sich davon auff keinerley Weiß / es seye unter was Vorwand es immer wollte / aufziehen / allermassen einiche Exception oder Compensation allda nit stat finden solle; und zumahlen man wahrgenommen / daß theils Obrigkeiten an ihrer Schuldigkeit und Fleiß es in deme erwinden lassen / daß an etlich Orthen gar kein Steuer-Register außgeschriben: anderer Orthen aber die durch die Steuer-Treiber eingebrachte Steuer-Gelter nicht denen Landtschäftlichen Steuer-Einnehmeren / oder an jenes Orth / wohin sie gehöret verwendet worden; Hieran aber gar übel und unverantwortlich geschehen / also würdest dieser ungebührliche Vor-und Eingriff in die Landtschafftliche Gesöll denen / so daran Theil haben / mit Beyruckend dieser ganz ernstlichen Commination verwisen / daß wann ein oder anderer nachgesetzte Obrigkeit in Außschreibung der Steuer-Register saumbig senn / man bey selber in particulari den Schaden / oder da das eingehende Steuer-Gelt zu anderwärtigen Stadt- und Gerichts-Nothdurfften distrahiert wurde / nebst unvermeidenlicher Straff die Ersetzung bey denen Vorstehern und Außschüssen / oder wer sonst mit Rath und That darbey interessiert, sambt und sonders suchen werde. Das hero sich Männiglich vor Schäden und Straff zu hütten / und disem Unseren Gnädigisten Willen gestracks nachzukommen wissen würdet. Geben zu Ynsprugg, den 10. April 1704.

(Signatur BI-0070)

Dieser Beitrag hat 2 Kommentare
  1. Früher war alles besser! Da waren sogar die Steuergesetze wahre Kunstwerke der Buchdruckerkunst und von musealer Qualität!

    Die heutigen Steuergesetzbücher halten auf Grund der schlechteren Papierqualität wohl auch keine 300 Jahre!

  2. Ein Jahr zuvor fielen 1703 die bayerischen Truppen des Kurfürsten Max II. Emanuel auf Grund des Spanischen Erbfolgekrieges 1703 in Tirol ein. Als Dank für die Vertreibung der Feinde am Annatag gelobten die Landstände 1704 die Errichtung eines Denkmals, eben die weltberühmte Annasäule, welche ja eigentlich eine Mariensäule ist.

    Die Annasäule dürfte insbesondere in den Fotoalben chinesischer Urlauber, welche vor Corona die Altstadt und die Maria-Theresien-Straße begeistert besuchten, sehr verbreitet sein 😉

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