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Der Stargeiger Váša Příhoda Zu Gast In Innsbruck

Der Stargeiger Váša Příhoda zu Gast in Innsbruck

Váša Příhoda wurde am 22. August 1900 in Vodňany (Tschechien) geboren. Den ersten Geigenunterricht erhielt er von seinem Vater. Mit zehn Jahren wurde er Privatschüler von Jan Marák, der Professor am Prager Konservatorium war. Bereits drei Jahre später gab Váša Příhoda sein erstes öffentliches Konzert im Prager Mozarteum. Als Wunderkind gefeiert, schaffte er bald den Sprung zum internationalen Star und begab sich 1919 und 1920 auf große Auslandstourneen, die ihn bis nach Argentinien, Brasilien und in die USA führten. Auch in Europa waren seine Konzertauftritte sehr gefragt. Als ein Auftritt Váša Příhodas in Innsbruck angekündigt wurde, dürfte das für viele ein außergewöhnliches Ereignis gewesen sein.

Für das Konzert in Innsbruck wurde auf jeden Fall kräftig die Werbetrommel gerührt. In den Innsbrucker Nachrichten vom 2. Dezember 1927 erschien zum Beispiel folgende Veranstaltungsmeldung, in der der Künstler mit dem Geigenvirtuosen Paganini verglichen wurde: „Konzert Vasa Prihoda am 14. Dezember Im großen Stadtsaal. Der Konzertdirektion Edgar Lewis ist es nach jahrelangen Bemühungen gelungen, den größten Virtuosen der Geige, Vasa Prihoda, ein Phänomen, der von der Kritik übereinstimmend als ein neuer Paganini bezeichnet wird, für ein Konzert in Innsbruck zu gewinnen. […].“

Einen Tag später berichteten die Innsbrucker Nachrichten erneut über das Konzert, das einige Tage später stattfinden sollte. Váša Příhoda wurde in diesem Artikel erneut als neuer Paganini angekündigt und die abgedruckten begeisterten Kritiken der deutschen Presse dürften alle Skeptiker davon überzeugt haben, dass ein wirklich großes musikalisches Ereignis bevorstand:

Auch das Ausstellungsplakat, das als Titelbild dieses Artikels dient, ist ziemlich auffällig gestaltet: Ein Foto des Künstlers mit seiner Geige nimmt fast die Hälfte der Fläche ein. Der Textteil ist wegen der in kräftigem Rot gehaltenen Schrift kaum zu übersehen.

Das Publikum im ausverkauften Stadtsaal war von dem Vortrag des Stargeigers begeistert. Nur Dr. Hermann Gerhardinger fand, wie in seiner ausführlichen Konzertkritik, die am 19. Dezember 1927 in den Innsbrucker Nachrichten erschien, nachzulesen ist dann doch ein „Haar in der Suppe“. Zwar überzeugte ihn die Technik des Geigers, mit der Interpretation der Musikstücke war er aber nicht ganz zufrieden. Er beklagte eine „Amerikanisierung“ der Vortragsweise und „ein mehr äußerliches als innerliches Verbunden sein“ mit der Musik: „Knapp vor Weihnachten, zum Ende des ersten Abschnittes der heurigen Konzertsaison, die schon ausnehmend viele leere und halbleere Konzertsäle gesehen hat, den großen Stadtsaal bis aus den letzten verfügbaren Platz, das Podium mit inbegriffen, zu besetzen, das konnte nur der Anziehungskraft eines berühmten Namens gelingen. Der Ruhm Vasa Prihodas des jungen tschechischen Geigers, brachte es im Vereine mit der Rührigkeit der Konzertdirektion Edgar Lewis fertig. Man las in den Voranzeigen von einem zweiten Paganini und wirklich übersteigt Prihodas Kunst in allem Manuellen des Geigerischen sämtliche Vorstellungen. Nirgends gibt es einen Versager, die ausgesuchtesten Schwierigkeiten auf dem Griffbrett und in der Bogenführung erscheinen bei ihm wie ein Kinderspiel. Auch schon rein physisch genommen ist Prihodas Leistung ein Unikum: zwei Stunden lang die anstrengendsten und allerschwierigsten Stücke der Violinliteratur zu spielen, ohne daß eine Ermüdung der Gelenke und ein Nachlassen der psychischen Spannkraft bemerkbar wäre, macht ihm wohl kaum ein zweiter Geiger nach. Sind also alle die hochgespannten Erwartungen, die dem Künstler vorausgegangen waren, in der Tat erfüllt worden? Wenn man an einen Instrumentalkünstler von höchster Virtuosität denkt, bei dem die Beherrschung des Materiellen seiner Kunst einzig dasteht, – dann ja! Und sonst? Vergleiche sind immer gefährlich. Denn Phänomene wie Paganini (auch Franz Liszt ist in diesem Zusammenhange zu erwähnen) sind und bleiben subjektiv und objektiv etwas Einmaliges, Originäres. Jeder, der in Dingen der Musikgeschichte auch nur einigermaßen bewandert ist, fühlt instinktiv die mangelnden Voraussetzungen für solche Königskürungen, die kulturhistorisch bedingte Verschiedenheit der Einstellung zu Fragen der Kunst zur damaligen und in unserer Zeit. Die Folge? Man wird skeptisch. – Dann ferner: Wie steht es bei Prihoda im Wesentlichen, im spezifisch Musikalischen? Wie stellt er sich innerlich zu den reproduzierten Werken? Prihoda spielte Tartinis Teufelstriller-Sonate, die übrigens auch ohne die Degradation, die sie durch ihr« Erklärung zum Typus des Virtuosenstückes erfahren hat, zu den Perlen der altitalienischen Violinliteratur gehört, dann das D-Dur-Konzert von Paganini und schließlich Wieniawskys Faust-Fantasie, dazwischen Bearbeitungen (Tartini-Kreisler. Beethoven-Auer) und eine eigene Komposition (der Geiger Prihoda ist mir übrigens lieber als der Komponist), der Mehrzahl nach also Werke, bei denen das Miterleben und Mitfühlen des Spielers über das Virtuose hinaus nur schwer zu erkennen war. Aber gerade bei den wenigen Werken, denen nicht nur technisch beizukommen war, sondern die doch, zu allererst ihrem geistig-gedanklichen Gehalte gemäß aufgefaßt und interpretiert, den Gipfelpunkt des Abendes zu bilden gehabt hätten, zeigte sich – das Wort widerstrebt bei einem so großen Künstler – eine Amerikanisierung im Vortrage, die auf ein mehr äußerliches als innerliches Verbundensein mit so hoher Musik schließen ließ. Der großen Menge schien das gleichgültig zu sein. Der Jubel war groß, der Beifall außerordentlich (an ihm nahm auch der feine Begleiter Charles Cerné teil) und es gab eine ganze Reihe von Zugaben. Also doch der neue Paganini? Nein, aber eine Größe, mit der bekannt geworden zu sein, mehr als interessant war, wenn auch an diesem Abend das rein Technische, Virtuose vorwog, das doch eigentlich nur Mittel zum Zweck sein sollte! Dr. Hermann Gerhardinger.“

1930 heiratete Váša Příhoda die jüdische Geigerin Alma Rosé mit der er auch zusammen auftrat. Bereits fünf Jahre später folgte die Scheidung. Alma Rosé starb 1944 im Konzentrationslager Ausschwitz.

Váša Příhoda nahm einige Platten auf und spielte 1935/36 in den Filmen „Die weiße Frau des Maharadscha“ und „Una donna tra due mondi“ mit. Danach gab er nur noch wenige Auftritte und widmete sich vermehrt seiner Lehrtätigkeit. Ab 1936 war er im Mozarteum Salzburg, ab 1942 an der Musikakademie in München und ab 1950 an der Musikakademie in Wien tätig. Am 26. Juli 1960 starb er in Wien an einem Herzleiden.

(Stadtarchiv Innsbruck, Pt-101)

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