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Der Quasi-Bürgermeister – Teil 5

Der Quasi-Bürgermeister – Teil 5

Die Igler Bergweihnacht feiert heuer einen halbrunden Geburtstag. Vor 65 Jahren hat sie Hannes Hundegger ins Leben gerufen. Wie alles begann, schilderte er im September 1957 ausführlich Dr. Rudolf von Granichstaedten-Czerva (1885-1967), dessen Publikationen zur Tiroler Landesgeschichte vermutlich den meisten LeserInnen bekannt sein werden. Mit unermüdlichem Eifer, viel Geschick und tatkräftiger Unterstützung der Lehrerin Elisabeth Konschegg gelang es Hannes Hundegger einen besonders stimmungsvollen Christkindleinzug zu gestalten. Aber lesen Sie selbst:

„[…] Erstmalig habe ich letztes Weihnachten einen Christkindleinzug durchgeführt. Die Hotelerie war an mich herangetreten, ich sagte zu, war mir aber gleich im Klaren, dass ich kein Schauspiel geben werde, sondern dass es eine Weihefeier werden muss, die den verhetzten [sic] Grosstadtmenschen wieder einmal an die Weihnacht erinnert. Dies ist mir gelungen. Ich glaube es war so ziemlich die einzige Sache seit 1945 von an der alles, Gross und Klein, Jung und Alt begeistert war, die wenigen Fremden mit denen ich mich unterhalten konnte, waren hellauf begeistert. Die Vorbereitungen waren allerdings groß und mühevoll. Bei den letzten der 60 Paar Engelflügel, die [ich] aus Karton ausschnitt, hatte ich um die Finger Lappen gewickelt, da ich vor aufgebrochenen Blasen [an] allen möglichen Stellen blutete. Dann bastelte ich nach einem alten Muster aus einem Viller Dachboden 25 Holzlaternen für die Hirten. Für die Engelen machte ich an 30 Kreuzstäben, zusätzlich verschiedene Arten von Kraxen auf denen die Hirten ihre Gaben zum Christkindl brachten. Da ich den ganzen Zug nach Bachlechnerart, also rein Tirolerisch gestaltete, brauchten die Buben auch Trachtenhütte. So habe ich mich halt an die Hutmacherei gemacht, habe ein Modell nach Art unserer Schützenhüte gedrechselt und dann alte, gesammelte Herrenhüte, die ich in kochendes Leimwasser getaucht hatte, darüber geformt. Nach wochenlanger Tage- und Nachtarbeit wurde alles programmgemäß fertig. Am letzten Tag musste ich noch nach Innsbruck von Baumeister Mayr das Esele holen.
Am 23. [Dezember 1956] um 1/2 6 Uhr abends, also schon im Dunklen, begann der Einzug. Voraus ein Nachtwächter mit Laterne, Heleparde [sic] und Hund. Dahinter, so wie überall, wo es etwas zu sehen gibt, ein Schüppl Hirtenbuben, dann kam der Glorienengel mit Begleitung, mit abgestimmten Glöcklein läuteten sie die Weihnacht ein. Dann kamen die Hirten, einer mit einem Schafl auf der Schulter, der andere mit der Kopfkraxen, wieder ein anderer mit einer gewöhnlichen Kraxe, darauf eine Steige mit zwei Hennen darin, ein anderer mit einer Ente unter dem Arm, dann kam eine Grupe Schafln, als ein[z]ige Erwachsene führte die Bröller-Moidl ihre zwei Ziegen mit. Eine recht innige Gruppe bildete ein Mädchen als Mutter mit ihren zwei Kindern von denen das kleinere an der zweiten Hand vom Schutzengele geführt wurde. Dann kam der Christkindlwagen. Ein kleiner Wagen mit Stroh bedeckt, mittendrinnen sass die Gottesmutter mit dem Kindl am Arm, das Esele führte ein alter Hirte, St. Josef schritt nebenher. Beleuchtet war der Wagen durch ins Stroh eingebettete Scheinwerfer, die ich von der Feuerwehr geliehen hatte. Dahinter kam der Zug der Engel. Die Engel hatte mir die Lehrerin, Frl. v. Konschegg, eingekleidet, teilweise in zusammengebettelten Trikothemden und Unterröcken, die sie mit viel Kunstsinn umgearbeitet hatte.
So zog der Zug von der alten Schule weg durch den Ort in Richtung Tirolerhof, wendete und kam wieder zurück zum Platz vor unserem Büro. Dort steht zur Weihnacht ein beleuchteter Christbaum. Vor diesem wurde nun halt gemacht, ein Engel nahm der Gottesmutter das Kind ab, andere Engel halfen ihr vom Wagen herunter, unter dem Lichterbaum bildete sich dann eine lebende Krippe, daraufhin erschien der Herr Pfarrer sprach zu all den Versammelten und als er Kraft seines priesterlichen Amtes den hlg. Segen spendete, kniete alles in erfürchtig weihnachtlicher Stimmung am Boden. Untermalt wurde der Einzug noch durch an verschiedenen Orten Weihnachtslieder blasenden Quartetts. Es ist mir gelungen in viele Herzen, die im Laufe der Jahre kalt und hart geworden waren, Weihnachtsfreude und Weihnachtsfrieden hineinzutragen, dies war der reiche Lohn für die grosse Arbeit“, so Hannes Hundegger.

Die lebende Krippe, aufgenommen bei der Igler Bergweihnacht 1962.

Vielleicht gibt es ja unter Ihnen noch jemand, der an dieser ersten Igler Bergweihnacht teilgenommen hat oder sich an die ersten Jahre zurückerinnert. Wie immer freuen wir uns, wenn Sie uns an Ihren Erinnerungen teilhaben lassen!

(StAI, Gemeindearchiv Igls, Akten der Außenstelle Igls / Ph-3169; Ph-3170)

Dieser Beitrag hat einen Kommentar
  1. Eine köstliche Schilderung, besonders das mit den ach so „verhetzten Großstadtmenschen“! Innsbruck war damals ja wesentlich kleiner und übersichtlicher als heute….

    Bei Fräulein von Konschegg handelt es sich bestimmt um die Lehrerin Elisabeth Konschegg, welche 1953 im Haus Igls Nr. 38 wohnte.

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