Der Mensch und sein Jagdtrieb
Heute widmen wir uns einem ganz besonderen Beuteobjekt. Dem Ballon. Bereits 1931 haben sich Menschen zusammengetan, um diese scheue Kreatur zur Strecke zu bringen. Man könnte meinen, dass der Ballon hierbei klare Vorteile hat:
Eine fast lautlose Fortbewegung und die Weigerung, sich den Gesetzen der Schwerkraft zu unterwerfen haben ihm lange Zeit ein unbeschwertes Leben beschert. Doch die Erfindung des Automobils hat die Karten neu gemischt – mit drastischen Auswirkungen auf die Ballonpopulation.
So hat beispielsweise der Tiroler Automobilklub für den 13. September 1931 eine Ballonverfolgungsfahrt ausgeschrieben, mit dem Ziel, den Freiballon „Mobiloil“ entweder per Automobil oder Motorrad zu erwischen. Dafür hat es dann schon gereicht, den Korb des gelandeten Ballons zu berühren – das gute Stück konnte danach also wieder ungeschoren in die freie Wildbahn entlassen werden. Regeln gab es nicht viele, aber die Ausschreibung macht ziemlich deutlich, dass das Gesetz der Straße – aka geltende Verkehrsregeln – mehr als nur eine nette Empfehlung waren und unbedingt eingehalten werden mussten. Wer trotzdem den inneren Mad Max rausließ oder sonst irgendwie Schaden anrichtete, musste selber dafür geradestehen.
Ob sich die ganze Angelegenheit für die Teilnehmer gelohnt hat, kann ich allerdings nicht so recht einschätzen: Als Preise werden sogenannte „Ehrenpreise“ für die ersten vier erfolgreichen Konkurrenten und eine bronzene Plakette für alle Teilnehmer erwähnt. Doch anscheinend ist man davon ausgegangen, dass die ganze Sache abenteuerlich werden konnte, denn es wurde empfohlen, Grenzdokumente, Karten und Trieder mitzunehmen. Man sieht also mal wieder, dass sich die Leute schon immer zu beschäftigen gewusst haben. Zumindest für 5 bis 10 Schilling und wenn der Wind mitgespielt hat.
(Stadtarchiv/Stadtmuseum Innsbruck, Div – 5014-2-01)
Der Ballon ist beim Städtischen Gaswerk in Pradl gestartet. Das Wetter und die Sicht waren aber nicht besonders gut, sodass von 26 Fahrzeugen nur 1 Auto und 7 Motorräder am Ziel einlangten. Die Innsbrucker Nachrichten vom 14. September 1931 berichten über die Verfolgungsjagd:
„Die dem Automobilklub von Tirol neu angegliederte
Aerosektion hat gestern zum ersten Male nach
dem Kriege in Innsbruck einen Freiballon
aufsteigen lassen, der von Automobilisten und Motor-
radfahrern verfolgt wurde, welche die Aufgabe hat-
ten, nach der Landung möglichst rasch den Ballon zu
erreichen.
Um 6 Uhr früh wurde im städtischen Gaswerk mit
der Füllung des Ballons mit Gas begonnen. Er
wurde dann um 8 Uhr von 20 Mitgliedern des Hee-
ressportvsrbandes festgehalten, die nach und nach die
vielen schweren Sandsäcke, die an ihm hingen, los
lösten und die Stricke freimachten. Eine große Men-
schenmenge verfolgte mit großer Aufmerksamkeit die
Vorbereitungen zur Fahrt.
Punkt 8.10 gab Oberstleutnant a. D. Manns-
barth das Kommando: „Los!“ Die Seile wurden
freigegeben und der Ballon, in dem sich außer dem
Führer Oberstleutnant a. D. Mannsbarth als Passa-
giere Staatsanwalt Dr. Siegfried H o h e n l e i t
n e r und Rechtsanwalt Dr. Fritz Kellner befanden,
wurde von der Erdwärme langsam hochgetrieben, bis
er dann in zirka 50 Meter Höhe anscheinend stehen
blieb. Ein nur leichter Westwind drückte ihn langsam
etwas gegen Osten. Als er eine Höhe von zirka 1000
Meter erreicht hatte, setzte ein etwas stärkerer Luft-
zug ein, der den Ballon rascher nach Osten drückte.
Bald darauf verschwand er auf kurze Zeit in einer
Wolke. Als er über Hall stand, leuchtete die braune
Ballonkugel deutlich sichtbar in der Morgensonne.
Um 11.30 Uhr vormittags ist der Ballon bei Auf-
fach in der Wildschönau glatt gelandet.
Er hat 65 Kilometer östlich von Innsbruck die
größte Höhe bei 2000 Meter erreicht. Nach Aussage
der Mitfahrer war während der Fahrt keine gute
Sicht. Teilweise trieb der Ballon vollständig im Ne-
bel, was natürlich die Verfolgung durch die Kraft-
fahrzeuge sehr erschwerte. In über 2000 Meter Höhe
hat es geschneit, weshalb sich der Ballonfahrer zur
baldigen Landung entschloß.
Von den 26 gestarteten Fahrzeugen hatten nur ein
Auto und 7 Motorräder den Ballon erreicht. Den Au-
tomobilpreis gewann Ernst Z a h n, den Fahnenpreis
Engelbert Buchroitner und den Motorradpreis
der Kundler Motorradfahrer Janitsch.“
Während der Fahrt war also keine gute
Sicht und der Ballon trieb teilweise vollständig im Nebel.
Das klingt nicht gerade ungefährlich. Dass das ‚die Verfolgung durch die Kraftfahrzeuge sehr erschwerte‘ scheint dabei wohl noch das kleinere Übel gewesen zu sein, auch wenn man das aus ‚Bodensicht‘ anscheinend nicht so sah.
Übrigens ist es für unsere Ohren heute befremdlich wenn man in dieser Zeit einfach nur vom ‚Krieg‘ spricht oder schreibt. Aber selbstverständlich sprach man ja noch nicht vom. 1.WK bevor es den zweiten gab.