Der Anschluss vor 1938 (V.)
Nachdem die Abstimmungen in Tirol und Salzburg folgenlos geblieben waren und die in der Steiermark durch den neuen Bundeskanzler Johann Schober (1874–1932) erfolgreich verhindert worden war, machte sich unter den Anhängern der Anschlussbewegung eine gewisse Resignation breit. Man glaubte weder an die in Aussicht gestellte Unterstützung seitens der Entente, noch daran, dass sich der Anschluss in Anbetracht des Widerstands verwirklichen ließe. Eine Möglichkeit, die manche Radikale noch sahen, war auf den völligen Zusammenbruch der österreichischen Wirtschaft zu hoffen, um somit den Anschluss alternativlos zu machen. Wenig überraschend stieß diese Idee jedoch nicht auf große Zustimmung.
Die neue Bundesregierung unter dem parteilosen Kanzler Schober bemühte sich wie bereits erwähnt darum, die Anschlussbewegung einzudämmen. Die Zeitungen waren über die mangelnde Unterstützung der Regierung Schober durch die Siegermächte enttäuscht, da man der Meinung war, dass sie die letzte Barriere zwischen der jungen Republik und der völligen Anarchie darstellte. Es sollte noch über ein Jahr dauern, aber im Oktober 1922 sollte die Republik auch tatsächlich eine Anleihe von 650 Mio. Goldkronen vom Völkerbund erhalten, allerdings im Gegenzug für zahlreiche wirtschaftliche Verpflichtungen und dem endgültigen Verbot des Anschlusses an das Deutsche Reich.
(Kundgebung vor der Tiroler Abstimmung vor dem Landestheater, Signatur Ph-M-21987)