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Im Panorama Durch Die Ganze Welt

Im Panorama durch die ganze Welt

Wenn man heute in Innsbruck vom „Panorama“ spricht, dann denkt man wohl entweder an die Aussicht, die man im alpinen Gelände in und um Innsbruck genießen kann oder aber an das seit 2010 am Bergisel befindliche Riesenrundgemälde. Das Panorama, um das es im Folgenden geht, ist jedoch noch älter und befand sich zudem mitten in der Stadt.

Auf den Jahrmärkten des 19. Jahrhunderts erfreuten sich Bilder-Guckkästen großer Beliebtheit, wobei oft durch Kulissen ein räumlicher Eindruck entstand. Ein Schausteller dieser sogenannten „Panoramen“ oder „Dioramen“, August Fuhrmann (1844-1925), entwickelte 1880 in Breslau ein Gerät, das man fix aufstellen konnte und das für ein größeres Publikum geeignet war. Via Frankfurt und Berlin verbreitete sich sein „(Internationales) Kaiser-Panorama“ über Europa und sogar bis nach Übersee.

Das Kaiserpanorama ermöglichte es bis zu 25 Personen gleichzeitig, durch ein Guckloch stereoskopische Bilder zu betrachten, die sich in einer halben Stunde einmal im Kreis herum drehten. Fuhrmanns Geschäftsidee zeichnete sich dadurch aus, dass die Bilder eine hohe Qualität hatten und koloriert waren und dass die 50 Fotos umfassenden Bilderserien in einem ausgeklügelten System von einer Filiale zur nächsten weitergereicht wurde (ähnlich wie später die Filmrollen von Kinos).

Im Dezember 1894 war es dann soweit: Nun bekam auch Innsbruck sein „Panorama“, wie die untenstehende Annonce aus den Innsbrucker Nachrichten vom 1. Dezember belegt. Die Örtlichkeit – Adolf-Pichler-Platz 10 – war nach dem Hausbesitzer als „Professor Dr. Lantschner-Haus“ bekannt, weil für den Bereich der heutigen Stainerstraße über den Adolf-Pichler-Platz bis zur Anichstraße damals noch keine Straßennamen und Hausnummern vergeben worden waren.

Jetzt hatten also auch die Innsbrucker die Möglichkeit, im ein bis zwei Wochen-Rhythmus virtuell „durch die ganze Welt“ zu reisen, von den bayerischen Königsschlössern bis ins Heilige Land (nicht Tirol, sondern das andere), von der Adria bis Java und so weiter und so fort. Ebenso häufig wie das Programm wechselte, ebenso häufig inserierte das Panorama dazu in der lokalen Presse.

Offenbar verstand sich das Panorama ursprünglich vor allem als winterlicher Zeitvertreib. Nach 5 Monaten Betrieb verabschiedete es sich am 30. April 1895 von seinen Fans in die Sommerpause, aus der es im September zurückkehrte. Auch im Jahr darauf schloss das Kaiserpanorama im Frühjahr wieder seine Pforten. Diesmal jedoch nicht nur für den Sommer, sondern – zumindest an diesem Standort – für immer.

Erst über fünf Jahre später, am 25. Jänner 1902, berichteten die Innsbrucker Nachrichten, wieder über die bevorstehende Eröffnung eines Kaiserpanaromas. Es befand sich zunächst in der „Müllerstraße 4, neben der Automatenhalle“ und übersiedelte 1903 in den neu errichteten „Innsbrucker Hof“ (heute Hotel „Goldene Krone“) direkt gegenüber der Triumphpforte.

Einige Jahre später feierte Fuhrmann sein 25-Jähriges Firmenjubiläum. Sein Unternehmen umfasste etwa 250 Filialen, in denen insgesamt 700 verschiedene Bildserien gezeigt wurden, der Bildbestand umfasste etwa 100.000 Fotos. Gleichzeitig zeichnete sich aber auch der Niedergang der Kaiser-Panoramen ab. Auch wenn Fuhrmann die Kostenvorteile und den pädagogischen Charakter noch so betonte, gegen die Kinos und ihre bewegten Bilder waren die Panoramen letztendlich chancenlos. Dennoch konnten sich einzelne Filialen bis in die 1950er-Jahre oder sogar länger halten. In Innsbruck ist diese Institution, die ab den 1920er-Jahren als „Weltpanorama“ firmierte, bis 1939 in der Maximilianstraße nachweisbar; vorrübergehend gab es auch ein Konkurrenzunternehmen in der Pradler Straße.

(Bilder: Martin Kohler, anno.onb.ac.at, Stadtarchiv/Stadtmuseum Innsbruck, Slg. Günter Sommer Bd. 2, Nr.137. Ich danke Martin Kohler für die Zurverfügungstellung des Prospekts, der Postkarte und allgemeinen Informationen zu den Kaiserpanoramen).

Dieser Beitrag hat 3 Kommentare
  1. Eine vergessene Kultureinrichtung, von der ich noch nie gehört hatte. Virtual Reality mit den technischen Möglichkeiten des 19. und angehenden 20. Jahrhunderts. Sehr, sehr interessant, vielen Dank!

  2. Auch ich danke für diesen sehr interessanten Beitrag! Beim Durchstöbern alter Zeitungen in der ÖNB-Seite bin ich öfters auf diverse Inserate für das „Kaiserpanorama“ gestoßen, bin aber der Sache nie weiter nachgegangen.

    Was mich natürlich besonders interessiert: Es gab ein Konkurrenzunternehmen in der Pradlerstraße!! Wo??

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