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Brutal Ausgewogen

Brutal ausgewogen

Über die Vorgeschichte dieses Hauses existieren auf unserer Seite schon einige Beiträge, inklusive der tollen Bilderserie von der Sprengung des alten Gefängnistraktes vulgo Schmerlinger Alm. Nun machte man sich also Ende der 1960er Jahre daran, hier einen Neubau für das (damals noch) Bezirks-, Landes- und Oberlandesgericht Innsbruck zu planen. Verantwortlich war das Ministerium für Bauten und Technik in Wien. Geplant und umgesetzt hat es ein burgenländisch-tirolerisches Architektenpaar: Charlotte Schmidt, geboren 1923 in Mühlau, hatte mit kriegsbedingten Unterbrechungen zunächst bei Willi Stigler gearbeitet und dann in München und Graz studiert. Anfang der 1950er Jahre hat sie den aus Stadt-Schlaining stammenden Architekten Karl Pfeiler (1920-1990) geheiratet. Entgegen des bürgerlichen Wertekanons verschwand Charlotte Pfeiler nun nicht hinter dem Herd sondern die beiden gründeten ein gemeinsames Büro. Auf Wikipedia finden sich zahlreiche moderne Schul- und Sakralbauten aus ihrer Feder.

Brutalismus ist das natürlich wieder nur in der Innsbrucker Fassung, mit Ausnahme des kanzelartigen Balkons im ersten Stock, der uns Rechtssündern schon vor Betreten des Gebäudes ein wenig den Schneid abkaufen soll. In den letzten Jahren sind eine Hochsicherheitsschleuse innen und etwas Glas-Wiesen-Behübschung heraußen dazugekommen. Mit seinen elf Stockwerken ist es von allen Seiten gut sichtbar; Menschen, die Baustile des 19. Jahrhunderts bevorzugen, ist es seither ein steter Dorn im Auge. Vielleicht lässt sich Justizia auch deswegen gern mit Augenbinde darstellen.

Dieser Beitrag hat 4 Kommentare
  1. Grundsätzlich wärs ja nicht soo schlimm, gut, schön ists ja nicht. Aber das schlimmste ist das fensterlose oberste Stockwerk, in welchem das Archiv untergebracht ist. Das Archiv! Im obersten Stock! In bester Aussichtslage! Ohne Fenster! Wie kommt man auf sowas????

  2. Auch im Botanischen Institut – inzwischen Bibliothek oben drauf,
    Papier ist schwer–> schwerer Hut, Haus nicht so schnell wegfliegen tut!

  3. „Der Zeit ihre Kunst, die Kunst ihre Freiheit“….
    Dennnoch, hätte man an derselben Stelle Herrn HUNDERTWASSER bauen lassen, müsste sich nicht jeder Architeturinteressierte mit Grausen von diesem Anblick abwenden….

  4. Ein herrliches Gebäude! Ich liebe es. – Aber mindestens doppelt so hoch sollte es sein, das fände ich doch angemessener für die Innenstadt. Außerdem hätte das Bezirksgericht dann vielleicht auch noch Platz darin gefunden?
    Das Holzmodell zeigt die Essenz. Für damalige Begriffe wohl ultramodern, als würden gleich nuklear betriebene fliegende Automobile am Dach landen. Heute beinahe zeitlos. Ich wäre für eine Auffrischung der Fassade und Heranführung an die heutige Zeit und heutige Ansprüche unter Beibehaltung des klassisch brutalistischen Charakters.

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