Brav gewesen?
Der Weihnachtsmarkt hat begonnen, die Weihnachtshektik nimmt so langsam Fahrt auf und es ist an der Zeit sich zu überlegen, ob man in diesem Jahr eigentlich brav gewesen ist. Diese Frage, die man im Licht- und Glühweinrausch leicht vergessen kann, sollte man sich dennoch stellen, denn in zwei Wochen kommen der Hl. Nikolaus und sein pelziger Begleiter. Gerade um die Figur des Hl. Nikolaus ranken sich seit jeher zahlreiche Geschichten und Legenden. Eine davon ist von einem Mann, der sich am Abend des 5. Dezembers als Nikolaus verkleidet und Kinder beschenkt. Aus meiner eigenen Kindheit erinnere ich mich, dass wir dem Nikolaus ein Schnapsl und seinem Esel ein Schüsselchen mit Salz in den Garten gestellt haben. Natürlich, war am nächsten Tag beides leer.
Die Gestalt des Krampus – „Krampen“ (altdeutsch = „Kralle“) – gesellte sich erst später dazu. Zwischen dem 16. und 19. Jahrhundert traten Nikolaus und Krampus als ungleiches Paar beim Einkehrbrauch auf. Während der Nikolaus die artigen Kinder belohnte, wurden die Unartigen vom Krampus bestraft.
In Kärnten, Tirol, Südtirol, Salzburg und Bayern etablierte sich ein weiterer Krampusbrauch: der Krampuslauf bzw. umzug. Nach dem offiziellen Krampuslauf ist es mancherorts noch üblich den „Tuifl zu tratzen“. Dann heißt es schnell sein, denn wen die „Tuifl“ erwischen, wird mit Rutenschlägen bestraft. In vielen Orten wird dieser Brauch sehr kontrovers betrachtet. Dennoch hat sich der Brauch bis heute gehalten – wollen sich viele diesen Nervenkitzel nicht nehmen lassen.
Die Umzüge bestehen somit meistens nicht nur aus einem Krampus, sondern der Hl. Nikolaus wird von mehreren „Kramperln“ begleitet, sowie von einem oder zwei Engeln. Dazu gesellt sich manchmal auch ein Körbelträger, der Süßigkeiten verteilt. Einen Korb tragen auch manche Krampusse. Nach einer Legende holt sich der Krampus die schlechten Kinder und steckt sie in den Korb. Dies scheint auch auf dem Titelbild dargestellt zu sein. Vom Hl. Nikolaus fehlt jede Spur, dafür wird der Krampus von zwei Engeln flankiert. Seine Verkleidung und Ausstattung ist auf jeden Fall spannend. Meistens tragen Krampusse heutzutage eine Maske, allerdings ist die Verkleidung sehr ortsabhängig. Dieser hier trägt Bart und Haube und ist im Gesicht schwarz bemalt. Vielleicht ist das auch ein Anhaltspunkt, wann dieses Foto entstanden ist.
Titelbild: Ph-38360 (StAI), zweite Hälfte 20. Jh.?
Quelle: Tobias Minar/Andreas Zimmerer, in: Österreichische Nationalbibliothek, Auf Teufel komm raus! Der Krampusbrauch in Österreich, erstellt am 05.12.2023.
Text: Martina Pomaro
Ah, jetzt bin ich aber neugierig geworden! Wo war dieser Garten, in welchem ein Schüsselchen Salz für den Esel des Heiligen Sankt Nikolaus bereitgestellt wurde!
Warum ich das unbedingt wissen möchte?
Ja, sehen Sie, meine Mama – übrigens die beste Aufsatzschülerin ihrer Klasse – hatte in ihrem Aufsatz geschrieben:
„…und für den Esel des Hl. Nikolaus stellt man außen ein Tellerchen Salz ans Fenster“
Der Aufsatz kam zurück mit der Frage der Deutschlehrerin:
„Seit wann fressen Esel Salz???“
Daheim fragte meine Mutter nochmals nach – und meine Nonna sagte „Und wie sie es lecken! Der Esel meines Nonnos Tobias konnte gar nicht genug kriegen davon“
Also: Woher wissen Sie, liebe (oder lieber) „Team Stadtarchiv“ von diesem Brauch?
Dieser Garten liegt in Bozen. Der Brauch kommt vermutlich vom Bozner Unterland bzw. dem Trentino/Veneto, von wo ein Teil meiner Familie herkommt. Anscheinend ist es aber üblicher Salz und Grappa an Santa Lucia zu geben. Vielleicht hat man es auf den St. Nikolaus-Brauch übertragen?!
Danke für das Teilen ihrer Erinnerungen 🙂
Mein Kommentar leider (fast) ohne persönliche Erinnerungen. Aber nach dem Datum der Aufnahme gefragt tippe ich der deutlich sichtbarne Ärmlichkeit wegen auf die Hungerzeit zum Ende des ersten Weltkriegs. Anfangs Dezember 😉 .
Mir blieb als Kind die Konfrontation mit dieser immer einwenig lächerlichen Kopie des Höllenfürsten erspart. Geschimpft hat bei uns der Nikolaus persönlich. Er kannte mir Aas jenau, es war schließlich mein – auch einwenig zum Schmunzeln – als aus dem Jenseits angereister Heiliger verkleideter Vater. Ich konnte in den Pappendeckellochaugen nur unheimliche Schwärze erkennen, die Weite des Himmels ein Nichts, dachte ich, tatsächlich, der ist echt. Eigentlich viel schauriger als der Krampus.
Den Krampus auf Bestellung beäugte ich einmal aus sicherer Entfernung vom Fenster im zweiten Stock aus. Als besonderen Gag hatte er im Korb zwei elastisch zappelnde Haxen herausragen lassen. War irgendwie sogar lustig.
Zu den proletenhaften Gewalt- und Grölorgien der inflationären Tuiflläufe sag ich nix. Ich spreche ihnen nur die Ableitung von der Tradition ab. Die haben ihren Anfang am Schnittpunkt der fallenden Anstandslinie mit der steil ansteigenden Bespaßungskurve für den Tourismus.
Danke für den zeitlichen Hinweis! Ich war vor allem vom öffentlichen? Tragen offener Haare der beiden Engel verunsichert – dachte das wäre für die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts vielleicht unüblich. Andererseits ist es hier vmtl. Teil der Verkleidung.
Tatsächlich wirken die Personen aber recht ärmlich.
Nikolo 1942 oder 43 (weiß ich nicht mehr genau, leider), .
Um den Wohnküchen-Tisch in der Freisingstraße 9/I saß die Familie herum. Wir würfelten das „Kohlenklau-Spiel“.
Wer aller war da? Nun, Onkel Konstantin, Tante Mizzi, Kusin „Teddy“, Kusine Lisetta, Tante Pepi mit der kleinen Helga (Onkel Viktor in Norwegen), die Nonna, meine Mama und ich – also 9 Familienmitglieder.
Wir spielten das „Kohlenklau“-Würfelspiel.
Und warteten auf den Nikolaus.
Bis der Teddy – damals 18 oder 19) sagte: „Wo bleibt denn der Nikolaus so lange? Ich gehe schauen, wo er bleibt…“
Und verschwand.
Und nicht mehr kam.
Wir warteten und warteten.
„Richetta“, sagte meine Mama, „geh swwchauen, ob der Nikolaus nicht bald kommt“
So lief ich zur küchentüre – und wollte sie brav hinter mir zuziehen, als ein fürchterliches Geschrei hinter mir ertönte – ich hatte meiner 1 1/2? – 2 1/2 ? jährigen Kusine die Hand eingeklemmt.
Bisher brav darauf gedrillt, jede Türe sofort zu schließen, wurde ich natürlich jetzt von allen ausgeschimpft, daß man doch immer schauen müsse, ob nicht jemand nachkomme….
Und so weiß ich nicht mehr – ist damals ein „Nikolaus“ oder ein „Krampus“ erschienen.
Nur, daß der Teddy nicht dabei war – und erst viel später wiedergekommen. Er habe den Nikolaus nirgends gesehen, berichtete er – und war narürlich sehr erstaunt, daß er dessen Besuch versäumt hatte…
Freisingstraße 9/I ? Ich habe von 1954 – 1962 in der Freisingstraße 9/Parterre gewohnt. War Ihre Familie da auch noch „ober mir“ ? An Stepanek kann ich mich nicht erinnern, aber vielleicht hießen die ja anders.
Moment mal, wohnte da nicht eine Frau Neuhauser im 1. OG ?
Nein, Herr Fink, tut mir leid! Onkel Konstantin Nicolodi wohnte nur bis 1948(?) in der Freisingstraße 9/I, westliche Wohnung – und ist dann in die Langstraße 29/ebenfalls I, übersiedelt.
Meine (angeheiratete) Tante Mizzi war eine geborene Proprenter und wohnte in ihrer Jugend im Kirschental.
Und mein Cousin „Teddy“(ebenfalls Konstantin) ist am 15.10.1944 in Ungarn gefallen…
Danke, Frau Stepanek, für die Auskunft. Trotzdem, höchst interessant, dass sie damals ein OG über der Wohnung gesessen sind und gefeiert haben, wo ich dann meine Kindheit verbrachte.
Liebe Frau Stepanek,
war Ihr Onkel Konstantin Nicolodi, in der Langstraße wohnhaft, Poizeibeamter.
Nein, Herr Fink. Mein Onkel Konstantin, 8.6.1900 – 5.6.1990, beides <innsbruck, war Eisenbahner.
Da die Familie (Nonno war Arbeiter) offenbar nicht wußte – oder wie auch immer- war die "Staatsbürgerschaft" plötzlich "italienisch". Also war auch Onkel Konstantin zuerst "Tiroler", dann "Italiener", dann, als "Umsiedler" "Deutscher", dann "staatenlos" und dann "Österreicher"
S e i n e Wohnanschrift war, ab ca. 1948(?) Langstraße 29.
Jener Polizist Johann Nicolodi, ja, ich weiß, wen Sie meinen.
Dessen Vater war Carlo Nicolodi (ebenfalls aus Cembra, aber etwa 10(?) Jahre jünger, war bei der Haller Lokalbahn beschäftigt Gattin Maria, geb. Felicetti, stammte aus Predazzo.
Mein Nonno Emmanuel lernte ihn erst hier in Innsbruck kennen – als der Carlo plötzlich vor der Wohnungstüre stand und sagte "Jetzt muß ich doch schauen, wer der andere Nicolodi ist" (der Nonno hatte dem Briefträger mehrfach karten und Briefe zurückgegeben "Das ist nicht für mich" – worauf dieser sagte "Ah – dann gehörts dem anderen Nicolodi"
Jedenfalls hatte dieser Carlo Nicolodi ebenfalls 4 Kinder: Irene, Johann (den späteren Polizisten), Karl (beim Zoll am Brenner – und dort erschossen worden) und Maria. Der Carlo hatte rechtzeitig nach dem 1. Weltkrieg die österr. Staatsbürgerschaft beantragt.
Ja, die Bekanntschaft zu dieser Familie war, wie Sie sehen, gegeben. Seine Gattin stammte aus Deutschland, aus der Gegend von Aachen, sie sei nach dem Krieg mit einer ganzen Küchenkredenz plötzlich vor der Nicolodiwohnung am Innrain gestanden – sie heirateten, hatten zwei Töchter und einen Sohn. Nachdem sie einige in der Kaufmannstraße gewohnt hatten, bekamen sie eine Wohnung in der Langstraße, Westseite, gerade Nummer 28, da bei der Wachstube.
Was da am 2.Juli 1973 geschehen ist, hat uns alle sehr mitgenommen.
Aber schon ein merkwürdiger Zufall: Onkel Konstantin Langstraße 29 (eine Bächerei war im Haus, daneben gehts zu den Anschriften "Panzing" hinein – und der Nicolodi Hansi (wenn von ihm die Rede war, war automatisch das "i" dahinter, da Jahrgang 1916, fast eine Generation jünger als Onkel Konstantin), also der wohnte auf Nr.28, neben der Wachstube, also südlich der Gumppstraße, im obersten Stock.
Aber daß da bei I h n e n etwas "geklingelt" hat?
Ich muß mich dahingehend korrigieren, daß mein Onkel Konstantin zur Zeit der von Ihnen erinnerten Ereignisse doch bereits die Wohnung gewechselt hatte – er war in die nördliche Parterrewohnung Langstraße 13 übersiedelt (Wohnungstausch). Aber schon ein Zufall – Onkel Konstantin von der Freisingstraße in die Langstraße 29 übersiedelt – und der Polizist Johann Nicolodi in die Langstraße 28.
Vielleicht darf ich Ihnen auch erzählen, daß sich Frau Nicolodi (- und zuerst auch Johann Nicolodi) in der Schutzengelkirche engagiert gezeigt habe (lt.Onkel Konstantin „…sie teilt dort die Gebetbüchln aus…“) , ferner daß sie sich auch Rat bei einem Kooperator in Pradl geholt habe, als es immer ärger wurde mit „ihm“. Der Kooperator erzählte mir, er habe ihr zur Scheidung geraten, denn „…besser ein Ende mit Schrecken, als ein Schrecken ohne Ende“ (…aber doch nicht soooo! – sagte er erschüttert später zu mir)
Ja, ein „Frauenhaus“, in das sich die Ärmste flüchten hätte können, das gab es damals in Innsbruck noch lange nicht.
Erst Ende der 70er, Anfang der 80-er Jahre gab es das erste Frauenhaus in Innsbruck, versteckt irgendwo im Geviert zwischen Leopold-, Müller- und Templstraße, wie uns eine Anrainerin berichtet hat, damals.
der Vorfall vom 2.7.1973 hat die ganze Belegschaft der BPD Innsbruck zu tiefst erschüttert.
Ja. Und einem Polizisten wird halt einfach mehr geglaubt als einer Frau (und noch dazu „oaner Deitschn“).
Das war – in diesem Falle wohl schon lange der Krebsschaden!