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Bericht Eines Stadtarchivars

Bericht eines Stadtarchivars

Was wir im Stadtarchiv heute so treiben, davon haben unsere Leserinnen und Leser sicherlich in den vergangenen fünf Jahren eine Vorstellung bekommen. Wir sind unglaublich neugierig, ziehen schon einmal einen Dachboden „voller Belege über Personalkosten, Transportkosten, Mieten und Realsteuerzahlungen“ oder gleich einen Wal an Land, entdecken auf Dienstgängen das „fescheste Putzkammerl“ unserer Stadt, stehen regelmäßig vor ungelösten Rätseln und fallen auch sonst etwas aus dem Rahmen, denn in grauen Mäntelchen und mit Ärmelschoner bekommt man uns nicht zu Gesicht…

Aber was haben die Innsbrucker Stadtarchivare eigentlich in „alter Zeit“ so getrieben? Auf der Suche nach einem Tagebuch fiel mir kürzlich zufällig ein von Kaspar Schwarz (1869-1937) verfasster Tätigkeitsbericht für das Jahr 1907 in die Hand. Schwarz, ein gebürtiger Niederösterreicher, war seit 1901 als Assistent von Konrad Fischnaler im Ferdinandeum tätig. Mit 1. März 1907 begann er zudem als „provisorischer Stadt-Archivar“ zu arbeiten. Und das ist sein erster Bericht:

Die dringenste und daher auch erste Aufgabe des Berichterstatters […] war es die für das städtische Archiv mit Gemeinderats-Beschluss vom 21. September 1905, No. 36442 um den Betrag von 1356 K erworbenen Akten zu sichten und durch Einverleibung in das Archiv sowohl für die Verwaltung als auch wissenschaftliche Benützung zum Gebrauche zugänglich zu machen. Diese Akten gehörten seinerzeit zum Bestande des städtischen Archivs und wurden im Jahre 1905 dem hiesigen Museum Ferdinandeum vom Antiquar Kende in Wien zum Kaufe angeboten, welches dieselben auch tatsächlich erwarb. Als sich herausstellte, dass die Akten durchwegs dem städtischen Archive angehörten, wurden dieselben zum Erstehungspreise dem Gemeinderate angetragen, welcher sie auch […] erwarb.
Es waren 15 Faszikel mit ungefähr 7500 Akten. Dieselben wurden gesichtet, dann nach der bisher beibehaltenen Ordnung gemäss dem Pusch’schen Archivskatalog [sic] geordnet und in die bereits vorhandenen Aktenbestände eingereiht, wodurch das bereits sehr lückenhaft gewordene städtische Archiv wenigstens in seinem Aktenbestande wesentlich ergänzt wurde. So wurden von der ersten Aktenabteilung, betreffend die Jahre 1300-1700 67 Positionen neu erworben und 220 ergänz; von der zweiten Aktenabteilung, betreffend die Jahre 1701-1784 102 Positionen erworben und 352 ergänzt.
Die zweite Arbeit war eine Lichtung der vorhandenen Handschriften. Hiebei stellte es sich, um überhaupt vor allem eine Uebersicht über diesen Bestand zu bekommen und denselben für Verwaltungs- und andere Zwecke brauchbar zu machen, als notwendig heraus, diese Bücher ganz neu nach sachlichen Prinzipien in innerlich zusammenhängender Reihenfolge aufzustellen. Diese Arbeit war erst möglich, nachdem die nötigen baulichen Reperaturen im Archivraume (Neulegung eines Zementbodens samt Holzboden darauf, Umstellung und Ausbesserung der Urkundenkästen) durchgeführt worden war.
Zur Neuaufstellung im Berichtsjahre gelangten:
[es folgen 17 Bestände, die vielfach leider – ähnlich wie die 1905 (zurück)gekauften Akten – während des 2. Weltkrieges starke Verluste erlitten haben]
Ausserdem gelangten auch noch die Ratsprotokolle, Einreichungs- und Registratur-Protokolle in fortlaufender Reihe zur Aufstellung.
Die Ordnung, Aufstellung und Beschreibung der Einzelkodices, die sich nicht zu fortlaufenden Reihen vereinigen lassen, wurde wegen Eintritt der kalten Jahreszeit auf das nächste Frühjahr verschoben.
Das Stadtarchiv wurde im Berichtsjahre von folgenden Personen benützt:
Sikora Adalbert, Schriftsteller, Kunstsachen.
Moeser Karl, Statthalterei-Archivs-Konzipist, Hofgerichtssachen.
Stolz Otto Dr. Stadtgericht, Gericht Sonnenburg und Herttenberg [sic].
Inama Karl v., k. k. Statthalterei-Kommissär, Familiengeschichte Inama.
Stix Franz Dr., Kunsthistoriker in Wien, Barbara-Bruderschaft.
Wieser Franz R. v. Dr., k. k. Hofrat und Universitätsprofessor, Fernerausbruch im Oetztal.
Schriftlich erledigt wurden Anfragen betreffend genealogischer Aufschlüsse über die Familien von Walcher, Umhäuser, Heidenberg.
Für den löblichen Stadtmagistrat wurden folgende Themata behandelt:
Skulptur im Kapuzinerkloster
Fresco im alten Rathaus
Name der Mandelsbergerstrasse
Reihe der Bürgermeister für das Adressbuch von 1600 aufwärts
eine Anfrage betreffend die Geschichte
und eine historische Würdigung des heutigen Innsbrucker Zeughauses konnte mangels jedes Materials im städtischen Archive als auch im Statthalterei-Archive und hiesigen Museum nicht beantwortet werden.
Für die Zeit der nächsten Wintermonate bis zur Wiederbenützbarkeit des Archivraumes ist die Anfertigung von Regesten und Register zu den Urkunden geplant.
Innsbruck, im Jänner 1908
K. Schwarz
prov. städt. Archivar

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