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Sommerferien Einmal Anders

Sommerferien einmal anders

Schnell noch eine Urlaubsgeschichte, die Schlagzeilen machte, ehe die großen Ferien zu Ende gehen. Im Juli 1935, kurz nach Schulschluss, brachen 56 Tiroler Kinder „auf Einladung des dänisch-tirolischen Vereines in Dänemark“ von Innsbruck in Richtung Kopenhagen auf, um dort ihre Ferien zu verbringen. In der dänische Hauptstadt angelangt, wurden sie in einer Schule („Skovshovedskole“) untergebracht. Der Tagesablauf sah, wie eines der Kinder seinen Eltern mitteilte, folgendermaßen aus:

6h 30 m Tagwache
7h Turnen
7h 20 Zimmerordnung
8h Frühstück
9h Strand
12h 30 m Mittagessen
13h Mittagsruhe
15h Strand
19h Abendessen
21h 30m Bettruhe

Wie der damals zehnjährige Erich Wechsler, eines der 56 Kinder, seinen Eltern berichtete, ging es gleich am ersten Tag zum Baden an den Strand: „Dann singen wir immer auf dem Strand Tirolerlieder, daß alle Dänen uns anschauen und nicht verstehen. Dann gibts jeden Tag eine Hetz.“ Auch sonst war das Program ganz nach seinem Geschmack, sieht man einmal von der Verpflegung ab: „Das Essen ist nicht besonders gut, aber die Krütze [sic] schmeckt abscheulich.“

Die Tiroler Kinder singen in Dänemark …

Den Höhepunkt dieses Ferienaufenthaltes bildete zweifellos der Besuch beim dänischen König. Christian X. (1870-1947), der seit 1912 das Königreich regierte, empfing die Tiroler Kinder am 15. Juli 1935 im Rittersaal von Schlosses Christians­borg.

Die Kinder, die ihre Tiroler Tracht ange­legt hatten und von Großkaufmann Christiansen (Kopenhagen) und Direktor Wilhelm Berninger (Innsbruck) begleitet wurden, stellte der österreichische Generalkonsul Böhm dem König vor, der jedem ein­zelnen die Hand gab. Mit großer Freude nahm der König bei dieser Gelegenheit von der gastlichen Auf­nahme, die den dänischen Kindern in Wien zuteil wurde, Kenntnis und erzählte von seinen Reisen nach Salzburg und Innsbruck, an die er sich immer gerne erinnere. Entgegenkommenderweise gestattete der dä­nische König den Kindern, das Schloß zu besichtigen, so daß die Kinder im Anschlüsse an ihren Königsbesuch auch durch die schönen Räume von Schloß Christians­borg geführt werden konnten.

TA v. 19.07.1935,

Auch auf den kleinen Erich hatte dieses Meet and Greet mit dem König Eindruck gemacht. Stolz berichtete er seinen Eltern am 19. Juli:

Denkt Euch am Montag waren wir bein [sic] König von Dänemark eingeladen. In der Früh fuhren wir mit der Stadtbahn nach Kopenhagen. Dort gingen wir in sein Schloß. Dieses war herrlich. Die Stiege war aus Marmor. In den Zimmern waren Holzboden [sic] miz zweierlei Arten. An den Wänden und an den Decken waren prachtvolle Gemälde. Endlich kamen wir in den Saal, der war so herrlich, daß ich ihn garnicht [sic] beschreiben kann. Wenn Ihr einmal nach Koppenhagen [sic] kommt, so müßt Ihr Euch das anschauen. Auf einmal kam der König. Er gab jedem die Hand. Als er zu mir kam, fragte er mich, ob ich der Jüngste sei und wie alt ich bin. Da sagte ich mit schlotternden Füßen: „Ich werde 11 Jahre.“ Der König lachte heimlich und ging weiter. Wir besichtigten noch einige Zimmer und seinen Thron. Zum Mittagessen gingen wir in die Volksküche.

Erste Seite des Briefes von Erich Wechsler jun. an seine in Innsbruck lebenden Eltern.

(Stadtarchiv/Stadtmuseum Innsbruck)

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