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Nix Mit Hali-Gali Oder: Rollläden Auf Für… Die Hali-Werkstätten Innsbruck

Nix mit Hali-Gali oder: Rollläden auf für… die Hali-Werkstätten Innsbruck

Letzte Woche beehrte uns ein Archivgast, der zu seinen Großeltern forscht. Die Großmutter, gebürtige Deutsche, arbeitete während des Zweiten Weltkriegs als Schneiderin in Innsbruck und bekam hier 1944 ein Kind, mutmaßlich von einem französischen Kriegsgefangenen.

Arbeitgeber der Großmutter war laut mehreren Dokumenten die „Heeresschneiderei Haliwerke“ ohne Angabe einer Adresse. Haliwerke? Niemand aus unserer Belegschaft hatte das je gehört. Haliwerk/e erbrachte auch weder in unserer Archivdatenbank, noch im Bibliothekskatalog, noch in den Innsbrucker Adressbüchern, noch im Amtsblatt der Stadt Innsbruck, noch auf den Zeitungsplattformen anno (ÖNB), Tessmann (Bozen), diglib (Universität Innsbruck) einen Treffer. Vielleicht außerhalb der Stadtgrenzen, Ha-ll und so? Und wenn doch in Innsbruck, vielleicht ein als Sicherheitsmaßnahme nicht wirklich öffentlich gemachter Heeresbetrieb, und als solcher außerhalb des Einflussbereichs der städtischen Verwaltung?

Ein wichtiger Hinweis kam von einer beigezogenen Expertin, die zwar den Namen auch noch nie gehört hatte aber darauf hinwies, dass derartige Betriebe nicht im Besitz der Heeresverwaltung standen, sondern Neugründungen- oder Subunternehmen existierender Firmen waren – und damit sehr wohl in die Zuständigkeit des Gewerbeamt standen.

In der Tat beantragten im April/Mai 1941 Carl Hermann und Kurt Ortelli, beide aus Sonneberg in Thüringen, die Gewerbeberechtigung für das Werk Innsbruck ihrer in Sonneberg ansässigen „Hali-Werkstätten“ für Bekleidung, Export, Spielwaren. Sie gaben an, die Innsbrucker Niederlassung bereits im Dezember 1940 eröffnet und auch im Handelsregister eintragen gelassen zu haben, jedoch die Gewerbeanmeldung übersehen zu haben. Der Antrag, der sowohl Verweise auf die Heeresaufträge als auch auf die Linientreue des Geschäftsführers enthielt, wurde anstandslos bewilligt.

Als lokaler Geschäftsführer fungierte Ernst Jakob Fink aus Geislingen in Württemberg, dem die Stadt Eislingen/Fils bestätigte, er habe während seines dortigen Aufenthaltes zwischen 1937 und 1941 einen guten Leumund gehabt. Mit Bleistift ist unter dem Namen „Träger des goldenen Parteiabzeichens!“ vermerkt und auch die Hali-Werke heben ihn als „Ehrenzeichenträger der N. S. D. A. P.“ hervor. Nach 1945 gibt Fink im Entnazifizierungsakt hingegen an, das Goldene Parteiabzeichen sei ihm 1937 wegen „Parteifeindlichkeit“ entzogen worden….

Während ich diese Informationen aus den Akten in Erfahrung brachte, war der Archivgast parallel dazu in der Fachliteratur fündig geworden: Horst Schreibers „Wirtschafts- und Sozialgeschichte der Nazizeit in Tirol“ listet Wehrmachtsbetriebe in Tirol auf. Demnach waren die Hali-Werkstätten ab 23. Februar 1943 ein Heeresbetrieb und produzierten mit 102 Beschäftigten Uniformen. (S. 132)

Befremdlich ist die Anzahl der Beschäftigten im Zusammenhang mit dem Standort: Universitätsstraße 3. Das ist jetzt zwar kein kleines Haus, aber 100 Beschäftigte, mutmaßlich Näherinnen und Näher? Womöglich beziehen sich die Angaben bei Horst Schreiber auf das Gesamtunternehmen an beiden Standorten? Eine reine Vertriebsniederlassung kann es aber auch nicht gewesen sein, denn der Betriebsgegenstand lautete auf die „Fabriks-Erzeugung von Bekleidung und Spielwaren“.

Im Nachschlagebuch für 1944 sind Einträge auf eine Handelsregisteränderung und die Zuweisung von Werkstättenräumen vermerkt – die entsprechenden Abschnitte sind jedoch leider nicht mehr erhalten. für die zehn Jahre nach Kriegsende findet sich kein einziger Eintrag mehr unter dem Firmennamen.

Das ist auch etwas überraschend, denn mit dem nötigen Bindestrich nach Hali fand sich doch noch ein einziger Eintrag in den Historischen Adressbüchern der Stadt Innsbruck aus dem Jahr 1953. Rubrik Spielwaren – und auch hier explizit die Erzeugung. (Einige erhaltenen Objekte der noch vor 1900 gegründeten Firma, etwa ein Rollender Tanzbär, werden in der Deutschen Digitalen Bibliothek aufgelistet.)

Fotografisch eher schlecht dokumentiert ist übrigens auch das Haus Universitätsstraße 3 – es existiert deshalb auch kein Foto mit einem allfälligen Firmenschild. Im Titelbild aus den frühen 1950er-Jahren ist ein Teil des Hauses links im Bild zu sehen, im Fokus steht aber der Wiederaufbau des Nachbargebäudes.

Da der Betrieb scheinbar doch bis in die 1950er-Jahre bestand und einen durchaus zentralen Standort hatte, wäre nun die Frage, ob sich jemand von Ihnen daran erinnern kann….

(Stadtarchiv/Stadtmuseum Innsbruck, Ph-A-24372-76; Abt. I-3818/1941, Abs. 2)

Dieser Beitrag hat einen Kommentar
  1. Erinnern kann ich mich nicht, Herr Bürgschwentner, aber mit dem Schlagwort „Carl Herrmann“ scheinen im AB von 1944 unter der Rubrik „Erzeugung von Bekleidungs- und Spielwaren“ die Hali-Werkstätten auf. https://www.innsbruckerinnen.at/bild.php?seite=304&buch=1944&back=1&meta1=

    In der IN vom 28. Juni 1941, wird auf Seite 11 die von Ihnen erwähnte Handelsregister-Eintragung veröffentlicht.

    Der Bote für Tirol berichtet am 25. Februar 1949 auf Seite 4: „Alpenländische Bekleidungswerke, Carl Herrmann, K.-G., Innsbruck, [Universitätsstraße Nr. 3]. Die Kommanditgesellschaft »Alpenländische Bekleidungswerke, Carl Herrmann, KG. Innsbruck«, hat das Unternehmen durch den öffentlichen Verwalter Rechtsanwalt Dr. Fritz Kellner dem Dipl.-Ing. Hans Richter, Innsbruck, mit dem Recht zur Fortführung der Firma mit einem als Nachfolgeverhältnis andeutenden Zusatz verpachtet. Die Firma ist dementsprechend geändert. Sie lautet fortan: Alpenländische Bekleidungswerke Carl Herrmann, K.-G., Innsbruck, Universitätsstraße 3, Pachtbetrieb, Pächter Dipl.-Jng. Hans Richter. Die Prokura des Jng. Ernst Fink ist er-löschen. 10. Jänner 1949.
    Helfen wird Ihnen das vermutlich nicht viel, nur der Vollständigkeit halber.

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