Ein Lied geht um die Welt
Auf der Suche nach einem passenden Beitragsthema bin ich auf dieses Konzertplakat gestoßen. Sofort sprang mir der Name des Sängers in die Augen. Joseph Schmidt. Die Titelmelodie von „Ein Lied geht um die Welt“ schwirrt mir im Kopf – vor ca. einem Jahr habe ich mir den Schwarz-Weiß-Streifen im Leokino angesehen. Dieser Film, welcher übrigens 1933 seine Urrauführung feierte, markierte für den Hauptdarsteller Schmidt den Höhepunkt seiner Karriere. Gleichzeitig war dies der Beginn seiner langjährigen Flucht vor dem NS-Regime. Doch wer war dieser Joseph Schmidt, der groß mit dem Worten „der weltberühmte Tenor singt“ beworben wurde?
Joseph Schmidt wurde 1904 in der Nähe von Czernowitz geboren. Er war von jüdischer Abstammung und trat bereits im Kindesalter in der heimischen Synagoge vor Publikum auf. Er studierte Gesang in Berlin und darauffolgend machte er Karriere im Rundfunk. Eigentlich wollte er Opernsänger werden, jedoch wurde ihm dieser Traum aufgrund seiner Körpergröße (1,54 m) verwehrt. Trotz alledem war Schmidt ein gefeierter Künstler und ging weltweit auf Tournee. Seine Stimme wurde von Zeitgenossen als einzigartig angesehen.
Nach der Premiere von „Ein Lied geht um die Welt“ flüchtete Schmidt vor dem NS-Regime. Zuerst emigrierte er nach Österreich; nach dem Anschluss ging er nach Belgien und Frankreich. Im Oktober 1942 suchte er Asyl in der Schweiz. Jedoch wurde er dort als illegaler Flüchtling angesehen und es war ihm verboten, jegliche berufliche Tätigkeit auszuüben. Infolgedessen wurde er in das Internierungslager Girenbad gesteckt, wo er unter schweren gesundheitlichen Problemen litt. Zwar kam er für kurze Zeit in das Züricher Kantonspital, jedoch stempelten die Ärzte ihn als einen Simulanten ab und Schmidt musste trotz Herzleiden in das Internierungslager zurückkehren. Einen Monat nach seiner Einreise in die Schweiz verstarb Joseph Schmidt an Herzversagen.
Doch die Geschichte des begabten Künstlers geriet nicht in Vergessenheit: Unteranderem wurde 1958 ein Film über sein Leben veröffentlicht und 1985 wurde das Joseph-Schmidt-Archiv in der Schweiz gegründet. Der historische Roman „Der Sänger“, welcher vor fünf Jahren erschienen ist, setzt sich intensiv mit der Flucht Schmidts auseinander.
Doch wie war nun der musikalische Aufenthalt in unserer Landeshauptstadt? Neben einen Konzert im Großen Stadtsaal gab Schmidt eine Autogrammstunde bei Herlango in der Maria-Theresien-Straße. Eine Signatur des Künstlers kostete den Fans einen Schilling; jedoch steckte der Sänger den Erlös nicht in seine eigene Tasche. Die ganze Summe, die durch die Autogramme aufkam, wurde an die städtische Winterhilfe gespendet. Und das Konzert selbst? Laut dem Allgemeinen Tiroler Anzeiger gab sich das Publikum erst nach zahlreichen Zugaben „mit der entschuldigenden Geste des erschöpften Sängers endlich zufrieden“. Es lässt sich vermuten, dass der Sänger nicht ohne Grund als Welttenor bezeichnet wurde.
(Stadtarchiv/Stadtmuseum Innsbruck Div-5252)
Verfasserin: Sophie Wechselberger