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Am Judenbichl

Am Judenbichl

Eine ungewöhnliche archäologische Grabung fand im Sommer 2007 auf dem Mühlauer Judenbichl statt. Mit wissenschaftlicher Genauigkeit und gleichzeitig bestmöglicher Rücksicht auf religiöse Bestimmungen sollten die Außenabmessungen des alten jüdischen Friedhofes bestimmt werden, um diese wieder mit einer symbolischen Mauer versehen zu können. Die Geschichte ist schon mehrfach erzählt worden, aber sie ist typisch für die entspannte Zusammenarbeit der Präsidentin der Kultusgemeinde Esther Fritsch mit Bischof (hier bereits Altbischof) Reinhold Stecher und Bürgermeisterin Hilde Zach, wenn es um die Umsetzung kleinerer und mittlerer Erinnerungsprojekte ging.

Bei einem Spaziergang nahe des Alpenzoos sollen Rechtsanwalt Paul Ladurner und Bischof Stecher am Straßenschild Judenbühel vorbeigekommen sein und sich gedacht haben, dieser ungewöhnliche Flurname verdiene eine Erklärungstafel. Dies teilten sie dem Obmann des Innsbrucker Verschönerungsvereines Hermann Hell mit, der sich bezüglich des Inhaltes der Tafel an die Kultusgemeinde und Esther Frisch wandte, die ihrerseits ihre Historiker-Helfer bat, so einen Text zu formulieren. Die Helfer hatten allerdings schon länger darüber gesprochen, den in den grasigen Hügeln ausmachbaren Begräbnisplatz bei erster Gelegenheit genauer untersuchen zu wollen. Viele Leute dachten, der Friedhof müsse „logischerweise“ oben auf dem abgetragenen Spitzbühel (wo sich heute der Kinderspielplatz befindet) gewesen sein. Er lag aber weiter unten und dort war mittlerweile so etwas wie eine Wiese mit gelegentlichen Grill- und Partyaktivitäten entstanden, auf der auch schon ein großer Baum wuchs. Nach einem Anruf von Esther Fritsch bei Hilde Zach war das Grabungsprojekt schon eine Woche später durch den Stadtsenat gewunken und nun ging es daran, den Ort vorsichtig zu vermessen. Mastermind und archäologischer Leiter der Expedition hinter den Tuffbach war Michael Guggenberger. Wer schon einmal bei einer Ausgrabung mitgemacht hat, kennt das anfängliche Gefühl, mit einem Löffel oder kleinen Spatel einen Berg abtragen zu wollen. Nach wenigen Tagen versteht man aber das Konzept der schichtenweisen Erforschung einer unterirdischen Fundstelle und der unerlässlichen präzisen Dokumentation. Da es wichtig war, keine Gräber oder Reste von Gräbern zu enterdigen, wurde zunächst mit Sondierungsgrabungen behutsam von außen nach innen gearbeitet. Schon kamen die ersten menschengemachten Strukturen zum Vorschein. Drei der vier Seiten der Mauerfundamente waren noch intakt, die am Hang gelegene westliche Seite war großteils in die darunter liegende Sandgrube abgebrochen. Die Lage der Außenmauern war bald klar ersichtlich, die Grabungen konnten erfolgreich abgeschlossen werden. Überraschend für nicht-Archäologen: Am besten schützt man solche Reste, indem man sie schlicht wieder mit Erde zudeckt.

Der zweite Teil der Unternehmung bestand dann darin, die Mauer, die nach den religiösen Vorschriften um jeden jüdischen Friedhof mannshoh stehen soll, symbolisch wieder zu errichten – auch, um hier auf dem nun bekannten Gräberfeld keine weiteren Partyaktivitäten zu ermutigen. Nach einem Gestaltungskonzept der Architekten Ada und Reinhard Rinderer aus Dornbirn wurde nun mit gebührendem Abstand von den Mauerresten eine Umfriedung aus Stahlplatten errichtet, wie sie heute dort oben noch zu sehen ist. Auch eine Erklärungstafel zeigt den Interessierten, was hier in den letzten Jahren gemacht wurde und warum, ganz im Sinne von Bischof Stecher, dieser Hügel Judenbühel genannt wird.

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