Unerwünschte Gäste und Gesten am Tivoli

Das große Bundesturnfest von 1930 war ein deutlicher Hinweis, wer sich in Innsbruck bald aller für Adolf Hitler würde begeistern können und wie kompatibel das alles mit der organisierten Turnerschaft war. So erschien im Vorfeld auch ein Stadtführer, auf dem für die Besucher*innen aus dem Altreich alle jüdischen Geschäfte Innsbrucks gelistet waren, um den versehentlichen Einkauf dort vermeiden zu können.

Bei der genauen Bildbetrachtung fällt ein Mann in SA Uniform mit Hakenkreuzbinde auf. So alltäglich diese Adjustage ab 1938 für sieben Jahre war, so überraschend ist sie in diesem Kontext.

Zu der Zeit war die Innsbrucker NSDAP wegen interner organisatorischer Querelen in einem schlechten Zustand. Bei den Gemeinderats-Ergänzungs-Wahlen 1929 bekam sie gerade 184 Stimmen. Ein euphorischer Bericht über das Turnfest als Ganzes, der über zwei Seiten der Zeitschrift Alpenland erschien, ärgerte sich über die Nationalsozialsten, die trotz der Südtiroler Gäste den „Faschistengruß“ zeigten.

Leider wurde der imposante Festzug von der Innsbrucker
Gruppe der Hitler-Nationalsozialisten zu einer sehr ge-
schmacklosen, aufreizenden Demonstration miß-
braucht. Am Schlusse des Festzuges marschierten nämlich,
selbstverständlich ohne Zustimmung und Wissen
des Festausschußes etwa 50 Hitlerleute und hatten die
traurige Unverschämtheit, durch ihren provokatorischen
F a s c h i s t e n g r u ß, die noch ganz unter dem Eindruck des
ergreifenden Süd-Tiroler-Gedenkens stehenden Zuschauer
in ihren heiligsten Gefühlen auf das gröbste
zu verletzen.

Alpenland, 19.7.1930

Das ist insofern bemerkenswert, als dann das Thema Südtirol in der NS-Zeit zu Gunsten der Achse Berlin-Rom tatsächlich vollständig begraben wurde.

Richard Müller wählt auch sehr hohe Positionen für seine Bilder; vielleicht hat er dafür sogar die mobilen Boxen von „Radio Hofer“ (das war die Firma des späteren Gauleiters) erklommen.