Apartheid im Innsbrucker Gemeinderat
Ende Jänner 1987 kam es im Gemeinderat der Stadt Innsbruck zu einer Diskussion über die Reise des Bürgermeisters Romuald Niescher nach Südafrika. Franz Klug, Gemeinderat der Alternativen Liste, warf Niescher vor, durch seinen Besuch das Apartheid-Regime zu legitimieren. Niescher stellte die zehntägige Reise, die er gemeinsam mit ÖVP-Stadtrat Karl Stöckl unternommen hatte, als Privatreise dar. Sein Johannesburger Amtskollege Harold Rudolph meinte hingegen, die Einladung des Innsbrucker Stadtoberhaupts Niescher sei Teil einer Strategie gewesen, Johannesburg „wieder auf die internationale Landkarte zu setzen“. Nieschers Besuch in Johannesburg wurde auch im Bulletin der Anti-Apartheid-Bewegung Österreich scharf kritisiert.
Im Gemeinderat entbrannte eine Debatte nicht nur über Nieschers Besuch, sondern auch die Lage in Südafrika allgemein. Niescher selbst riet von einer schnellen Änderung der menschenrechtsverletzenden Politik und Schritten wie einer Ausweitung des Wahlrechts ab und argumentierte in rassistischer Weise, dass „bei allem Wohlwollen gegenüber der schwarzen Bevölkerung diese im Moment noch nicht reif ist, mit vollem Stimmrecht volle Demokratie auszuüben“. (Stadtarchiv Innsbruck, Gemeinderatsprotokolle 1987)
(Bild: SADOCC)
Text: Eric Burton
Veranstaltungshinweis:
Westösterreich lokal – global – postkolonial. Perspektiven und Potenziale
Debatten um das Logo einer Vorarlberger Brauerei, das Aufspüren kolonialer Verflechtungen in Innsbruck und globale Lebensgeschichten aus dem Ötztal: Zivilgesellschaftliche Initiativen und neue Forschungsansätze führen zu neuen Perspektiven auf die Geschichte und Gegenwart von Tirol und Vorarlberg. An diesem Abend sollen Projekte und Erkenntnisse aus rassismuskritischen und historischen Arbeiten vorgestellt und diskutiert werden.
Wo: Claudiana, Herzog-Friedrich-Straße 3, Innsbruck
Wann: Montag, 6. November 2023, 18:00 Uhr
Programm: https://www.uibk.ac.at/zeitgeschichte/events/2023/pdf/02flyera5_.pdf
Eintritt frei
Eine Veranstaltung des Instituts für Zeitgeschichte der Universität Innsbruck in Kooperation mit Südwind Tirol und dem Welthaus Innsbruck