skip to Main Content
#bilderschauen --- #geschichtenlesen --- #gernauchwiederimarchiv
Ein Gefährliches Amt (VIII.)

Ein gefährliches Amt (VIII.)

Während sich Biener in Wilten vorübergehend in Sicherheit wähnte, überzeugten die Räte Ferdinand Karls den Bischof von Brixen, Soldaten Zutritt in das Stift zu gestatten. Sie ließen keine Zeit verstreichen und verhafteten Biener unverzüglich. Nachdem man ihn zuerst in Innsbruck gefangen hielt, wurde er in die Festung Rattenberg überstellt, die in jenen Tagen dem Landesfürsten häufig als Gefängnis diente.

Am 23. Dezember begann schließlich das Verhör Bieners – insgesamt wurde er an 28 Tagen verhört, durch manchmal wochenlange Unterbrechungen zog es sich jedoch bis Ende Mai des folgenden Jahres hin. Die Untersuchungsrichter – zwei Adelige aus Südtirol – brachten anhand der konfiszierten Dokumente verschiedene Vorwürfe gegen den ehemaligen Kanzler vor: Er habe diese Angelegenheit liegengelassen, Schreiben an Gesandte nicht weitergeleitet, Beschlüsse abgeändert usw. Biener musste sich ohne seine eigenen Protokolle (die er mehrmals anforderte) verantworten, fand aber auch so Antworten auf die verschiedenen Klagen: Manche Angelegenheiten wären nicht vom Erzherzog unterschrieben worden und konnten daher nicht erledigt worden sein; Briefe an Gesandte waren hinfällig, weil bevor sie versendet worden neue Nachrichten eingetroffen waren; die Beschlüsse seien von den Sekretären falsch niedergeschrieben worden. Auch aus den Akten aus Württemberg versuchte man ihm einen Vorwurf zu machen, da deren Einbehaltung ein schlechtes Licht auf den Erzherzog werfe.

Eine besonders Kuriose Episode des Verhörs spielte sich ab in Bezug auf einige Verse in Bieners privatem Notizbuch. Auf einem Medaillon mit dem Bild der Erzherzogin Claudia standen die folgenden Zeilen:

Si dotes animi potuisset pingere toto

Pulchrior in mundo nulla tabella foret

Die Biener umgedichtet hatte in:

Si sordes animi potuisset pingere pictor

Taedior in mundo nullo tabella foret

Übersetzt in etwa:

Wenn die Gaben des Geistes das Ganze malen könnten

Es gäbe kein schöneres Bild auf der Welt

Und Bieners Version:

Wenn ein Maler den Schmutz der Seele malen könnte

Es gäbe kein langweiligeres Blatt auf der Welt

Basierend auf diesen Zeilen versuchten die Richter ihn der Majestätsbeleidigung zu bezichtigen. Biener verteidigte sich damit, dass seine Umdichtung darauf abzielte, den Dichter der ursprünglichen Zeilen zu beileidigen, den er eines Plagiates bezichtigte und für einen Schmeichler hielt. So wurde eine Zeit lang debattiert, auf was sich Bieners Dichtkunst bezog, auch wurde im vorgehalten weshalb er denn die Zeilen für Schmeichelei und nicht der Wahrheit entsprechend hielt. Er entgegnete, dass wenn die zweite Zeile gelautet hätte:

Esset adhuc longe pulchrior haec tabula (dann wäre dieses Bild noch viel schöner)

dann würde es der Wahrheit entsprechen, aber so sei es doch übertrieben.

(Signatur Ph-A-24639-15)

Dieser Beitrag hat 2 Kommentare
  1. Wer einen Hund prügeln will findet auch in der Wüste einen Stecken. Wer Wind sät wird Sturm ernten. Zum Biener Prozess passen sicher noch weitere Spruchweisheiten. Ein ausgemachter Sympathieträger scheint er ja ohnehin nicht gewesen zu sein. Als Liebling der Chefin („bosses pet“) ist man auch in neuzeitlichen Betrieben schnell unten durch.

    Das ganze erinnert mich stark an unsere Untersuchungsausschußkultur. Nur – wie man schon im Voraus weiß – nicht so zahnlos.

    Sonderpreis ans Stadtarchiv für die Mantel & Degen Illustrationen 🙂 …dämpfen einwenig den Ernst der Sache.

  2. Ende der 80-er Jahre fand in Wien (Karlsplatz) die großartige Ausstellung „Der Goldschatz der Skythen“ statt.
    Man betrat sie – gruselig!!! – durch eine nachgebaute „Grabkammer, womit in Erinnerung gerufen wurde, daß die Skythen beim Tod eines Herrschers praktischerweise gleich seine gesamten engsten, engen und eher engeren Vertrauten dem toten Herrscher gleich ins Jenseits nachgeschickt hatten.
    „Wie gut“, dachte ich, daß wir in gaaaanz anderen Zeiten leben….!“
    Wer beschreibt mein Erstaunen, als kurze Zeit später auf der Titelseite der TT die Schlagzeile zu lesen war:
    „Großes Köpferollen in der Tiroler Landesregierung“

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Back To Top
×Close search
Suche