Zum Wetterläuten
Die Tradition des „Wetterläutens“ ist heute wohl ausgestorben, zumindest ist es mir wissentlich nirgends untergekommen. Früher war dieses aber ein bedeutender Bestandteil der Aufgaben eines Mesners.
So beschreiben Gunter Bakay und Petra Streng in ihren Tiroler Wettergeschichten, dass das Produzieren von Lärm schon jeher als Mittel eingesetzt wurde, um Dämonen zu vertreiben. Kirchenglocke eigneten sich dafür natürlich besonders gut, da diese zusätzlich noch gesegnet und getauft waren und daher quasi „doppelte“ Abwehrfunktion hatten. Zwei Dinge waren beim richtig ausgeführten Wetterläuten von Bedeutung: Erstens, dass der Zuständige rechtzeitig läutete, und zweitens, dass es im Nachhinein auch etwas nutzt – immerhin hing vom Erfolg des Läutens für die Bauern oftmals auch der Erfolg der Ernte ab. Für die Läute-Tätigkeit erhielt der Mesner von den Bauern eine jährliche Abgabe, welche „Wetterkorn“, „-garbe“ oder „Läutkorn“ genannt wurde und meist aus Getreideabgaben bestand. Der Läut-Erfolg war also nicht nur für die Bauern, sondern auch für den Mesner selbst von Bedeutung, da die Bauern bei Misserfolg ihre Abgaben reduzierten. Dieses Abgabeprinzip trieb dann auch seltsame Blüten: Es wird von einem Mesner in Ötz berichtet, der am Friedhof übernachtete um ja kein Unwetter zu verpassen. In einem Bericht aus Villgratten aus dem Jahr 1948 ist zu lesen:
„Was ist es aber, wenn trotz Wetterläuten und Wettersegen der Schauer die Wiesen bedeckt wie frisch gefallener Schnee? Dann hat der Mesner zu spät geläutet. Läuten soll er, wenn das Gewitter im Anzug ist. Was soll es denn in Gott’s Namen, wenn die Schauerwolken schon dastehen? Oder er hat zu wenig lang mit der großen Glocken geläutet, der Mesner. ’n nächsten Sunntage nach Kirchen auf der Gasse besprechen die Bergbauern erregt die Ursache des Hagels, der ihnen die halbe Jahresarbeit vernichtet hat. Und weil es der Mesner nicht richtig gemacht hat, bekommt er im Herbescht dann dafür weniger Galfern Hafer. Das nächste Mal stürzt darum der Mesner ‚wie ein spinnender Toifl‘ zu der Kirtumtür, wenn es hinter der Thurntaler Albe zu grollen anhebt. Daß er ja das rechtzeitige Läuten und den Hafer nicht versäumt. Um nicht zu spät zu kommen, tut man oft Wetterläuten bei bloßem Regen.“
Im selben Bericht ist zu lesen, dass der Mesner und sonstige Läut-Helfer, welche oft aus Pfarrer und Lehrer bestanden, sich nach getaner Arbeit dem Gasthause zugewendet, und einen Viertelliter Wein getrunken haben.
(Titelbild: Glockenstube der alten Höttinger Kirche, 1922. Stadtarchiv Innsbruck, Bi-G-756)
Literatur: G. Bakay, P. Streng, E. Berger, Tiroler Wettergeschichten, Innsbruck 2000.
M. Lang-Reitstätter, Maria, Vom Wetter in Villgratten, in: Tiroler Heimatblätter, 23. Jg. Heft 7/8, 1948, 142-145.