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Zu Carl Friedrich Lehmann-Haupt

Zu Carl Friedrich Lehmann-Haupt

Als Mitterer-geprägte/r Tiroler/in schallt beim Namen Carl Friedrich innerlich natürlich sofort der Satz „wir reisen ab“ in den Ohren. Doch es gibt auch noch weitere für Tirol bedeutende Carl Friedrichs, und dieser hier liegt mir besonders am Herzen, weshalb ich ein wenig über sein (Nach-)Wirken an der Innsbrucker Universität erzählen möchte – in diesem Falle mit einer persönlichen Note meinerseits.

Als kleine/r Student/in der Alten Geschichte und Altorientalistik frisch an der Uni begegnet man – und so auch ich damals – den großen Namen der Vorreiter der Forschung wie etwa Johann Heinrich Voß, Theodor Mommsen oder Johann Gustav Droysen mit großem Respekt, noch größerem Unwissen und viel Naivität. Einer dieser zugegeben verstaubt klingenden Namen, der immer wieder in der Peripherie meines damaligen Dunstkreises auftauchte, war C. F. Lehmann-Haupt.

Dass dieser eine besondere Bedeutung für das Innsbrucker Institut der Alten Geschichte und Altorientalistik hatte, wurde mir allerdings erst im Laufe der Zeit klar. Er wurde 1861 in Hamburg geboren und beschäftigte sich im Laufe seiner althistorischen Karriere vorrangig mit dem vorderasiatischen Raum, insbesondere mit dem Königreich Urartu, welches im heutigen Armenien zu verorten ist. Heute ist er Studierenden insbesondere als erster Herausgeber der Zeitschrift Klio. Beiträge zur Alten Geschichte bekannt, die erstmals 1901 erschien, bekannt. Nach dem Ersten Weltkrieg übernahm er die Professur für Alte Geschichte und Altorientalistik in Innsbruck, welche er bis zu seiner Emeritierung im Jahr 1932 innehatte.

Sein Name begegnete mir schließlich auch recht unerwartet im Umfeld des Stadtarchivs, in einer NS-Registratur-Kartei aus dem Jahr 1938, welche über Stadtbewohner mit jüdischer Abstammung angelegt wurde. Nach kurzer Recherche auf der Website der Universität Innsbruck erschloss sich die ganze Geschichte: In den Jahren nach seiner Emeritierung wurde Lehmann-Haupt aufgrund seiner jüdischen Abstammung und bürgerlichen Ideologie an der Universität Innsbruck mehr und mehr isoliert. Er verstarb im Sommer des Jahres 1938, seine Frau Therese folgte ihm im Herbst desselben Jahres. Laut den Ausführungen der Universität Innsbruck gab es Spekulation, dass er aufgrund der politischen und gesellschaftlichen Ereignisse den Freitod wählte. Ein ehemaliger Schüler schreibt später in einem Brief es sei wohl „besser für ihn, dass er die Novembertage nicht erlebt hat“.

Besonders kalt erwischte es mich, als ich in der NS-Kartei die letzte Adresse Lehmann-Haupts las: Schöpfstraße 4, ein Gebäude, welches ich aufgrund familiärer Beziehungen häufig besucht habe. Dass Lehmann-Haupt, den ich anfangs nur als großen Namen meines Fachs kannte, wohl seine letzten Lebensjahre in ebenjenen Räumlichkeiten verbrachte, dort seine letzten Gedanken fasste, in denen ich so oft unbeschwert in den Tag hineinlebte, berührte mich außerordentlich.

(Bild: Ex Libris von Carl Friedrich Lehmann-Haupt, Stadtarchiv Innsbruck, Ho-Ex-512)

weitere Literatur z.B.:

Sebastian Fink, Klaus Eisterer, Robert Rollinger, Dirk Rupnow (Hrsg.): Carl Friedrich Lehmann-Haupt. Ein Forscherleben zwischen Orient und Okzident (= Classica et Orientalia. 11). Harrassowitz, Wiesbaden 2015.

Universität Innsbruck, Carl Friedrich Lehmann-Haupt

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