Ziemlich mitgenommen …
… sieht dieser Beiwagen der Lokalbahn auf unserem Titelfoto aus. Allerdings war die Blessuren nicht dem Alter geschuldet (der Beiwagen mit der Nummer 117 hatte zum Aufnahmezeitpunkt immerhin bereits 38 Jahre am Buckel), sondern der unerwarteten Begegnung mit einer Dampfwalze. Wie der Tiroler Anzeiger am 13. Juni 1929 berichtete, war tags zuvor „[b]ei Instandsetzungsarbeiten an der Haller Bundesstraße nächst dem Landeshauptschießstand […] die Straßendampfwalze an den Schlußwagen der Lokalbahn Innsbruck-Hall [geraten], wobei ein 67jähriger Herr aus Wien, der sich im Wagen befand, durch Sturz eine große Rißwunde an der linken Schläfe erlitten hat. Die Freiwillige Rettungsgesellschaft Innsbruck hat dem Verletzten erste Hilfe geleistet und ihn vom Unfallsorte ärztlicher Behandlung zugeführt.“
(StAI, KR-NE-10433)
Tolles Bild!
Wie es wohl gewesen sein mag, mitten im Winter bei Minusgraden in einem dieser unbeheizten Wägelchen aus 1891 zur Stoßzeit mit lauter Filterlose und Pfeife rauchenden Menschen eingepfercht gewesen zu sein? Mit Ausdünstungen beschlagene Scheiben, Geruckel und Gerumpel, die hygienischen Verhältnisse waren damals ja auch nicht immer die besten, Deo gab es noch nicht. Das Leben als Fahrgast war in den 1920-ern sicher kein Ponyhof.
„Stoankrank“ wurde ich tatsächlich beim GTramwayfahren nur ein einziges Mal, als eine an der Haltestelle Maximilianstraße zugestiegene , natürlich „wohlmeinende“ Lehrerin mich von der Plattform hinein ins Innere des Wagens holte, damit ich mich nicht Verkühle…
Ja, Herr Schneiderbauer, Anfang der 50-er Jahre sahen etliche Anhänger noch genau so aus – halt nicht zerquetscht…
Ich trauere ihnen nach…!
Die Plattform ist auch am anderen Ende nach innen gedrückt worden, eine nicht sofort erklärbare Unfallabfolge wurde der Beiwagen auf den vorletzten hinaufgeschoben? Die pausbäckige Seitenwand blieb beschädigt. Gewicht 3200 kg, damit konnte man auch einer Dampfwalze paroli bieten. Die anderen unleserlich unscharfen Aufschriften am Chassis wird Herr Schneiderbauer auswendig wissen.
Dass man Zigaretten rauchte war anscheinend erlaubt, aber eigentlich schwer vorstellbar, auch wenn man damals noch Fenster öffnen konnte. Bei den seitlich angebrachten Bänken gabs keinen sinnvoll anzubringenden Aschenbecher, die Asche auf den Boden? Und die Kippe unauslöschbar zwischen die Holzleisten eben dort hin? Pfeifenraucher tragen wenigstens den eigenen Aschenbecher bei sich.
Das Rauchen in den Linienbussen und Straßenbahnen ist mir nicht mehr in Erinnerung, aber in den Postautos und Bahnbussen war in der Rückenlehne des Vordersitzes ein Aschenbecher eingebaut, man kippte ihn unter elektrisierendem Quietschen ein und aus. Noch lange Zeit sah man die kleine Mulde, die dieses Requisit aufgenommen hat, buchstäblich sinnentleert in den Sitzen von den älteren Bussen.
An der Stubaier hingen doch auch solche Wagen.
Ich denke mit Schaudern an die Fahrten im Winter in diesen Freiluftwagen auch genannt Sardinenbüchsen auf Rädern zur Station Nockhofweg. Wo dann der Kampf um die Schi am angehängten Güterwagen begann. Dann im Laufschritt hinauf zur Muttereralmbahn um ja nicht der Letzte an der immerwährenden Schlange zu sein.
Heute fährt man im klimatisierten Triebwagen und schwelgt darin in nostalgischer Erinnerung an diese Zeit……………
Die Stubaier hatte wenigstens zum Triebwagen passende Beiwagen, die offenen Plattformen teilte sie nicht nur mit der Haller u. Igler. Auch die älteste Einsergarnitur hatte diese offenen Konstruktionen, auch am Triebwagen. Ich hab einmal ein Foto von der Einser gesehen wie sie mit dick vermummtem Fahrer in der winterlichen Anichstraße unterwegs war. Bei der Bahn waren trotz erheblich höheren Geschwindigkeiten bei den damals so genannten Personenzügen offene Plattformen der Standard.
Man sparte sich die Umhüllung, wer wird schon draußen stehen wollen, gibt ja eh Raucherabteile.
Tatsächlich hatte die Stubaitalbahn Beiwagen, die nicht nur wesentlich länger, sondern auch breiter waren als die Dampftram-Beiwagen, die bis 1974 auf der 4er und bis 1981 auf der 6er liefen. Die kleinen Beiwägelchen waren nie auf der Stubaier im Liniendienst.
So sahen die Stubaier-Beiwagen original aus: https://postimg.cc/mP3PbSWZ (Foto: unbekannt, Archivfoto, ca. 1950)
In den 1960ern wurden sie modernisiert, das äußere und innere Erscheinungsbild wurde an die neuen Großraumtriebwagen der IVB angepasst: https://postimg.cc/4Kb2bjkC (24. August 1969, Foto: unbekannt, Negativ aus meiner Slg.)
1964 war die Modernisierung gerade im Gange, zu den Olympischen Spielen wollte man zumindest leidlich zeitgemäßes Wagenmaterial haben: https://postimg.cc/vxVGBGkF (19. Juni 1964, Foto: unbekannt, Dia aus meiner Slg.)
Auf dem Farbbild ist linker Hand aber auch ein Exot mit rundem Dach zu sehen – hier auch im Porträt: https://postimg.cc/ZBDrmLts (Foto: unbekannt, Archivfoto, 1. Februar 1964)
Zwei solche ehemaligen Beiwagen der Rechtsufrigen Thunerseebahn wurden von der Stubaitalbahn von den IVB übernommen, nachdem sich diese auf der Linie 4, für die sie eigentlich in der Schweiz angekauft worden waren, nicht bewährt hatten. Nach technischen Anpassungen waren sie auf der Stubaitalbahn noch lange im Einsatz. Vier weitere Beiwagen des selben Typs und sechs dazupassende Triebwagen ließen die IVB allerdings auf dem Abstellgleis verrosten bzw. verschrottete sie.
Fast hätt‘ ich’s vergessen: der Verein TMB hat gerade den Stubaier-Beiwagen Nr. 14 renoviert. Er kann zwar aus technischen Gründen nicht für Sonderfahrten eingesetzt werden, aber er glänzt zumindest äußerlich wieder und kann immerhin zwischen Museumsremise und altem Stubaitalbahnhof hin und her rangiert werden. Vielleicht ja ein guter Grund, mal wieder ins Localbahnmuseum am Pater-Reinisch-Weg zu schauen?
Danke für die Fotos vom „Exoten“. Bei der am Staatsfeiertag avisierten Ausfahrt des 60ers wäre ich schon gern dabei, einmal schauen.
Was ist die technische Ursache für die Inkompatibilität der alten Stubaier Beiwagen mit der Lokalbahn? Kupplung paßt nicht?
Der Beiwagen ist ein Zweiachser mit einem Radstand (Abstand von vorderer zu hinterer Radachse) von 4 m. Zum Vergleich haben die anderen Beiwagentypen der IVB Radstände von 2,9 m (ex Meraner Beiwagen), 2,4 m (große Beiwagen der Stadtlinien) und 1,8 m (kleine Dampftrambeiwagen). Je größer der Radstand bei nicht entlang der Fahrzeug-Längsachse beweglichen (z.B. auf sog. Drehgestellen montierten) Rädern, desto mehr verkeilen sich die Spurkränze beim Befahren enger Gleisbögen (Gleiskurven). Das Straßenbahnnetz hat vor allem auf den beiden alten Linien deutlich engere Bogenradien als die Überlandstrecke der Stubaitalbahn, sie sind für diesen Beiwagen zu eng.
Allerdings bekommt der Beiwagen laut Museumsbahnverein auch keine Zulassung für die Stubaitalbahn, und da weiß ich den Grund nicht. Das kann eigentlich nur damit zu tun haben, dass für Sonderfahrten auf der Stubaitalbahn kein Stubaitalbahn-Triebwagen zur Verfügung steht, sondern nur die vier noch vorhandenen Vierachser-Triebwagen der Linien 4 und 6. Vielleicht kann er ja zumindest ins Stubaital irgendwann wieder rollen, falls dereinst doch die Wiederinbetriebnahme eines der beiden noch vorhandenen Stubaier-Triebwagen gelingt.
Danke für die Info!
Es wird der zu große Achsabstand sein, Nicht wegen der StB Trasse, die ist ja einige Jahre lang getestet worden, eher wegen der Probleme, falls man damit in die Stadt fahren möchte.
Unserer Spaßgesellschaft traute ich sonst zu, ab Hölltal in ausgelassener Stimmung im antriebslosen Beiwagen hinunter zu rollen und zu versuchen über die Kuppe der Konzertbrücke möglichst weit in die Stadt zu gelangen. Die Crew, die es über die Konzertkuppe nicht schafft, muß den Beiwagen wieder zum Hölltal hinaufschieben.