Ziegler vs Czichna & Spörr
Forschende aller Länder, vereinigt Euch: Wider die Bevormundung von online-Datenbanken, die einem erklären, was „relevant“ sei. Nicht erst seit die Künstliche Intelligenz in aller Munde ist, glauben Suchresultate, sie wüssten wonach man „eigentlich“ gesucht habe. Bei google mit Milliarden Möglichkeiten der Reihung und einer echten KI im Hintergrund sehe ich das bis zu einem gewissen Grad ein und man ist auch bereit, sich bei tatsächlichen wie vermeintlichen Tippfehlern fragen zu lassen, ob man vielleicht etwas anderes gemeint habe. Die umfassende, inhaltlich hervorragende und OCR-makellose Zeitschriften-Datenbank der ULB Tirol, die für uns im Lande Recherchierende täglich Abfragebrot und Manna in der Fundstellenwüste bereithält, beharrt darauf, uns eine imaginäre Relevanz als primäres Ordnungssystem der Ergebnisse anzubieten.
Weil bei dieser unvermeidbaren Suche nach „Relevanz“ (die oft nichts anderes ist als eine Zählung der Häufigkeit des Suchwortes auf der Seite) bei Recherchen zur Firma Czichna diese Resultate zuerst kamen, bin ich auf eine völlig irrelevante aber unterhaltsame Geschichte gestoßen:
Am 26. Juli 1861 gibt die Firma Czichna bekannt, nun eine neue kolorierte Panoramakarte von der Hohen Salve im Programm zu haben. Eine kurze Meldung dazu erscheint im redaktionellen Teil der Innsbrucker Nachrichten.
Am 31. Juli sieht sich die Redaktion veranlasst, einem anonymen Leserbriefschreiber folgendes auszurichten (aber ist offenbar an der Story selbst doch interessiert):
Am 2. August kommt nun als entgeltliche Einschaltung der schwerwiegende Vorwurf: Czichna habe abgekupfert! Plagiatsalarm! Anzeige folgt im doppelten Wortsinn.
Das kann der beschuldigte Kunsthändler so nicht auf sich beruhen lassen und replicirt postwendend am 3.8.1961
Einige Tage später kommt die letzte Antwort zu dieser Serie. Es steht zu vermuten, dass Andreas Ziegler (1815 Frankfurt -1893 Innsbruck) mit der Nennung und Blamage des nicht mehr ganz jungen – da erst relativ spätberufenen – rezenten Absolventen der Münchener Akademie Franz Xaver Spörr (1821 Hötting – 1882 Telfs) die Geschichte um grüne Wiesen und blaue Luft auf der Hohen Salve abgedreht hat.
Auch wenn hier nur abgekürzte Vornamen und Nachnamen stehen, bei Recherchen zur einheimischen Kunstszene steht Ihnen bald das sagenumwobene Tirolisch-Vorarlberg’sche Künstlerlexikon des Konrad Fischnaler allgemein zur Verfügung (und nicht nur mir, der sich bei lokalen Künstlern weniger auskennt als bei Fussballspielern der 4. Division). Im Stadtarchiv haben wir Original (ein handgeschriebenes Unikat) und Scans, jetzt gilt es noch die Datenbank systematisch zu befüllen und den Suchenden dann „relevante“ Ergebnisse liefern zu können.
PS: Wenn jemand aus der Leser*innenschaft das Panorama „Rundschau auf der Hohen Salve“ von Andreas Ziegler oder das bunte Plagiat Spörrs pro Czichna besitzt oder im Internet findet, wären wir an Links interessiert! Heute nur als Symbolbild ein Halsverdrehpanorama für die Besucher*innen des Stadtturms zur Bestimmung der Innsbrucker Hausberge.
Vielleicht ist’s dieser Druck hier?
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