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Am Rio Terà Del Gießen (I)

Am Rio Terà del Gießen (I)

Es soll ja Innsbrucker*innen und Menschen, die hier leben, geben, die noch nie in Venedig waren. Wenn man gelegentlich so jemanden kennenlernt, bleibt einem nicht anderes übrig als sich am darauf folgenden Wochenende mit dieser Person in den Zug zu setzen und ein paar Stunden durch die Lagunenstadt zu wandeln, als dezent fachkundiger Oberauskenner mit den letzten wirklich geheimen Hotel- und Restauranttips und ausgestattet mit auf Wikipedia nicht verfügbarem Spezialwissen aus den 1970er Jahren (Ein Gelato mit drei Kugeln kostete damals 200 Lire, ein Liter Spuma 500 Lire… Statt Kleingeld gab es Zuckelen als Herausgabe… telefoniert wurde mit Gettoni und getankt mit Gutscheinen… ).

Eine wichtige Übung ist die völlig stadtplanfreie Navigation durch die Stadt, weder mit gefaltetem Papier noch mit google maps lässt man sich dabei ertappen, vielleicht doch nicht so genau zu wissen wo man gerade umgeht. Anekdoten zu jedem besseren Palazzo, zur Bau- und Wirtschaftsgeschichte der Inseln inklusive Murano, Burano und Torcello sowie zur gloriosen Seefahrtshistorie der Serenissima werden en passant erzählt. Natürlich hat man sich eingelesen und kann mit drei Grissini-Stangerln die Funktionsweise des neuen Hochwasserschutzes „Mose“ erklären. Bei den ersten „Rio Terà“ genannten Gassen wird die Definition eingestreut, dass es sich dabei um ehemalige, nun (oder schon länger) mit Erde aufgefüllte Kanäle handelt.

Im Stadtarchiv findet sich eine schöne dokumentarische Serie der Zuschüttung des Gießenbaches (die große Frage, ob das Gewässer nach Beimengung des Lohbaches nun dessen Namen angenommen habe, bleibt einstweilen ungeklärt). Ab Mitte der 1950er Jahre verlangten Sicherheitsgefühl, moderner Straßen- und Wohnbau sowie die nun wohlstandsempfindsamen Nasen der Höttinger*innen eine große Lösung für den nicht schiffbaren Canal. Auf dieser Seite nun eine erste Serie des noch offenen Baches zu allen Jahreszeiten (ich hoffe, die vielen bereits dem Thema dieses Phantomgewässers gewidmeten Seiten haben diese noch nicht „verbraten“). Die Bilder sind, wie könnte es anders ein, aus der Sammlung Kreutz; die Fotograf*in ist nicht bekannt.

Dieser Beitrag hat 8 Kommentare
  1. „Gießen“-Erinnerung:
    Ort: Schwimmbad Höttinger Au.
    Zeit: „Bevor die Bombn kemmen sein“
    Das Schwimmbad hatte zwei grüne Freibereiche.
    Mama und ich lagen auf unseren Handtüchern auf einer der beiden Holzpritschen an der Sonne – so wie die anderen Badegäste.
    Um diesen Freibereich war ein mannshoher Plankenzaun.
    Herinnen eine Schar ballspielender Gestalten männlichen Geschlechts, uralt – vom Standpunkt einer vierjährigen aus gesehen.
    Und immer wieder fiel der Ball nördlich über den Plankenzaun.
    …worauf der eine (oder der andere) dieser Männer einen Anlauf nahm, vor dem hohen Zaun kurz aufsprang, sich drüberschwang – und verschwand.
    Nach einer Weile kam irgendwoher – weiter östlich! – der Ball wieder herein – und der Bursche schwang sich ebenfalls wieder über den Zaun.
    Einmal dauerte es sehr lange – und der Bursche meinte: „Jetzt hab i ’n grad no derwuschn, bevor er in Inn eini isch!!!“
    S i n d das unvergeßliche Kindheitserlebnisse – neben denen sogar die Erinnerung an die vielen „Bremsen“bisse verblasst?

  2. Lustige Geschichte, Frau Stepanek. Die geschilderte Turnübung mußte geübt sein, damit die Wadln nicht mit der Planke unwillkommene Bekanntschaft machten, gefolgt vom unkontrollierten Absturz dahinter. Ein Turnlehrer wollte uns diese Waghalsigkeit noch in der Maturaklasse beibringen, nannte diese Flanke mit den Füssen voran „Diebsprung“ und drohte uns „wer die Übung nicht macht, kriegt eine Füffe“. Er war Ungar. Sein Beitrag zur Erreichung unserer Reife war die Erklärung, daß dieser Sprung auch die Rettung vor erzürnten Vätern bedeuten könnte. Er war Ungar.
    An die beiden Freibereiche kann ich mich auch noch erinnern, nach dem Krieg natürlich. Da war es aber so geregelt, daß der westliche Teil den Erwachsenen, als Ruhebereich, vorbehalten war, Kinder tummelten sich im östlichen Teil. Natürlich waren dort auch Mütter mit Kindern, wir waren ja unter der Woche dort, Schwimmen gabs nur in den großen Ferien, und da nur an Wochentagen. Am Wochenende war man „Eigentum der Familie“, gerne übrigens.

    Die Fotos hatten zumindest für mich teilweise durchaus Rätselqualität. Ich glaube aber die Rampe des bekannten Riesenstadels erkennen zu können und die Unterquerung der Unibrücke. Weiters sieht man ein Stück der Überdachung des Schwimmbades, eher erahnbar an der Balkonlandschaft gegenüber.

    1. Richtig, Herr Hirsch, an der Balkonlandschaft und den Stadeln hab auch ich mich orientiert.
      Aaaber – weil Sie gerade die Nachkriegszeit ansprechen:
      Können Sie sich noch an die grau- bis weiß-haarige alte Frau erinnern – mit der hinten zugeknöpften blauen Kleiderschürze und den schwarzen hohen Schnürschuhen, die unermüdlich das Wasser in der seichten Rinne rund um das Schwimmbecken mit ihrem Reisigbesen samt allen Eisstabelen und Tschicks zum Abfluß der Rinne in deren Nordostende kehrte?
      Geht eh alles ins Schwarze Meer! lautete die Devise.

      1. Neiiin, Mein Zeitrahmen dortigen Aufenthalts war 1955 bis 1965. Oder mir sind nur die Gleichaltrigen in Erinnerung.
        Ein Begriff war mir – und vielen Innsbruckern – der leider früh und jäh verstorbene Bademeister Kurz. Er brachte mir und zwei Nachbarkindern das Schwimmen bei.

        Gut in Erinnerung ist mir auch noch das Kaltwasser speiende Rohr in der Südosteke des Beckens, die Stufen vom Beckenrand hinunter, die Holzbauten mit Kasteln und Kabinen, und ein Sprungbrett, vor dem mir Herr Kurz die Angst nahm, indem er mich einfach hinunterschubste.

    2. War der „Ungar“ Turnlehrer im Reithmanngymnasium? Dann hat ihn auch mein älterer Bruder genossen und mir ist seit meiner Kindheit ein Zitat in Erinnerung: „Du klettern auf Seil, sonst ich mach dir Feier unter Arsch“. Tut wieder mal überhaupt nichts zur Sache, ich wollte das nur einfach schon lange loswerden. Wie hieß der freudliche Zeitgenosse?

      1. Wenn Du Name nicht merke Du kriegst eine Füffe!!

        Georg Sidó, gesprochen Schído, hieß er. Seine Tochter hieß Emöke und war eine Schönheit. Schmacht! Aber die ist jetzt auch 74 😀 . Und den Diebsprung (klang wie Tiefsprung) beherrsch ich auch nimmer.

        Jedenfalls hat man ihn mitten im Schuljahr von der Angerzellgasse an eine andere Schule versetzt nachdem in den Trimesterzeugnissen bei sonstigen Vorzugsschülern
        nie erlebte Mahnungen (4E – kennt das noch wer?) in „Leibesübung“ eingetragen waren. Sein Nachfolger, der junge Gustl Fleisch, war schon zufrieden, wenn wir ein bisserl herumturnen konnten.

        1. Schido – passt!!! Ich war ja auch akkademisch, mit Loinger <B und später Posch 🙁
          ich war immer in den -E Klassen, zuletzt in der 4E, vielleicht erklärt das im Nachhinein mein Scheitern ;-). Gustl Fleisch gab es 1973 schon nicht mehr.

  3. Wahnsinnig interessant, diese Bilder von der Einwölbung und vom Letztzustand des wahrscheinlich längsten der unter die Erde verschwundenen Innsbrucker Stadtbäche. Danke dafür! So viele Artikel dazu gibt es hier noch gar nicht.
    Das unterirdische Bett des Gießenbaches ist vom Beginn nahe der Tramstation Vögelebichl in Hötting bis zur Mündung in den Inn östlich der Unibrücke durchgehend begehbar.

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