Warum die Welt so ist wie sie ist?
Weil man sie uns so gezeigt hat, wäre eine mögliche Antwort.
Der Autor dieses Beitrags ist Jahrgang 1969, muss also kurz nach der Entstehung dieser Szene, für die dankenswerterweise ein Kalenderblatt mit auf der Bühne platziert wurde, entstanden sein. Wir sehen einen der beliebten Einführungskurse des Elektrizitätswerks Innsbruck in die modernste Technik des Kochens und Backens mit Elektroherden. Alle Teilnehmerinnern sind weiblich, was entweder reiner Zufall ist oder doch Ausdruck der gesellschaftlichen Norm, die unsere Eltern-Generation geprägt hat. Die Kursleiterin zeigt den in knielangen Röcken schick aber züchtig gekleideten zukünftigen Hausfrauen, was es mit dem Drehregler auf sich hat. Zur Veranschaulichung der vielfältigen Möglichkeiten zeigt ein Piktogramm alltägliche Anforderungen vom Auftauen auf niederer Stufe bis zum Geflügelbraten bei hohen Temperaturen. Dem Autor dieses Beitrags hat seine Mutter sehr viele gute Essen in solchen Elektroherden zubereitet, wenn durch unerwarteten (und so gut wie nie vorkommendem) Ausfall der Köchin der Vater dran war, gings gelegentlich zum Wienerwald oder Würstelstand.
Richard Frischauf war an diesem Tag im Hochhaus unterwegs und hat auch eine andere Gruppe fotografiert. Drei junge Männer in sommerlichen Outfits sind um 17:30h noch im Dienst, was bei städtischen Bediensteten bedeutet, dass sie Nachtdienst haben. Sie studieren einen Stadtplan und die darauf verzeichneten Transformatoren, der Teamleiter zeigt auf die Gegend unterhalb Sadrachs. Die Batterien der Handlampen sind geladen. Die drei werden später, wenn die letzte Zigarette im Sozialraum geraucht ist, in den kratzigen Decken auf den drei Betten hinter ihnen bei leichtem Schlaf über die Stromversorgung der Stadt wachen.
Der Autor dieses Beitrags hat als Bub viele Stunden über Atlanten gesessen und liebt Landkarten genauso wie Stadtpläne. Gekocht hat er zu Hause nie, das kam dann erst mit den Anforderungen des Studentenlebens und in Nachahmung männlicher Role-Models, deren erhöhtes Sozialprestige er bemerkte. Bei Überlandfahrten im Ausland chauffierten in den 1970er Jahren die Eltern abwechselnd. Wenn es knifflig wurde, fuhr der Vater. Die Mutter konnte einfach besser Karten lesen.
(Stadtarchiv Innsbruck, Sammlung Frischauf, Ph-3768, Ph-3769 und Ph-3770)
Das ganze Haus in die Luft zu jagen, das geht mit E-Herden nicht. Ein unschätzbarer Vorteil.
Welch furchtbare innere Zerissenheit muß in den Stadtwerken geherrscht haben, die einerseits die Innsbrucker Hausfrauen mit einem dramatisch auf den Gasometer aufgepinselten „Koche mit Gas!“ indoktrinierten und andererseits die Gasvestalinnen zur endgültigen Elektrifizierung ihres Tempels zu bekehren versucht haben.
Vom „Hochhaus“, sprich EWI, ist mir nur der Schalterraum für den menschlichen Kontakt mit der Kundschaft in Erinnerung, verglast mit Sprechscheibe und mächtigen Karteikästen im Hintergrund. Man konnte neben Fragen znd Beratungen dort auch persönlich die Stromrechnung bar bezahlen. Neben dem Lift ein paar Stufen hinauf, ein langgestrecktes O als Geländer in der Mitte, hellbrauner polierter Steinboden, so habe ich ihn in Erinnerung.
Ja, heute macht man das online, aber so persönliche unvergessene Infos wie die des Schaltermenschen, daß er heute fast zu spät zur Arbeit gekommen wäre, weil der Wellensittich nicht von der Schulter herunter wollte, wird mir der Computer in seinem grenzdebilen Cookie Geschrei als einzig angebotene Kommunikation nicht liefern.