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Von Gas, Frieden Und Tricks

Von Gas, Frieden und Tricks

Wie letzte Woche an dieser Stelle zu lesen war, hat der Innsbrucker Gemeinderat am 21. April 1988 einstimmig beschlossen, die Bretterbrücke beim Bierstindel in „Trientiner Brücke“ und die Gaswerkbrücke in Pradl in „Friedensbrücke“ umzubenennen.

In punkto der Trientiner wurden sofort Nägel mit Köpfen gemacht, zwei Tage später war die Brücke feierlich getauft. In punkte des Friedens passierte hingegen fast drei Jahre lang nichts. Im Gegenteil. In der weiten Welt passierte währenddessen unter anderem der Zweite Golfkrieg (1990/91). Um dessen Ende zu feiern – und wohl auch um den Gemeinderat dezent an seine Entscheidung zu erinnern – planten zehn Kinder- und Jugendorganisationen (darunter Kinderfreunde, Naturfreunde, Alpenverein und ARGE Friedenspädagogik) für den 7. April 1991 ein großes Friedensfest samt inoffizieller Einweihung der Brücke.

Um ein Fest veranstalten zu dürfen, mussten die Organisationen im Stadtsenat um eine Bewilligung ansuchen. Diese wurde auch erteilt. Aber: „Bürgermeister Romuald Niescher setzte daraufhin in der betreffenden Sitzung kurzerhand die offizielle Eröffnung durch die Stadt für vier Tage vorher, nämlich für 3. April fest,“ berichtete die Tiroler Tageszeitung am 21. März unter dem Titel „Kinder wurden ausgetrickst“. Die Jugendorganisationen sagten daraufhin ihr Friedensfest ab.

Und deshalb fand die Umbenennung am 3. April 1991 genau so statt, wie es sich gehörte: mit Bürgermeister, kirchlicher Segnung, Schützen und Sicherheitspersonal, deren kombinierte Zahl, wenn man die Fotografien betrachtet, wohl die Zahl der übrigen Anwesenden überstieg.

Am Tag nach der TT-Berichterstattung hatten die SPÖ-Gemeinderäte sogar noch den dringlichen Antrag gestellt, „die Jugend im Zeichen des Friedens zu versöhnen“ und zu beschließen, die offizielle Namensgebung auf den 7. April zu verlegen um das Friedensfest zu retten. Der Antrag wurde gegen die Stimmen von SPÖ, Alternative Liste Innsbruck (ALI), Grüne, und Innsbrucker Mittelstand (IMS) abgelehnt.

In der Folge stellte Wolfgang Samsinger (ALI) in der gleichen Sitzung die Anfrage, weshalb die Stadt den Kinder und Jugendlichen „zuvorkommen“ wollte, anstatt deren Mitarbeit an kommunalen Anliegen zu fördern und welche Entscheidungsgrundlage diesem Vorgehen zugrunde lag. Er bat um Beantwortung „durch den Bürgermeister selbst“ und meinte zudem: „Die Beantwortung durch den für Jugendfragen zuständigen Stadtrat kenne ich möglicherweise: Quod licet Iovi, non licet bovi.“ Mit seinem Zitat dürfte er wohl nicht ganz falsch gelegen haben, wenn man sich die zwei Monate später erfolgte offizielle Antwort ansieht, deren Inhalt für sich selbst spricht:

(Stadtarchiv/Stadtmuseum Innsbruck, Ph-25893, Ph-25897)

Dieser Beitrag hat einen Kommentar
  1. Die ganze Posse hat in der öffentlichen Meinung wohl am meisten den Jugendorganisationen geschadet. Das Wort „Friede“, welches eben auch durch den Golfkrieg sensibilisiert war, schien nur ein Vorwand gewesen zu sein, „der Politik eins auszuwischen“.

    Niemand hätte die Organisationen daran gehindert, das Friedensfest abzuhalten samt einer zweiten, womöglich NOCH kreativeren Eröffnung. Dazu hätte wohl niemand was „retten“ müssen …

    Seither ist der Name der Brücke wohl großteils in Vergessenheit geraten, und es hätte eine Menge völkerrechtswidriger Ereignisse gegeben, welche zu Kundgebungen hier Anlass gegeben hätten. Ich weiß von keiner.
    Im Gegenteil habe die Friedensbrücke in den Medien eigentlich nur rund um die dort gehäuften Gewalttaten um 2015 in Erinnerung …

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