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Vaterländische Verirrung

Vaterländische Verirrung

Diese Herrschaften, ausgestattet mit den verschiedensten Attributen und Werkzeugen ihrer Zünfte, posieren für ein Gruppenbild der Vaterländischen Bau-A.G. Dieser Teil der Beschriftung stimmt sicher. Was das Jahr und den Ort des Aufnahme betrifft, ist es schon komplizierter.

Die in Tirol nur in den Jahren 1922 bis 1928 in Erscheinung getretene Baufirma mit dem patriotischen Namen war eine in Wien registrierte Konzerngesellschaft, die ihrerseits der Deutschen Sparkassen-Centralbank gehörte. Viele Aufträge, die man Anno-Googlen kann, waren im Bereich Infrastruktur angesiedelt. Die Innsbrucker Adresse war Maria-Theresien-Straße 47, Ecke Fuggergasse 2, die lokalen Ansprechpartner wechselten oft.

Was eher unwahrscheinlich bis unmöglich scheint, ist der angegebene Ort der Aufnahme. Erstens sieht der genannte Westbahnhof anders aus und zweitens steht der schon seit 1907 in der heute bekannten Form am selben Ort. Da in den vaterländischen Zeitungen die Baugesellschaft auch als an den komplizierten Umbauten des Hauptbahnhofes beteiligt genannt wird (die etwas später stattgefunden haben), könnte natürlich auch ein Wiener Beamter, der in Zeiten, als es in Wien zwar einen Westbahnhof, aber noch keinen Hauptbahnhof gegeben hat, das schöne Foto falsch beschriftet haben. Wenn unsere lokalpatriotische Eisenbahner-Auskenner*innen Leser*innenschaft das Bild sieht, wird sie vermutlich gleich wissen, welches Gebäude hier errichtet wurde. Hinweise an die Red. erbeten.

Dieser Beitrag hat 4 Kommentare
  1. Damals war die Vaterländische Baugesellschaft auch in Hall tätig. Dieser Artikel aus dem Tiroler Anzeiger vom 26. Oktober 1922 ist auf Grund des Zeitkolorits sehr interessant und aufschlussreich:
    „Bautätigkeit in Hall. Der „Tiroler Volksbote“
    berichtet: Beim Bahnhof in der Hallerau führt die Va­-
    terländische Baugesellschaft für die Südbahn große Ram-
    pen und Lagerhäuser auf. Wenn, man an das heurige
    schlechte Wetter und die herannahende Winterkälte denkt,
    muß man Erbarmen haben mit den armen Waggonbe-
    wohnern am hiesigen Bahnhof. Und diese Waggonwoh-
    nungen haben sich in letzter Zeit noch vermehrt, weil
    einige Südbahner-Familien ans Südtirol ansgewiesen
    wurden und nun in kleinen, feuchten Waggons hausen
    müssen. Unterdessen stehen Dutzende von Böhmen und
    Slowaken gerade im Eisenbahndienst, welche den ein­-
    heimischen Deutschösterreichern Brot und Wohnung weg-
    nehmen. Da kehrt aber kein Besen aus — diese Fremd­-
    linge bilden ja die rote Kerntruppe!— In der Stadt
    haben mehrere Hausbesitzer ihre Häuser frisch und mei­-
    stens auch geschmackvoll herunterputzen lassen. Im Glas­-
    kasten auf der Lend, wo bis jetzt die Fachschule für
    Schuster und Schneider untergebracht war, werden Woh­-
    nungen eingebaut.— Die regste Bautätigkeit herrscht ge­-
    genwärtig an der Landes-Jrrenanstalt, weil dort für die
    Fachschule der Schuster und Schneider mit 70 bis 80
    Lehrlingen Unterkunft geschaffen werden muß. Der ganze
    Trakt gegen die Thurnfelderstraße wurde für diesen
    Zweck in Anspruch genommen und nun geht es seit einem
    Monat an ein Umbauen, Dachdecken, Verputzen, daß der
    alte Irrenhauskasten wenigstens nach dieser Front ein
    ganz properes Aussehen bekommt.“

  2. Auf Grund der damaligen Wohnungsnot handelt es sich möglicherweise um 1922/23 gebaute Wohnbauten in der Nähe des Westbahnhofs. Der Tiroler Anzeiger vom 3. April 1922 berichtet:
    „Ein Messerheld. Am Samstag mittags hat ein ent­-
    lassener, beim Bau der neuen Wohnhäuser am West­-
    bahnhof beschäftigt gewesener Raufbold nach gesuchtem
    Streit einem 50 jährigen Zimmermann zwei Stiche
    in die linke Brust und Oberschenkel versetzt und ist dann
    davon gerannt.“

    1. Ich tippe dabei wieder einmal im Blindflug ohne Netz auf ein Haus in der Karwendelstraße. Dort war eine ganze Eisenbahnerwohnanlage. Wenn die Maueröffnung neben der Tür eine zweite Tür ist – man sieht es nicht so genau – dann könnte es sich sogar um das Haus Karwendelstr. 5 handeln, welches zwei Balkonpaare an der Südseite hat. Die Ortsangabe Westbahnhof genügte der Baufirma wohl zur Lokalisierung.

      1. Glaube ich auch. „Bau Westbahnhof“ kann genauso gut „Bau in der Nähe des Westbahnhofs“ heißen wie „Bau des Westbahnhofs“. Und die Eisenbahner:innenwohnhäuser westlich des Wbf sind Ziegelbauten.

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