Urlaub am Caldonazzosee
Die in diesem Beitrag verwendeten Glasplatten-Fotografien stammen alle aus dem Bestand Brunner-Nemec. Sie sind im Jahr 1912 entstanden und dokumentieren einen Familienurlaub am Caldonazzosee (Lago di Caldonazzo) im Trentino. Die Fotoplatten befanden sich in einem Karton, der mit „St. Christof am Caldonazzosee, 16.8. – 2.9.1912“ beschriftet war. Das Titelbild trägt den Titel „Lotte am Strand, St. Christof, Sommer 1912″. Es zeigt eine junge Frau, die im seichten Wasser in Ufernähe stehend für den Fotografen posiert. Bekleidet ist sie mit einem zu dieser Zeit wohl hochmodernen „Badeanzug“ und einem breitkrempigen Sonnenhut. Während dieses Urlaubs entstand auch folgende Fotografie. Auf dem Ruderboot im Bildvordergrund sitzt ein Junge, der die Beine ins Wasser baumeln lässt. Das Boot gehörte – laut seitlicher Beschriftung – dem Hotel Seehof.
Die Gegend um den Caldonazzosee war – laut eines Artikels in der Zeitung „Ostdeutsche Rundschau“ vom 28. April 1912 – zu diesem Zeitpunkt noch eine Art „Geheimtipp“ für einen Urlaub im Süden, ganz im Gegensatz zum – auch heute noch – viel bekannteren Gardasee: „Zu Tausenden zogen unsere Landsleute in den Osterferien nach dem sonnigen Süden. Bozen und Meran waren überfüllt, und am welschen Gardasee fand sich oft kein Zimmer mehr, das angemessene Unterkunft bietet. […] Wir möchten daher auf die beiden deutschen Südtiroler Sommerfrischen im Suganertal hinweisen, die, landschaftlich wundervoll gelegen, deutschen Gästen einen vorzüglichen Aufenthalt bieten. Es ist dies die neue deutsche Kolonie St. Christof am Caldonazzosee (mit der Bahn von Trient aus in einer halben Stunde zu erreichen) mit dem neuen, herrlich gelegenen Hotel „Seehof“ und die den See beherrschende Burg Persen, die „Perle Südtirols“. […] Reich illustrierte Führer durch die Gegend werden vom Hotel „Seehof“ in St. Christof am See und von der Verwaltung von Burg Persen im Suganertal in Südtirol kostenfrei versandt.“
(Stadtarchiv Innsbruck, Ph-Pl-2609, Ph-Pl-2608)
Interessant, vor allem weil dieses ganze Gebiet vor langer, langer Zeit einmal (13./14. Jahrhundert) meinen Vorfahren gehört hat, wie historische Dokumente dies noch heute belegen. Das war ein altes Rittergeschlecht, dem ich letzten Endes entstamme. Wappen ist noch vorhanden, Siegel und Siegelring kann ich mich noch aus meiner Jugend erinnern, sind aber irgendwie, irgendwo verloren gegangen (?), jdenfalls nicht mehr in meinem Besitz. Habe auch die Burgruine besucht, die damals von meinen Vorfahren bewohnt wurde, für mich ein Erlebnis, obwohl nicht mehr viel umma is. Meine Mutter war eine geborene Caldonazzi und hat dann den Fink geheiratet.
Ja, Herr Fink, auf dieser Ruine bin ich auch schon herumgeklettert, nicht ahnend, auf diese Weise Jahrzehnte später vom „Burgherren“ zu erfahren …
Für mich überraschend, dass der Caldonazzosee kein großes Echo hier ausgelöst hat: In den 1950er-Jahren hat Hermann Gmeiner ja ein (sumpfiges) Grundstück am See erworben und daraus ein großes, alljährliches Sommerlager für das SOS-Kinderdorf gemacht. Gmeiner ist oft mit Herrn Ciola am See gestanden, ohne den Kauf und Trockenlegung wohl nicht möglich gewesen wären.
An die 2.000 Kinder und Betreuer, vornehmlich aus Österreich und Deutschland, sind da alljährlich im Sommer zusammengekommen. Wie es heutzutage genau gehandhabt wird, weiß ich nicht.
Jedenfalls gibt’s gleich Gesprächsstoff, wenn man vor den immer noch existierenden „Centrale“ und „Due Spade“ am Hauptplatz sitzt und am Nachbartisch deutsch gesprochen wird …