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Umstrittene Denkmäler

Umstrittene Denkmäler

Das Siegesdenkmal in Bozen ist nicht das einzige Monument, welches das faschistische Regime in Südtirol hinterlassen hat. In der Zwischenkriegszeit wurde auch mehrere Ossuarien (Ossuarien, auch Ossarien – Beinhäuser) an den neuen Grenzen Italiens errichtet. Sie wurden nicht nur an der neuen Grenze zu Österreich gebaut, sondern auch zu Jugoslawien. Das größte der Ossuarien steht in Redipuglia an der heutigen Grenze zu Slowenien, in der die Gebeine von 100.000 Toten beigesetzt wurden. Die Ossuarien in Südtirol stehen in Innichen, Gossensaß und Burgeis (am Tonalepass, an der Grenze zwischen dem Trentino und der Lombardei findet sich ein weiteres). Abgesehen von letzterem liegen sie weitab des Frontverlaufes während des Ersten Weltkrieges. Ihre Funktion liegt darin, den neuen Grenzen Italiens, die in der Propaganda der Faschisten als „heilig“ (sacri confini) bezeichnet wurden, Legitimität zu verleihen. Die Gefallenen wurden exhumiert und in die neuen Beinhäuser verlegt.

Unter den dort beigesetzten finden sich auf Gefallene der k.u.k. Armee, die nach faschistischem Verständnis „italienisch“ waren. Die Tatsache, dass die Ossarien in Südtirol im Vergleich zu dem Monumentalbau in Redipuglia verhältnismäßig klein ausfielen, führt Gerald Steinacher[1] vor allem auf außenpolitische Überlegungen zurück, da man die deutschen und österreichischen Nachbarn nicht zu sehr provozieren wollte. In Innichen sind 250, in Gossensaß 120 und in Burgeis 330 Tote beigesetzt.

Das Ossuarium in Gossensaß ist in die Felswand gehauen und mit Marmor verkleidet. Vor dem Altar, der sich vor den Gräbern findet, prangen die Worte „Sia sacra agli Italiani la via dove passarono i fanti“ (dt. „Heilig sei den Italienern die Straße, auf der die Soldaten zogen); das Detail, dass italienische Soldaten dieses Gebiet vor dem Waffenstillstand nie betraten, störte die Architekten anscheinend nicht. Die Ossuarien in Innichen und Burgeis sind kreisförmig angelegt, im Zentrum des letzteren steht ebenfalls ein Altar.

Das größte der Monumente in Redipuglia, wo 100.000 Tote des Ersten Weltkrieges bestattet wurden (Signatur GoNe-019103)

Titelbild: Das Ossuarium bei Burgeis hinter dem Reschenpass (Signatur KR-DIA-33)


[1] Gerald Steinacher, Die Toren als Grenzwächter der Nation: Die Beinhäuser des italienischen Faschismus in Südtirol, in: Zibaldone: Zeitschrift für italienische Kultur der Gegenwart (2010), Band 49, S. 37–45.

Dieser Beitrag hat 3 Kommentare
  1. Ja, man kann sich natürlich Jahrtausende lang über etwas aufregen an dem man selber ohne Ausrede ganz alleine schuld ist. Nicht gerade an den Entwicklungen der Zeit unmittelbar vor Kriegsausbruch mit Italien und an der sich dann entwickelnden Eigendynamik, aber da hat es eine lange Anlaufzeit der bornierten Feindbildpflege gegeben.

    Man kann natürlich angesichts der faschistischen Bauwerke im Stil der Zeit „offended“ sein. Eines ist mir aber beim Besuch diverser Ossarien aufgefallen, es ist dort nie ein Unterschied gemacht worden zwischen Italienern und Österreichern. Da liegen die bilateralen Knochenreste beieinander, der Giuseppe neben dem Josef, Opfer, keine Helden. Friedlich. Ohne eine Spur des Hohnes gegenüber Austria in den AUfschriften. Wir wären vielleicht nicht so nobel gewesen. Noch in den 60ern sprach schließlich ein LHStV Gamper immer noch vom Todfeind im Siden (und im Norden), Aber für uns Auergymnasiasten war das eh schon längst klar wen wir zu verurteilen haben.

    P.S.: Die Salzburger kamen als „Mentschen im Oschten“ beim Gamper auch nicht so gut weg, ihnen attestierte er einen „moluschkenartigen“ Charakter. Was immer das sei.

  2. Ich stimme Ihnen zur Betrachtung der Zeit vor dem Ausbruch des 1. Weltkrieges zu. Tatsache ist aber auch, dass Italien bis 1915
    sich Neutral verhielt und dann Österreich-Ungarn den Krieg erklärte. Die Gründe dafür sind hinlänglich bekannt.
    Erwiesen ist aber auch, dass in diesem Teil vom Vinschgau keine Kampfhandlungen stattfanden, außer die Kämpfe an der Talfer
    im Jahr 1499 gegen Schweizer Truppen.
    In Spondinig bei Prad sind in einem Militärfriedhof alle Gefallenen der Kämpfe vom Bereich Stilfser Joch und auch russische
    Kriegsgefangene, soweit namentlich feststellbar war, bestattet.

  3. Jetzt habe ich den ersten Kommentar aufmerksam gelesen, aber mir erschließt sich nicht, dass an der geschilderten Situation ausschließlich wir selbst schuld haben. Wenn man Forderungen nach einem anderen Land erhebt, entwickeln sich Feindbilder. Mazzini hat bereits 1831 im Zuge der italienischen Einigungsbestrebungen die künftigen Grenzen Italiens skizziert mit der Grenz am Alpenhauptkamm. Gründe dafür waren eben die gut zu verteidigende Grenze am Alpenhauptkamm, das Wasser und das Holz. Österreich hat darauf eher versucht zu kalmieren und sich zuletzt noch auf den sogen. „Dreibundvertrag“ eingelassen. Dieser war ein reines Verteidigungsbündnis zwischen Deutschland, Italien und Österreich-Ungarn und Italien hat sich 1914 mangels Angriff zu recht nicht am Kriegsausbruch beteiligt. So gesehen hat 1915 auch kein „Treubruch“ stattgefunden. Tatsache ist aber, dass Italien Österreich-Ungarn den Krieg erklärt hat und dafür die Verantwortung zu tragen hat.
    Was das eigentliche Thema betrifft, so würde es dem nunmehrigen europäischen Geist entsprechen darauf zu verzichten, gefallene Soldaten, ich gehe davon aus dass man weder Giuseppe noch Josef gefragt hat, wo und wie sie liegen wollen, nach wie vor für die Geschichtsklittung des seinerzeitigen faschistischen Regimes zu verwenden.

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