Trachten und Italienrundfahrt – ein Innsbrucker „Fest des Radsports“
So bezeichnete die Tiroler Tageszeitung (08.06.1988, S. 15) das Spektakel um die 16. Etappe des Giro d’Italia 1988, welche ihr Ziel in Innsbruck hatte. Die am Vormittag in Meran gestarteten Radprofis trafen nach 176 Kilometern, welche sie über das Timmelsjoch, Sölden und Seefeld geführt hatten, schließlich am Rennweg vor mehreren Tausend Zuschauern in der Tiroler Landeshauptstadt ein. Auf dem ersten Foto sehen wir den Zielbereich – wohl noch vor Ankunft der Athleten – mit einer heimischen Blasmusikkapelle, traditionell in Tracht gekleidet. Ebenfalls zu erkennen ist im Hintergrund ein werbendes Plakat, das freudig die erstmalige Präsenz des Giros in Tirol ankündigt und die Anwesenden und Gäste im „cuore delle alpi“ willkommen heißt.
Auch die italienische Presse zeigte sich begeistert, von der Tiroler Landschaft ebenso wie von den vielen enthusiastischen Innsbrucker Fans: „Belli soltanto lo scenario, le splendide valli tirolesi e l’entusuiasmo […] di migliaia di austriaci.“ (La Stampa, 08.06.1988, S. 25). Sportlich gesehen dominierten die Italiener diesen Giro-Tag übrigens auf ganzer Linie, die ersten drei Plätze gingen allesamt an die Nachbarnation. Auf dem zweiten Bild sehen wir den Etappensieger Franco Vona direkt nach dem Überfahren der Ziellinie am Kongresshaus, er gewann mit nur drei Sekunden Vorsprung auf seinen Landsmann Marco Vitali, auf den Enrico Galleschi folgte. Außerdem erkennt der Betrachter die eben erwähnten, zahlreich applaudierenden Fans neben der Strecke. Der Pitztaler Helmut Wechselberger, später Präsident des Tiroler Radsportverbandes, wurde 18. in Innsbruck und am Ende 23. in der Gesamtwertung.

Außerdem gab es an diesem Tag des zweitwichtigsten Radrennens der Welt noch Aufruhr wegen eines historischen Novums in der Geschichte der Rundfahrt – eines Streiks der Fahrer im ersten Teil der Etappe. Diese waren nicht einverstanden mit der Handhabung der in diesem Frühsommer extrem schlechten Wetterbedingungen durch die Organisatoren. Der Streik wurde jedoch von einigen Rennfahrern durchbrochen und das Rennen schließlich normal zu Ende gebracht, trotz eisigem Wind auf dem Timmelsjoch. Man kann also insgesamt von einem in jeder Hinsicht gelungenen, spannenden und turbulenten Renntag der Italienrundfahrt mit Ziel in Innsbruck sprechen. Hier kann man sich bei Interesse übrigens noch schöne, wenn auch etwas unscharfe Aufnahmen der Zieleinfahrt durch die Stadt anschauen.
(Stadtarchiv/Stadtmuseum Innsbruck, Ph-22214, Murauer-Foto)
Elias Lanzinger
…mit nur drei Sekunden Vorsprung… Das ist großer Abstand im Rennradsport!
Und bitte lasst den Genitiv nicht aussterben: …trotz eisigen Windes auf dem Timmelsjoch… DANKE!
Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod – leider… 😉