skip to Main Content
#bilderschauen --- #geschichtenlesen --- #gernauchwiederimarchiv
Tagebuch Einer Reise (III)

Tagebuch einer Reise (III)

Nachdem die Herren Trappentreu, Sickl und Jaud nun ihre Visa bekommen haben, steht einer Weiterreise nichts mehr im Wege. Nachdem sie am Montag in aller Herrgottsfrüh die Hotelrechnung über 14 Gulden („wovon auf’s Zimmer 6 fl., Licht 50 xr. [und] Service 1 fl 20 xr.“ entfallen sind) beglichen hatten, schleppten sie ihr „Gebäck [sic] abermals zum Dampfschiff-Bureau“, wo wir die drei Münchner wieder treffen:

III. Tag
[…]
Herr Trappentreu löste 3 Billet[s] I. Clss. nach Pest a 9 fl. 15 Xr. = 27 fl. 45 xr. und um 1/2 6 Uhr fuhren wir mit einem kleinem Dampfschiffe auf dem Donauarme bis zu den Kaisdermühlen, wo [das] Schiff gewechselt wurde. Hier Café getrunken 7 xr. Die Ufer sind hier zu beiden Seiten flach, zur Rechten erblickt man die Wiener Ebene, zur Linken das fruchtbare Marchfeld, das Auge findet keinen Ruhepunkt. Der Strom in zahlreiche Arme getheilt, bildet viele Inseln, die mit statlichen [sic] Waldungen bewachsen sind. Nach ungefähr einer Stunde Farth [sic], kammen [sic] wir in Kaisder-Ebersdorf vorbei; hier war es, wo die Franzosen 160.000 Mann stark, im Jahre 1809 über die Donau setzten. Späther [sic] erblickten wir das freundlich gelegene Städtchen Fischament. Die sogenannten Auen hören allmählig auf, die Ufer werden steiler und sind nicht mehr so einförmig, der Strom hat eine Breite von 600 Schritte[n].Wir kamen an dem kleinen Dorf Elend vorüber, welches 1770 von der Donau mit Kirche und Pfarrhof weggeschwemmt wurde. Das Dampfboot fährt dicht am Ufer bei dem Städtchen Deutsch Altenburg vorbei, hinter demselben steht eine aus Quadersteinen erbaute Kirche auf einer Anhöhe, die eine der ältesten Österreichs ist. Trotzdem ist das Äussere derselben noch gut erhalten, wenn gleich kein Gottesdienst darin mehr gehalten wird. Dampf- und Schleppschiffe begegneten uns in großer Anzahl. Zwischen drei Bergen sahen wir die schon gelegene Stadt Hainburg mit 4000 Einw., später die Überreste der Burg Rottenstein, dann die letzten Überbleibsel eines römischen Thurmes, und hinter denselben den Marktflecken Theben. Die dabei befindliche Burg liegt höchst malerisch da, und ist noch von bedeutenten [sic] Umfang; sie ist im sechsten Jahrhundert von Slawen erbaut, und im Jahre 1809 von den Franzosen, leider ganz zwecklos, zerstört worden. Kaum daß wir das alte Theben hinter uns hatten, zeigte sich schon die lieblich gelegene Frei-Stadt Preßburg mit 45.000 Einwohnern. Eine weite fruchtbare Ebene dehnt sich hier wieder aus, im Hintergrunde zeigen sich schon die kleinen Karpathen. Auf einem zienmlich hohen Berge stehen die Ruinen des alten Schlosses mit 4 Eckthürmen, welches königlich von Maria Theresia ausgeschmückt war, bis es 1811 durch eine Feuersbrunst gänzlich zerstört wurde. Nachdem wir noch an der Festung Komorn vorüber fuhren, welche von Mathias Korvinus angelegt wurde, und einen imposanten Anblick gewährt, wurde zur tabel d’hôte gerufen (5fl.), wobei wir uns gütlich thaten; jedoch bald wieder auf das Verdeck [sic] eilten, weil es lästig schwühl in den [sic] Speise-Salon war, und, um auch nichts von der Gegend zu versäumen. Ausnehmend schön macht sich der auf einem Hügel gelegene Dom von Gran, das der Sitz des Primas von Ungarn ist. […] Die Stadt selbst liegt unter einem Bergrücken sehr freundlich da, und zählt gegen 16.000 Einwohner. Hier stiegen viel Reisende aus und wieder neue ein. Man fährt noch ungefähr eine kleine Stunde, und die Gegend wird so schön, wie am Rhein. […] Endlich zeigt sich das Ofener-Gebirge, dann Alt-Ofen, das schöne Schloß ähnlich dem Schönbrunner, so wie die imposante Festung. Kurz darauf liegen die beiden Städte Ofen und Pest vor uns, welche durch eine prachtvolle Kettenbrücke verbunden sind, die 7 Millionen Gulden kostete. Das Dampfboot legte zuerst bei Ofen an, wo wir uns aber nicht verführen ließen auszusteigen, dann bei Pest, hier ankert eine förmliche Flotte von Dampfschiffen. Wir begaben uns von einem Packträger begleitet in das auf’s Beste empfohlene Hôtel zum König von Ungarn, wo wir es in jeder Beziehung sehr gut trafen. Schon im Bette, machte ich noch meine Gedanken, über das viele Schöne und Interessante was nur dieser eine Tag darbot.

Reisetagebuch von Joseph Jaud
Blick zur Kettenbrücke, Aufnahme aus dem Jahr 1906.

Wenn man Jauds Aufzeichungen liest, dann scheinen die drei Reisegefährten ausgezeichnet über die Sehenswürdigkeiten entlang ihrer Route informiert gewesen zu sein oder sie haben fleißig ein Reisehandbuch (vermutlich den Baedeker) konsultiert … was die drei Bayern in Pest so alles gesehen haben, erfahren Sie hier demnächst.

(Fotos: StAI, Sammlung Kreutz, 1906)

PS: Die gezeigten Bilder waren hier schon einmal zu sehen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Back To Top
×Close search
Suche