Streit am Marktgraben (I.)
Die Vorbauten, wie sie heute noch am Franziskanerplatz zu sehen sind, säumten vor dem Zweiten Weltkrieg den Markt- und Burgraben. Wie so viele Gebäude in Innsbruck erlitten sie während der Bombenangriffe schwere Schäden. Gleichzeitig waren sie schon so manchem Beobachter ein Dorn im Auge – für manche aus ästhetischen, für andere aus verkehrstechnischen Gründen. So entbrannte nach dem Krieg eine zunehmend hitzige Debatte, ob man sie nicht kurzerhand alle abreißen solle. Besonders befeuert wurde sie durch den Umstand, dass sich manche der Vorbauten Eigentum der Stadt waren, andere aber sich in Privatbesitz befanden.
Im Dezember 1949 erging ein Erlass der Tiroler Landesregierung an die Stadt, nachdem sie bis zum 30. Juni dafür zu sorgen hatte, dass die Vorbauten abgerissen wurden. Begründet wurde dies damit, dass „mit weiterer Zunahme des Verkehrs in Kürze der Zeitpunkt eintreten müsste, dass die Verkehrsverhältnisse an diesen Stellen unhaltbar wären und für eine Fremdenverkehrsstadt unverantwortliche Folgen annehmen.“ Die Stadt entschloss sich daraufhin den Mietern der Häuser, die in ihrem Besitz waren, zu kündigen. Besagte Mieter erhoben wenig überraschend Einspruch. Einer von ihnen, Franz Tollinger, der dort die Produkte seiner Molkerei verkaufte, argumentierte, dass er durch die Kündigung und den Abriss des Gebäudes der rund 200.000 Schilling, welche er dort investierte hatte, verlustig werden würde. Durch das Ende seines Geschäftes würden 15 Innsbrucker ihren Arbeitsplatz verlieren und die Versorgung der Bevölkerung sich verschlechtern. Die Stadt hielt dagegen, dass sie sich um geeignete Ersatzräumlichkeiten bemühe, insbesondere bei den Serviten oder den Ursulinen.
Das noch schwerwiegendere Problem waren die Vorbauten in Privatbesitz. Da die Besitzer einen für die Stadt inakzeptablen Preis von 1.000 Schilling pro Quadratmeter (ca. 1.000 Euro nach heutiger Währung – damals ein absurder Preis in Innsbruck!) verlangten, schritt der Gemeinderat auf Antrag des Stadtsenats dazu ein Enteignungsverfahren einzuleiten.

Die Zerstörungen am Marktgraben, Ph-7602
(Titelbild: Marktgraben 1918, Ph-26001)
Danke für diese sehr tollen Fotos, die zeitlich doch eine Weile auseinander liegen. Hinter dem schönen Triebwagen finde ich am ersten Foto besonders den Baum am Altstadteingang interessant, aber ich glaube über den wurde schon mal diskutiert.
Die beiden Straßenbahngleise dürften am zweiten Bild schon stillgelegt und bald danach überteert gewesen sein, erst 50 Jahre später wurden dort dann wieder welche verlegt.