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Schwarz Auf Weiß (II.)

Schwarz auf Weiß (II.)

In den Innsbrucker Nachrichten wurde eine detaillierte Beschreibung der Schlacht erstmals am 10. Juli abgedruckt. Der Tiroler Bothe veröffentliche den Bericht des preußischen Heeres in einer Extraausgabe (zahlreiche Zeitungen in der ganzen Monarchie druckten Extrablätter während des Krieges).

Es entspann sich in österreichischen Zeitungen auch eine Debatte um das neue preußische Zündnadelgewehr. So hieß es an einer Stelle in den Innsbrucker Nachrichten:

„nach 5 Tagen des Kampfes sind die österreichischen Truppen, die in jeder Beziehung besser sind als die preußischen, geschlagen, zurückgedrängt, zerschmettert, ohne dass sie sich ihrem Gegner hätten nähern können, weil dieser Gegner mit dem sogenannten Zündnadel-Gewehr, welches von hinter geladen wird, bewaffnet ist. Bevor sich die so schöne solide Kavallerie auf die preußische Infanterie wirft, hat sie schon von jedem Mann zwei oder drei Schüsse mit einer Präzisions-Waffe empfangen, ehe die so tapfere österreichische Infanterie die Zeit gewinnt, sich mit dem Bajonett der Linie der preußischen Bataillone zu nähern, hat sie fünf bis sechs Kugeln von jeder Muskete erhalten.“

Ganz so eindeutig war die Sache allerdings nicht. Auch wenn die Zukunft natürlich den Hinterladern gehören sollte, so hatte das Zündnadelgewehr noch einige Mängel gegenüber anderen zeitgenössischen Gewehren. Seine Reichweite und Treffsicherheit lag unter der der österreichischen Lorenz-Gewehre und die namensgebende Zündnadel nutzte sich rasch ab, so dass sie im Gefecht manchmal gewechselt werden musste. Die geringere Reichweite war eine Folge des noch nicht ganz ausgereiften Verschlusssystems, durch das ein Teil der Gase beim Feuern entweichen konnte. Der Verschluss war auch anfällig für Rost und aufgrund der Hitze und Ablagerungen von Pulverresten während des Gefechtes immer schwerer zu bedienen. Eine Hauptsorge des Militärs war anfänglich auch, dass die Soldaten ihre Munition zu schnell verschießen würden. Wahrscheinlich nicht die erste Sorge der österreichischen Soldaten, denen drei Kugeln um die Ohren flogen während sie versuchten, den nächsten Schuss in den Lauf ihres Vorderladers zu bekommen – aber tatsächlich in Anbetracht der begrenzten Munitionsvorräte der Zeit nicht ganz abwegig. Wie ein Kommentar schon im letzten Beitrag hervorgehoben hat, war einer der bedeutendsten Vorteiler der Hinterlader, dass der Soldat im Liegen nachladen konnte, während man dafür bei einem Vorderlader stehen (oder mindestens knien) musste. Somit bot Letzterer natürlich ein deutlich besseres Ziel, während er gleichzeitig für rund 40 Sekunden das Feuer nicht erwidern konnte. Das führte allerdings paradoxerweise wieder zu einer anderen Sorge der Generäle – nämlich dass Soldaten, die sich einmal zu Boden geworfen hatten, unter feindlichem Feuer nur mehr schwer dazu zu bringen wären, wieder aufzustehen und vorzurücken.

Die Linzer Tagespost zeigte sich optimistischer als die Innsbrucker Zeitungen: „Indes werden die Unserigen rasch ihre Taktik ändern und ohne Zweifel Mittel und Wege finden, die Wirkungen des Zündnadel-Gewehres minder schädlich zu machen.“ Freilich sollte die österreichische Armee nicht mehr viel Gelegenheit haben, solche Mittel und Wege zu finden. Der Krieg zwischen Österreich und Preußen entschied die Debatte endgültig zugunsten der Hinterlader. Frankreich rüstete seine Armee innerhalb von zwei Jahren vollständig auf das Chassepot-Gewehr um, und auch die österreichische Armee marschierte mit Hinterladern in ihren nächsten Feldzug (Bosnien 1878).  Der Trend war bereits im Amerikanischen Bürgerkrieg zu sehen gewesen, allerdings legten die europäischen Militärs nicht sonderlich Wert auf Beobachtungen jenseits des Atlantiks, da sie die Amerikaner für einen Haufen von Amateuren hielten.

Signatur VO-1164

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