Schuld und Sühne (III.)

Dem Nachrichter oblag nicht nur das Überführen von armen Sündern von dieser Welt in die nächste, sondern auch der Vollzug von Leibesstrafen. Für das Abschneiden von Ohren und Nasen, sowie das Brandmarken bekam er einen Gulden und dreißig Kronen. Wenn er hingegen einem Verurteilten die Hand oder die Schwurfinger abhackte, bekam er drei Gulden dafür.

Trotz der makabren Thematik muss man ob der Pedanterie der Verordnung doch manchmal fast schmunzeln, wenn hier etwa „für ein auf das Hochgericht zu nageln habendes Haupt oder Hand“ ein Gulden verrechnet wird und noch einmal separat ein Gulden „für den dazu nöthigen Nagel, samt was erforderlich ist“.

Ein weiterer Tätigkeitsbereich des Henkers war die Wahrheitsfindung – soll heißen, die Folter. Dabei wurde die Tortur und die Territion unterschieden. Bei der Territion wurden dem Verdächtigen die Folterinstrumente vorgelegt und ihre Funktion detailliert beschrieben. Oft war das ausreichend, um ihn zu einem Geständnis zu bringen. Die Verordnung unterscheidet zwischen dem Geständnis nach Vorzeigen der Instrumente und nach dem reinen Anblick des Henkers – Honorar bekam er allerdings das gleiche: 2 Gulden und 30 Kronen.

Es oblag in der Regel auch dem Scharfrichter, die Verdächtigen (oder Verurteilten) nach der Folter wieder soweit gesund zu pflegen, dass sie entweder entlassen werden konnten, oder präsentabel genug waren, um hingerichtet zu werden – je nachdem wie der Prozess ausging. Für diese Dienste finden sich in dieser Verordnung allerdings keine Angaben. Oft waren die Scharfrichter jedoch gefragte Heiler, denn die Dienste der wenigen akademisch geschulten Ärzte konnten sich die meisten nicht leisten. Hinzu kam, dass von den Henkern eine gewisse mystische Ausstrahlung ausging, nicht unbedingt im positiven Sinne, aber es trug dazu bei, dass man ihnen die Heilung von verschiedensten Gebrechen zutraute.