skip to Main Content
Der Bilderblog aus dem Stadtarchiv/Stadtmuseum Innsbruck
Richard Steidle (XI.)

Richard Steidle (XI.)

Das von Steidle angekündigte Treuegelöbnis fand am 16. November 1925 am Berg Isel statt, darüber wurde bereits hier berichtet.

Die nächsten Schlagzeilen machte Steidle mit einem Antrag im Landtag, welcher eine Anpassung des Ehrensoldes für Besitzer der Goldenen Tapferkeitsmedaille forderte. Den ausgezeichneten Soldaten stand ein monatlicher Sold von 30 Kronen zu, durch die Inflation war dieser Betrag aber verschwindend gering (1-2 Cent). Die Bundesregierung beabsichtige die Zahlungen durch eine einen einmaligen Betrag von 18.000 Kronen abzulösen, was nach der Währungsreform 1,8 Schilling (ca. 9 Euro) entsprach. Der Antrag Steidles forderte daher, den Trägern der Medaille 43 Schilling pro Monat (ca. 200 Euro) aus Landesmitteln zu gewähren. Sein Antrag wurde auch den Sozialdemokraten unterstützt, die ihn jedoch dahingehend abgeändert sehen wollten, dass auch Träger der silbernen Medaille ihren angepassten Sold erhalten sollten. Der Antrag scheint allerdings in einem Finanzausschuss des Landtages ein unrühmliches Ende gefunden zu haben. Steidle protestiere zwei Jahre später, dass sein Antrag still begraben wurde, aber auch dies führte zu keiner Wiederbelebung. 1931 bekamen die Träger (Gold und Silber) durch ein Bundesgesetz einen angepassten Ehrensold.

Was bisher unerwähnt blieb, ist das Steidle auch bereits seit 1922 Bundesrat war. Auf dem Parteitag der Christlich-Sozialen am 2. Februar 1926 war er einer der prominenten Redner. Er forderte, dass das neue österreichweite Parteiprogramm die „ethische Erneuerung, die infolge der Ereignisse seit 1914 notwendig geworden ist“ fördern, den Föderalismus stärken und den Mittelstand wiederaufrichten solle. Von Bedeutung war dabei, dass er unter dem Föderalismus nicht nur die Stärkung der Länder, sondern auch der Stände verstand. Weiterhin konstatierte er, dass Österreich nur eine „Schein- und Formaldemokratie“ sei, die man in eine „wirkliche Demokratie“ verwandeln müsse. Was dies konkret bedeuten sollte, führte er nicht weiter aus, er verwies nur auf das Mittel von Volksabstimmungen.

Seine nächste große Rede schwang Steidle auf einer Protestkundgebung in den Stadtsälen am 23. Februar. Anlass dafür war die Weigerung von Bundeskanzler Rudolf Ramek (1881–1941), beim Völkerbund gegen die Behandlung der deutschsprachigen Bevölkerung in Südtirol zu protestieren. Besondere Empörung reif die diesbezügliche Erklärung des Kanzlers hervor, in welcher er Salz in die Wunde streute, indem er Südtirol als „Oberetsch“ bezeichnete. Auch Parteizugehörigkeiten konnten Ramek daher nicht vor scharfer Kritik von allen Seiten des politischen Spektrums aus Tirol bewahren. Steidle, ebenso wie Ramek christlich-sozial, kritisierte die Politik des Kanzlers, ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen, wobei seine Kritik sich allerdings vielmehr gegen „Wien“ als gegen Ramek selbst wandte. Freilich hätte eine Anrufung des Völkerbundes keine große Aussicht auf Erfolg gehabt, so Steidle, aber dass die Regierung nicht einmal versucht hatte, das einzige ihr zur Verfügung stehende Mittel zu nutzen, sei eine unentschuldbare Unterwürfigkeit gegenüber Italien.

Für uns ist Südtirol eine heilige, nationale Herzenssache, in Wien ist eine politische Frage wie jede andere […]. Der unechte Ton, mit dem mancher Hochmögender von Südtirol gesprochen hat, wenn er dadurch Leute gewinnen wollte, ist misstrauischen Tiroler Ohren nicht entgangen. In solchen Augenblicken unfreiwilliger Demaskierung zeigt sich das wahre Gesicht des Wieners, in seiner fast slawischen Unterwürfigkeit gegenüber dem mächtigeren Gegner.

Nun haben wir gelernt, dass nicht nur die Preußen, sondern auch die Wiener im Grunde slawisch sind. Wenn sie das nächste Mal über Kufstein hinausreisen, achten Sie darauf, sich aufgrund der kyrillischen Straßenschilder nicht zu verlaufen.

(Die Stadtsäle in den 20er Jahren, Ort der Protestkundgebung gegen die Bundesregierung im Februar 1926, Signatur Ph-25698)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Back To Top
×Close search
Suche