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Oft Sind Es Kleinigkeiten

Oft sind es Kleinigkeiten

Bei manchen Bilder sind es kleine Details, die einem beim ersten Betrachten sofort ins Auge fallen. Auch bei diesem Foto war dies der Fall: freilich sind Landestheater, Leopoldsbrunnen und Redoutensäle absolute Hingucker, hängen geblieben bin ich aber bei dem Mann auf dem Gehsteig in Richtung Stadtsäle, der seinen linken Fuß hebt und den Schuh betrachtet: Drückt der Schuh? Ist der Absatz ab? Oder vergewissert sich der Mann, ob er nicht doch in irgendwelche Hinterlassenschaften getreten ist? Mein erster Gedanke war letzteres.

Nett sind auch die beiden Mädchen, die die Litfaßsäule betrachten und die dort angebrachten Werbeplakate betrachten. Gut erkennbar ist eine Werbung für Prym Druckknöpfe. Heute sind solche Druckknöpfe allgegenwärtig an unserer Bekleidung, Anfang des 20. Jahrhunderts, als dieses Bild mutmaßlich entstand waren, diese Schließen aber revolutionär. Besonders erfolgreich war die Firma Prym aber nicht nur wegen des innovativen Produkts und dessen Qualität, sondern auch durch eine ausgefeilte Werbestrategie, deren Wirkung wir hier erkennen können und der auch die beiden Mädchen wohl erlegen sind.

(Stadtarchiv/Stadtmuseum KR-PL-202)

Dieser Beitrag hat 11 Kommentare
  1. Das damalige und das heutige Straßenbild vergleichend, fällt mir auf:
    – Grünflächen sind immer eingezäunt; liegt das an einer damals noch fehlenden Lösung für das leidige Hundekotproblem?
    – Die weitgehende Abwesenheit von Asphalt, dem unästhetischsten und giftigsten aller Straßenbeläge, wirkt sich sehr positiv auf die Atmosphäre aus. Leider werden in Innsbruck auch Gehsteige und ganze Plätze auch heute noch standardmäßig schwarzasphaltiert, was mir völlig unverständlich ist. Selbst Beton ist durch seine materialbedingte Fugenstruktur und seine Modellierbarkeit ästhetischer.
    – Noch positiver wirkt sich die Abwesenheit von Autos aus.
    – Die Gaslaternen und Litfasssäulen dieser Zeit waren ikonisch. Ich würde mir wünschen, dass dieser Teil der Stadtgeschichte irgendwo in der Innenstadt real erlebbar wird (gibt es auch in anderen Städten, in Berlin sogar eine ganze Ausstellung im öffentlichen Raum: https://www.berlin.de/museum/3137608-2926344-gaslaternen-freilichtmuseum.html).

  2. Wenn ich mich nicht täusche, sehen wir hier bereits elektrische Straßenlaternen. Darüberhinaus versteckt sich in der Litfaßsäule eine erste Trafostation, erkennbar am Lüftungsgitter oben. Eine sehr ästhetische und innovative Lösung.

    1. Interessant, danke, wieder was dazugelernt. Auch als elektrischen Laternen finde ich die ikonisch. Die zwiebelturmartige Haube (vermutlich gibt es auch einen Fachausdruck dafür) auf Laterne und Litfaßsäule fand sich auch auf den eisernen Fahrleitungsmasten der Straßenbahn, in Igls Bhf gibt es noch so einen.

  3. Innsbrucks Elektrifizierung scheint immer noch Ihr Steckenpferd zu sein, Herr Pechlaner. Nachdem ich Ihren Kommentar gelesen hatte erinnerte ich mich an den Beitrag „Zorro hinter!“ vom 24. 1. 2023. Damals waren Sie ja auf der Suche nach Literatur zu diesem Thema.
    Wahrscheinlich habe Sie die folgende Publikation auch schon gefunden. Falls nicht, ist vielleicht etwas Interessantes für Sie dabei: https://ulb-dok.uibk.ac.at/ulbtirolfodok/download/pdf/11584105
    Eine Frage: Woraus schließen Sie, dass es sich hier um elektrische Straßenlaternen handeln könnte? Gibt es ein besonderes Merkmal der einen (elektrischen) oder der anderen (gasbetriebenen) Laternen?

  4. Ich kannte diese Redoutensäle nicht mehr. Es hat mich deshalb interessiert, etwas mehr über sie samt Vorgänger- und Nachfolgebauten zu erfahren. Gar nicht so einfach, wenn man es schön chronologisch und so lückenlos wie möglich herausfinden möchte. Die Tatsache, dass dieses Gebäude sowohl als Redoutensäle als auch als Stadtsäle bezeichnet wurden, machte die ANNO-Suche auch nicht leichter. Nach 3 Nachmittagen mit intensiver Suche aber magerer Ausbeute habe ich aufgegeben. Auch, weil ich dann auf den Artikel „1946-1964: Ereignisreiche Jahre rund um den Innsbrucker Stadtsaal“ in der November-Ausgabe 2014 von „Innsbruck informiert“ (Seite 58) gestoßen bin.
    Falls es interessiert, hier wär’s nachzulesen: https://www.ibkinfo.at/media/1317/031114-innsbruck-informiert.pdf
    In diesem Artikel wird übrigens das Foto auf „um 1894“ datiert, was die Frage „Gas oder Strom?“ womöglich noch einmal aufflammen lässt 😉

    1. „aufflammen“ ist passend 😀

      Danke für den Link und die Sucharbeit! Beim Foto auf Seite 58 des verlinkten Innsbrucker Infoblatts hat man übrigens den ins Glück getretenen Pechvogel weggeschnitten.

      Den oder die Redoutensäle sieht man hier https://innsbruck-erinnert.at/ein-blick-ins-19-jahrhundert-i/ auf einem wunderschönen Bild von Gröber. Die Vermischung von Stadtsaal und Redoutensaal ist vielleicht eine Folge einer Vermischung von offizieller Bezeichnung und den umgangssprachlich noch länger in Gebrauch stehender alter Bezeichnung.

    2. Liebe Frau Stolz,

      danke fürs Verlinken des Beitrags.

      Aufgrund der Werbung für die zukunftsträchtigen Druckknöpfe würde ich das Bild deutlich nach 1900 datieren. Laut Firmengeschichte produzierte Prym die Druckknöpfe erst ab 1903. Erste Werbungen in reichsdeutschen Zeitungen finden sich erst 1906 auf, in österreichischen sogar erst 1908.

  5. Danke für die Klarstellung, Herr Aichner! Mehr als einleuchtend, dass es keine Werbung VOR dem Produkt gegeben haben kann. Die Prym-Werbung habe ich erst aufgrund Ihres Hinweises entdecken können. Dafür dann noch eine weitere, die ebenfalls Schneider*innen ansprechen sollte: das Plakat für Singer Nähmaschinen. Dieses Motiv wurde wohl länger verwendet, ich kann mich noch daran erinnern. Wahrscheinlich auch deshalb, weil es auf der Nähmaschine meiner Mutter abgebildet war – auf der gewölbten hölzernen Abdeckhaube und auf dem schwarzen Metall der Maschine.

    @ Herrn Hirsch: Toll, dass Sie das Gröber-Bild wieder ausgegraben haben – was für ein Unterschied zum Nachfolgebau! Leider hat Herr Gröber sein Werk nur signiert und nicht auch datiert. Nachdem aber vom Fröhlichsgang nichts mehr zu sehen ist nehme ich an, es ist nach 1844 entstanden.
    Jetzt lässt mich dieses Stadtredoutendingsbums schon wieder nicht los …

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