Neues zur Tiroler Luftfahrtgeschichte
Die Stammleserinnen und -leser haben das Bild natürlich gleich erkannt. Es zeigt den Start des Ballons „Tirol“ am 29. Mai 1910 beim Innsbrucker Gaswerk, ein Ereignis, das auf dieser Seite schon da und dort Erwähnung gefunden hat. Angeschafft worden war der Ballon vom „Verein für Luftschiffahrt in Tirol“, der erst zwei Monate zuvor in Innsbruck gegründet worden war.
Schon kurz nach der Gründung beschloss der Verein, einen eigenen Ballon anzuschaffen und sammelte die dafür notwendigen 12.000 Kronen binnen weniger Wochen. Die Taufe war ein Großereignis, dem auch beiden Erzherzöge Josef Ferdinand und Heinrich Ferdinand als Ehrengäste beiwohnten. Sowohl bei der Vereinsgründung als auch bei der Tauffahrt war Hauptmann Franz Hinterstoisser aus Wien, der spätere Kommandant der k.u.k. Luftschifferabteilung, anwesend, was die besondere Bedeutung zeigt, die dieser privaten Vereinsgründung aus militärischer Sicht beigemessen wurde.
Noch 1910 fanden insgesamt elf Fahrten des Ballons „Tirol“ statt. Der Verein wuchs im Gründungsjahr auf beinahe 150 Mitglieder; 1914 waren es dann schon etwa 500. Zu den wichtigsten Mitgliedern zählte eine Handvoll von ausgebildeten Ballonfahrern, darunter Prof. Heinz von Ficker, Fritz Miller, Otto Murr und Hermann Schwaighofer.
Bei Kriegsbeginn 1914 stellte der Verein seine damals schon zwei Ballone, darunter auch der Ballon „Tirol“, sofort der Heeresverwaltung zur Verfügung. Die Ballonfahrer des Vereins rückten allesamt zum Militär ein. Heinz von Ficker kam als Offizier mit den Innsbrucker Ballonen zur Festung Przemyśl in Galizien. Im März 1915 versuchte Ficker, mit einem der beiden Ballone aus der damals seit Wochen umzingelten Festung zu fliehen. Der Fluchtversuch misslang und Ficker ging in russische Gefangenschaft. Was mit dem Ballon „Tirol“ geschah – ob er von den Russen gekapert wurde oder beim Fluchtversuch zerstört wurde, ist unbekannt.
Die ganze Geschichte des „Verein für Luftschiffahrt in Tirol“ und die Biografien der Pioniere der Ballon- und Luftfahrt in Tirol finden sich im ersten Band der Reihe „Flieger aus Tirol und Vorarlberg in den k.u.k. Luftfahrtruppen“ (Veröffentlichungen des Innsbrucker Stadtarchivs, Neue Folge 78). Erhältlich bei uns im Stadtarchiv/Stadtmuseum und im gut sortierten Buchhandel.
(Text: Nikolaus Hagen / Bild: StAI, Ph-Ph-20137)